Davide
auf Sex verzichten zu wollen und das entsprach
keineswegs dem, was man sich allgemein über ihn erzählte. Und es entsprach vor
allen Dingen auch nicht dem, was sie jetzt von ihm erwartete.
Also
nahm sie seinen Faden auf.
„Doch,
mir ist klar, was das bedeutet, aber weißt du“, sie näherte sich ihm langsam,
sehr langsam, und fixierte ihn mit leicht schräg gelegtem Kopf, „ich hab’s mir anders
überlegt - ich hatte anfangs gewisse Bedenken, darum wollte ich von dir eigentlich
nichts wissen …“
Dicht
vor ihm blieb sie stehen und ihr intensiver Blick jagte ihm eine Gänsehaut über
den ganzen Körper. Wenn sie jetzt tatsächlich gehen wollte, würde er dann noch
die Kraft aufbringen, es zuzulassen?
Die
frische Morgenbrise wehte ihm einen Hauch ihres fruchtig-sommerlichen Parfüms
in die Nase und er schloss einen Moment überwältigt die Augen. Es kostete ihn einiges
an Selbstbeherrschung, sie nicht sofort an sich zu reißen und er wunderte sich
über sich selber. Er hatte das grenzenlose Bedürfnis, sie zu spüren, sie zu
schmecken, zu riechen, zu besitzen, aber absurderweise wollte er, dass auch sie
es wollte. Sie musste es genauso wollen wie er, sonst hätte es für ihn keinen
Wert!
Was
war nur mit ihm los? Das konnte doch unmöglich daran liegen, dass er nun schon
ein paar Wochen auf seine üblichen Abenteuer verzichtet hatte! Er hatte nie solche
Hemmungen gehabt und ausgerechnet bei ihr fing er damit an? Bei ihr, die er
schon jetzt mehr wollte als alle anderen in den letzten paar Jahren
zusammengenommen?
Er
wandte sich von ihr ab und trat an den Rand der Terrasse, tat so, als genieße
er die Aussicht über die Stadt, doch in Wahrheit wollte er nur seine Hände mit
irgendetwas beschäftigen, um sie nicht sofort sehnsüchtig über ihr Gesicht,
ihren ganzen Körper, durch ihr Haar gleiten zu lassen. Also beschäftigte er sie
damit, sie ans Geländer der Terrasse zu klammern, bis alle Knöchel weiß wurden
vor Anspannung.
„Und?
Was waren das für Bedenken?“, fragte er barsch.
„Nun“,
in ihrer Stimme klang ein leises Lachen mit, „erstens mal warst du mein Boss…“
„Bin
ich nicht mehr“, knurrte er, „ich hab dich gefeuert, falls du dich erinnerst …“
„Ja,
ja, ich erinnere mich“, bestätigte sie ihm mit sanftem Tadel in der Stimme,
„aber bitte, lass mich ausreden!“
Oh
Gott, wenn sie nur endlich ginge! Er klammerte sich an den Edelstahl des
Geländers, als müsse er ihn zerquetschen, um den anderen Schmerz zu betäuben,
den lustvollen, quälenden Schmerz, der sich bereits unaufhaltsam in seinem
Unterleib und in seinem pulsierenden Geschlecht ausbreitete und zu einem
Flächenbrand zu werden drohte.
„Gut!
Wie du meinst, aber komm endlich auf den Punkt, ich bin müde! Das war eine
lange Nacht!“
Wieder
lachte sie leise. Hatte sie ihn durchschaut? Diese Hexe trieb ihr Spiel mit ihm
und er war mit einem Mal unfähig, ihr etwas entgegen zu setzen. Sie lähmte ihn,
lähmte seinen Willen, seine Entschlossenheit und seine Zielstrebigkeit. Noch
vor ein paar Wochen hätte sie sich jetzt nach einer schnellen Nummer schon
wieder auf dem Weg nach Hause befunden. Vielleicht wäre das Taxi tatsächlich
die bessere Lösung gewesen!
Er
schluckte. Es war zu spät.
„Und
dann hatte ich ja auch ein völlig anderes Bild von dir“, fuhr sie endlich fort
und ihre Stimme wurde immer sanfter.
„Ach
ja?“
Er
war heiser, stellte sie fest. Sehr ungewöhnlich für einen so schönen, milden
Sommermorgen!
„Ich
hatte große Zweifel, ob mir der alte Gandolfo gefallen würde …“
Sie
genoss es, ihn zu reizen, es steigerte ihre Erregung. Sie lehnte sich neben ihn
an das Geländer und legte den Kopf zurück, als wolle sie die ersten
Sonnenstrahlen einfangen. Längst hatte sie entschieden, zu bleiben, aber ihm,
dem selbstsicheren Eroberer, dem notorischen Schwerenöter, gehörte es nicht
anders, als ein wenig an ihren Fäden zu zappeln! Sie wusste, wie sie auf ihn
wirken musste, mit ihrer halb aufgelösten Frisur, dem aufreizend
zurückgelehnten Kopf, dem tiefen Ausschnitt – dieser Versuchung würde sie ihn
noch ein wenig aussetzen, und dann …
Sie
unterdrückte ein Schmunzeln und wandte sich ab. Keine Sekunde zu spät, denn im
selben Moment fuhr er herum.
„Was?
Was gibt’s da zu lachen? Kannst du dich vielleicht irgendwann mal entscheiden,
wann dir der alte Gandolfo nun das Taxi rufen soll, wenn er dir schon nicht
gefällt?“
Er
klang gereizt und wütend und sie lachte ihm ins
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