Davide
letzten
Wochen gewehrt hatte, so war sie doch im Hintergrund immer in seinem
Bewusstsein gewesen. Oft hatten sie spät nachts noch telefoniert, hatten sich
mit einer Runde Telefonsex für ihr nächstes Treffen aufgeheizt, das dann
entsprechend gierig verlaufen war, oft hatten sie sich aber auch nur
unterhalten. Emma war eine gute Zuhörerin, wenn sie mochte, konnte sie sehr
einfühlsam und verständnisvoll sein. Für ihn war es jedes Mal ein sehr
positives Erlebnis, sie zu hören, über ihre teils boshaften Kommentare zu
seinen Erzählungen zu lachen oder ihr einfach nur schöne Träume zu wünschen.
An
diesem Punkt seiner schmerzhaften Grübeleien angekommen, versuchte er sich
darüber klar zu werden, was denn eigentlich der Auslöser für das Ende gewesen
war. Was hatte er falsch gemacht? Wann hatte er ihr Anlass gegeben, an seiner
Ernsthaftigkeit und an der Aufrichtigkeit seiner Absichten zu zweifeln? Oder
hatte er ihr vielleicht nie Anlass gegeben, daran zu glauben?
Er
stand auf der Terrasse seiner Wohnung und sah über das Häusermeer hinweg auf
die Hügel. Er musste sich diesen Schmerz antun, er musste die Stelle wählen, an
der er an ihrem ersten gemeinsamen Morgen gestanden hatte und von ihr verführt
worden war, er musste sich auf die Liege setzen, auf der er das allererste Mal mit
ihr geschlafen hatte. Selbstquälerisch fuhr er mit der Hand über das Polster –
hier hatte sie unter ihm gelegen, hier hatte sie unter ihm gestöhnt und hier
hatte er ihren verführerischen Körper das erste Mal in Besitz genommen.
Bei
der Erinnerung daran wurde ihm übel und alles in ihm zog sich krampfhaft zusammen.
Dennoch schaffte er es nicht, an etwas anderes zu denken – denn dazu müsste er
erst einmal diese Wohnung aufgeben!
Noch
konnte er sich nicht daran hindern, auf ihre Rückkehr zu hoffen. Er wollte mit
ihr sprechen, wollte sie überzeugen, wollte sie wieder zurückgewinnen, aber
dazu musste er sich erst einmal mit ihr treffen und bisher war es ihm noch
nicht gelungen, sie zu erreichen.
Auf
der früheren Nummer, die Antonio ihm seinerzeit besorgt hatte, war sie nach
Angaben einer höflichen, aber sehr sachlichen Stimme derzeit nicht zu
erreichen, als er sie auf gut Glück einfach angerufen hatte. Seine Emails hatte
sie bisher natürlich nicht beantwortet, auch die von ihm angeforderten
Lesebestätigungen waren nicht zurückgekommen.
Was,
verdammt, konnte er tun?
Ehe
er einen klaren Gedanken fassen konnte, fand er sich bereits in einem seiner
Autos sitzend auf dem Weg zu ihrer Wohnung. Er parkte den Wagen in einiger
Entfernung und blieb erst einmal unschlüssig sitzen.
Was
machte er hier? Sie würde entweder nicht zu Hause sein, so gut kannte er sie
nun schon, um diese Variante in Betracht zu ziehen, oder sie würde ihm nicht
öffnen.
Schließlich
gab er sich einen Ruck und stieg aus. Langsam und fast als wolle er lieber erst
gar nicht ankommen, legte er die paar hundert Meter zu ihrer Adresse zurück.
Lange starrte er auf das Namensschild neben ihrer Klingel. ‚Santini, Emma’
stand da in nüchternen, schnörkellosen Buchstaben. Er erinnerte sich noch an
den Sonntagnachmittag, als er sie gesucht und auch tatsächlich gefunden hatte,
als er wütend und dennoch voller sexuellen Verlangens hierher gekommen war,
erinnerte sich an seine Fassungslosigkeit angesichts der Tatsache, dass es eine
Frau tatsächlich gewagt hatte, ihn einfach zu verlassen, während er schlief! Er
erinnerte sich daran, wie sehr sie ihn fasziniert und wie sehr er sie vom
ersten Moment an begehrt hatte, obwohl er sich Enthaltsamkeit auferlegt hatte.
Ihretwegen hatte er alle guten Vorsätze über Bord geworfen und die Jagd wieder
aufgenommen!
Nein,
nicht ganz, korrigierte er sich, er hatte sie nicht gejagt. Er wollte sie –
was? Haben? Behalten? Lieben ?
In
seinem Unterbewusstsein rumorte etwas, schaffte es aber nicht bis an die
Oberfläche, also holte er tief Luft und klingelte endlich.
Nichts.
Natürlich nicht.
Er
klingelte noch einmal.
Wieder
keine Antwort.
An
jenem Sonntag damals – war das wirklich erst vor ein paar wenigen Wochen
gewesen? – hatte er zufälligerweise das Glück gehabt, dass gerade jemand das
Haus verlassen und ihm die Türe geöffnet hatte. Dieses Mal nicht.
Er
überlegte kurz, ob er einfach wahllos irgendwo klingeln und warten sollte, ob
man ihm öffnete, doch dann ließ er es bleiben. Wenn ihm tatsächlich jemand
aufmachte und er dann vor ihrer Wohnungstür stand, was würde er tun? Klingeln
und
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