Davide
Wanne war so riesig, dass man darin mit Sicherheit
auch ertrinken konnte!
Er
spurtete zur Tür und riss sie auf.
Nichts.
Sie
war nicht da. Die Badewanne war ebenso leer wie die Duschkabine, ein einzelnes
Handtuch hing ordentlich über dem dafür vorgesehenen Halter, aber ansonsten gab
es von ihr keine weitere Spur.
Er
sah in den anderen beiden Schlafzimmern nach. Vielleicht war sie ja so wie er auch
müde gewesen, hatte ihn nicht stören wollen und sich ein anderes Bett zum
Ausruhen gesucht.
Er
suchte die ganze Wohnung ab – Fehlanzeige!
Sie
war nicht da - sie war einfach gegangen!
Die
Klingel an der Haustüre läutete Sturm.
Sie
läutete unaufhörlich und drang schließlich sogar bis in Emmas Bewusstsein vor.
Verschlafen und alles andere als gut gelaunt tappte sie endlich zur Tür, um sie
einen Spalt zu öffnen.
„ Du ?!“
„Ja,
ich!!“
Vor
ihr stand ein zornbebender, funkensprühender Davide Gandolfo, der ihr am
liebsten schon vor dem ersten Klingeln die Tür eingetreten hätte. Er schob sie brüsk
rückwärts vor sich her in die Wohnung und schlug lautstark die Tür hinter sich
zu.
„Spinnst
du? Hier im Haus wohnen noch andere Leute, sei nicht so laut! Und was machst du
überhaupt hier?“
„Was
ich hier mache? Was fällt dir ein, einfach kommentarlos zu verschwinden“,
blaffte er zurück.
„Ich
wollte in Ruhe ein wenig schlafen, ich war müde!“
„Konntest
du das nicht bei mir tun?“
„Nein!
Und jetzt hör endlich auf, so zu schreien! Ich hab aufmerksame Nachbarn und
will den Carabinieri nicht erklären müssen, dass mein One-Night-Stand mir hier
eine Szene macht!“
„Dein was !?“
„Schscht!!“
Dass
sie in dieser Situation so offenkundig um Diskretion bemüht war, verbesserte
seine Laune nicht im Mindesten, im Gegenteil, aber immerhin machte er sich die
Mühe und senkte seine Stimme etwas.
„ Wie hast du mich gerade genannt?“
Sie
trug nur ein überlanges, verwaschenes Shirt und, wie ihm gerade bewusst wurde,
nichts darunter. Beim Anblick ihrer nackten, langen Beine und des tiefen
Ausschnitts, der mehr als nur ein bisschen Busen sehen ließ, reagierte er -
sehr zu seinem Verdruss - sofort. Er war mit ziemlicher Wut im Bauch gekommen, und
wollte ihr eigentlich klarmachen, dass sie sich dergleichen Späße mit ihm kein
zweites Mal erlauben konnte, doch das alles war mit einem Mal wie weggewischt.
Er wollte sie eigentlich nur noch flachlegen, je schneller, desto besser, doch
ihm war augenblicklich klar, dass er damit schon am ersten Tag jegliche
Autorität ihr gegenüber verlieren würde.
Es
fiel ihm schwer, aber es gelang ihm, sich zu zügeln.
Sie
würdigte ihn keiner Antwort, sondern wandte sich schulterzuckend ab und
verschwand nach nebenan. Er hörte Wasser laufen und schloss aus den Geräuschen,
dass sie sich die Zähne putzte. Dann stellte sie die Dusche an.
Währenddessen
sah er sich um. Sie hatte ihn wortlos mitten im Raum stehen lassen, anscheinend
war dies hier die Wohnküche eines kleinen Zwei-Zimmer-Appartements. Zu seiner
linken sah er eine kleine Küchenzeile, während fast die gesamte rechte Wand von
einem voll gestopften Bücherregal eingenommen wurde. Neugierig nahm er sich die
Zeit, ein paar Buchrücken nach ihren Titeln abzusuchen. Verwundert nahm er zur
Kenntnis, dass sie offensichtlich eine Queerbeet-Leserin war. Von
Künstlerbiographien über psychologische Fachliteratur bis hin zu Liebesromanen
war fast alles vertreten, stellte er fest. Auch die Klassiker fehlten nicht.
Durch
eine zweite geöffnete Tür konnte er die Zipfel eines Bettlakens und Teile eines
Kleiderschranks erkennen. Ihre ganze Wohnung war offensichtlich nur halb so
groß wie sein gesamter Flur.
„Hier
wohnst du?“, fragte er ungläubig, als sie wieder zum Vorschein kam. Anstelle
ihres unbeabsichtigt aufreizenden Outfits von zuvor trug sie nun sehr zu seinem
Bedauern einen Bademantel, den sie fast bis unters Kinn hoch geschlossen hatte,
die zerzausten Haare waren zu einem lässigen Pferdeschwanz gebunden. Er hatte
sie tatsächlich aus dem Bett geklingelt und nun zog sie offensichtlich einen
zumindest etwas seriöseren Aufzug ihrem Pseudonachthemd vor.
„Hier
wohne ich“, sie schaltete eine winzige Kaffeemaschine ein, „es ist klein, aber
es gehört mir. Also, was willst du hier und wie hast du mich überhaupt
gefunden?“
Sie
ließ sich in einen Sessel fallen, von denen es zwei gab, und lud ihn mit einer
Handbewegung ein, es sich in dem anderen bequem zu machen. Der
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