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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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traf und sich mit Frauen einließ. Bis ihn ein seltsames Gefühl zu beschleichen begann, das Gefühl,
     ganz langsam die Kontrolle über sich zu verlieren. Als würden seine Entscheidungen zunehmend von fremden Kräften gelenkt,
     als würde er sozusagen als Herr seiner selbst verdrängt werden. Erst versuchte er sich einzureden, dass das nur eine Täuschung
     sei. Doch dann bemerkte er an den Reaktionen anderer Leute, dass er sich wirklich veränderte. Es begann damit, dass die Menschen
     um ihn herum unruhig wurden, wenn er längere Zeit mit ihnen in einem Raum verweilte. Dann fingen sie an, ihm auszuweichen,
     wenn er das Gespräch mit ihnen suchte. Und schließlich reagierten sie mit blinder Wut und Aggression, kaum dass er in ihre
     Nähe kam.
    Jetzt konnte er nicht länger die Augen davor verschließen: Die seltsame Veränderung, die er bisher nur vage verspürt, von
     der er aber im Spiegel nichts wahrgenommen hatte, musste der Grund für die Ablehnung sein, die er bei den anderen hervorrief.
     Mit aller Kraft versuchte er, sich dagegenzustemmen. Bis es ihn mit einer solchen Wucht übermannte, dass er bis in die Grundfesten
     seiner Persönlichkeit hinein erschüttert wurde. Von da an erschien jeder Widerstand zwecklos.
    Nun wandelte sich auch sein Äußeres. Eine merkwürdige Asymmetrie, die jeden unwillkürlich abstieß, schlich sich in seine Gesichtszüge.
     Es trieb ihn in immer düsterere Gegenden, in die Arme immer unheimlicherer Leute.Aber was war das, was ihn da trieb? Er wusste es nicht und gab sich doch immer rückhaltloser diesem Drang hin, der längst
     übermächtig geworden war. Ein unaufhaltsames Abrutschen in immer bedrohlichere Unfreiheit. Eine Qual, die noch vertieft wurde
     durch die wenigen lichten Momente, in denen es ihm gelang, einem Mädchen zu gestehen, dass er nicht wusste, wie ihm geschah.
     Dass er vor Angst kaum atmen konnte. Bis auch diese Momente jäh abrissen und die Furcht vor dem Unsagbaren sein Gesicht zu
     einer grauenhaften Fratze entstellte.
    Je länger der Film lief, desto mehr erinnerte er Florian an die düsteren Lichtspiele des deutschen Expressionismus. Mit angehaltenem
     Atem beobachtete er, wie David die Leinwand beherrschte als ein Mann, der von seinen eigenen Dämonen zur Verzweiflung getrieben
     wird. Gleichzeitig spürte Flo, dass auch ihn das ergriff, wovon Thea gesprochen hatte. Der Film schien sich an seinem Gesicht
     förmlich festzusaugen. Es kam ihm so vor, als kröchen die Bilder durch seine Augen hindurch in sein Hirn. Als würde er nichts
     lieber tun als die Augen zu schließen und könnte es doch nicht.
    Erst als David sich in einem kaum zu ertragenden Strudel aus Bilderfetzen wie ein verlorener Hyde in einem durch kein Licht
     der Welt zu erhellenden Winkel der gottverlassenen geteilten Stadt auf ein schwarzes Bündel stürzte, um es mit bloßen Händen
     zu zerreißen, an deren Fingern messerscharfe Klauen gewachsen zu sein schienen – erst da gelang es Florian, die Hände vor
     die Augen zu reißen, um nicht erleben zu müssen, was dort auf der Leinwand geschah. Doch die Geräusche trafen ihn weiter,
     schienen wie flüssiges Blei aus den Lautsprechern in seineOhren zu tropfen. Ein unerträglicher Mix aus kreischendem Winseln, Schluchzen und Schreien, die Hilferufe eines Wesens, das
     jede Hoffnung, dem Reich der Finsternis noch zu entkommen, aufgegeben zu haben schien und das aus nackter Angst vor dem, was
     es erwartete, doch nicht anders konnte, als um Gnade zu flehen.
    Da hielt Flo es nicht länger aus. Er sprang aus dem Sessel, presste die Daumen in seine Ohren, um nur dieses Schreien und
     Kreischen nicht länger zu hören, stolperte im Dunkeln durch den Raum, stieß gegen die Sessel, rappelte sich auf, ja, rannte
     schließlich, rannte wie um sein Leben – nur raus hier, raus, raus, RAUS!!

10
    Der alte Mercedes schnurrte ruhig über die Avus Richtung Funkturm. Florian war in den Rücksitz gesunken, seine Schultern schienen
     zu Beton verhärtet, aber das Herzrasen ließ langsam nach. Der massige Rücken des Taxifahrers, der nur gebrummt hatte, als
     Flo ihm sein Hotel nannte, strahlte eine Ruhe aus, die ihm guttat. Ohne sich von Thea verabschiedet zu haben, hatte er beinahe
     fluchtartig die Villa verlassen, war die Weinbergstraße hinunter zur Hauptstraße gerannt und hatte das erstbeste Taxi angehalten.
    Er schaute aus dem Fenster. Der Grunewald rauschte an ihnen vorbei, in der Ferne waren einige Mietshäuser zu erkennen. Das
     war

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