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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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nicht bekommen. So etwas paßt nicht zusammen.‹ Ich machte mir Sorgen, daß er sie wegen meiner Erzählungen in Schwierigkeiten bringen könnte. Ich rechnete nicht damit, noch mal von ihm zu hören, weil er nach Amerika sollte. Ich fand ihn auch wenig sympathisch. Dann rief er mich aus heiterem Himmel wieder an und sagte, seine Pläne hätten sich geändert.
    Als ich ihn das nächste Mal sah«, fuhr Charley fort, »fing er wieder mit der Fragerei an. Er wollte alles mögliche wissen. Ob ich Davy kürzlich gesehen hätte – ob sie den Polen erwähnt hätte, bevor sie ihn zum Wochenende mitbrachte –, ob ich mich an seinen Namen oder seine Tätigkeit in der Botschaft erinnern könnte? Das kam mir sehr merkwürdig vor, besonders weil er sich für mich überhaupt nicht interessierte. Ich hatte den Eindruck, er lud mich nur deshalb ein, weil er sich nach Davina und diesem Mann erkundigen wollte.«
    Ihr Vater runzelte die Stirn.
    »Das klingt wirklich sehr merkwürdig«, gab er zu. »Was war das für eine Stellung, von der er sprach – ich verstehe das nicht ganz. Was hat er für eine Position? Davina ist schließlich Privatsekretärin. Einen solchen Job wollte er doch bestimmt nicht haben!«
    Charley zögerte. Die Eltern sahen sie erwartungsvoll an.
    »Da ist noch etwas anderes«, sagte sie. »Aber es ist wahrscheinlich ganz lächerlich.«
    »Was denn, Charley?« fragte ihre Mutter. »Sag es uns.«
    »Ach, ihr werdet euch wahrscheinlich nicht daran erinnern. Da war mal ein Russe, der voriges Jahr hier verschwunden ist. Man fand seinen Leichnam bei Beachy Head. Es liegt schon einige Monate zurück.«
    »Ich entsinne mich«, sagte ihre Mutter plötzlich. »Ich habe es in den Nachrichten gesehen, und in den Zeitungen wurde viel Aufhebens davon gemacht.«
    »Da gab es auch ein Foto«, sagte Charley. »Ein stark vergrößertes Bild, das den Russen bei seiner Ankunft in Heathrow zeigte. Hast du es gesehen, Mutter?«
    Mrs. Graham schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Ihr werdet mich wahrscheinlich für völlig verrückt halten, aber ich glaube, der Mann sah aus wie Davys Pole.«
    »Großer Gott«, rief Captain Graham aus. »Ich kann mich an das Bild erinnern, und mir kam der gleiche Gedanke. Was für ein Zufall.«
    Seine Frau stand auf.
    »Ich hebe die alten Zeitungen auf«, sagte sie ruhig. »Ich sehe nach, ob ich die Nummer noch finden kann.« Sie ging ins Haus.
    »Das ist natürlich Unsinn«, meinte Captain Graham nach einer kurzen Pause, »aber wir können uns das Foto ja mal gemeinsam ansehen, falls es deine Mutter noch findet. Da kommt sie schon. Was gefunden, Betty?«
    »Ja, es ist die ›Times‹ vom 9. Mai.«
    Sie breitete die Zeitung auf dem Gartentisch aus. Sie sahen sich zu dritt das Foto an.
    »Das ist das Bild, das ich meine«, sagte er.
    Charley schaute es genau an.
    »Es ist besser als das Bild in meinem Blatt. Hier sieht er wirklich wie der Pole aus, findet ihr nicht?«
    Captain Graham nickte. Er las die Überschrift und den Artikel.
    »Ich finde, es wird kalt«, sagte seine Frau. »Laßt uns hineingehen. Nehmt die Zeitung mit. Ich mache uns Tee.«
    Im Wohnzimmer, das durch die untergehende Sonne in ein goldenes Licht getaucht wurde, hockte Charley auf der Armlehne des Sessels neben ihrem Vater. Sie legte ihm den Arm um die Schulter.
    »Wann hast du zum letzten Mal von Davy gehört?«
    »Seit jenem Wochenende nicht mehr. Sie schrieb deiner Mutter einen netten Brief. Seither nichts. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Sie führt ihr eigenes Leben. Wir hatten seit Monaten keine Verbindung mehr mit ihr gehabt, als sie plötzlich anrief und sich selbst für das nächste Wochenende bei uns einlud. Betty hat seit dem Dankesbrief auch nichts mehr von ihr gehört, sonst hätte sie es mir gesagt. Ich verstehe das Ganze nicht, Charley. Besonders nicht diesen Burschen, diesen Spencer-so-und-so. Ich begreife nicht, was er mit ihrer Stellung zu tun hat, und warum er sich nach irgendeinem Polen erkundigt, den sie über das Wochenende mitgebracht hat. Mach dir keine Sorgen, Kind. Du hast ihr bestimmt nicht geschadet, davon bin ich überzeugt.«
    »Hoffentlich nicht«, sagte sie langsam. »Ich habe sie schon einmal tief gekränkt. Es wäre schrecklich, wenn ich es noch einmal getan hätte. Ich weiß, daß ihr die Karriere viel bedeutet. Und, Daddy, wegen mir ist ihr auch nichts anderes übrig geblieben.«
    »Rede nicht so«, protestierte er. »Davina hatte Gelegenheiten genug. Du

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