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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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wolltest ihr nicht weh tun.«
    »Das stimmt«, sagte sie. »Ich hätte nie gedacht, daß Davina keinen anderen finden würde. Ich habe ihr Richard weggenommen, das stimmt. Es kam irgendwie von selbst. Aber ich wollte ihn gar nicht heiraten. Du hast recht, Daddy, es liegt schon lange zurück, aber ich will ihr jetzt nicht noch einmal Kummer machen. Und ich mag Jeremy nicht. Gewiß, er sieht gut aus, er ist auf seine Art ganz charmant und sehr intelligent, aber er ist mir einfach nicht sympathisch. Das ist alles.« Sie saßen eine Zeitlang schweigend da.
    »Daddy – du glaubst doch nicht etwa, daß es möglich …«
    »Was, Charley?«
    »Er kann doch nicht dieser andere Mann gewesen sein, oder? Ich meine den Russen. Wenn ich mir das Bild jetzt ansehe, bin ich überzeugt, es ist ein und dieselbe Person. Ob sie da in etwas hineingeraten ist?«
    Ihre Mutter kam mit einem Tablett zurück. Sie beantwortete die Frage, bevor ihr Mann etwas sagen konnte. Ihr hübsches Gesicht war überschattet.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, ganz sicherzugehen«, sagte sie. »Dein Vater muß sich mit James White in Verbindung setzen. Er muß ihm von diesem deinem Bekannten erzählen, Charley, und von den Fragen, die er andauernd stellt. Soweit wir wissen, ist Davina eine ganz normale Privatsekretärin, und dieser Mann ist ein ganz normaler polnischer Diplomat. Aber wir müssen uns Gewissheit verschaffen, das ist alles. Charley, schenk bitte den Tee ein.«
    »Ja, Mutter.«
    Sie stand auf und übernahm das Teetablett. Betty Graham setzte sich ihrem Mann gegenüber in einen Sessel. Sie ergriff nur selten die Initiative. Ihr Mann war immer das Familienoberhaupt gewesen, und sie hatte sich ihm während ihres langen Ehelebens stets untergeordnet. Wenn sie sich aber einmal durchsetzte, war die Auswirkung auf ihn und ihre Kinder stets positiv. Sie wandte sich wieder an Charley.
    »James ist seit vielen Jahren mit uns befreundet«, sagte sie. »Deinem Vater und mir ist seit langem klar, daß er einen besonderen Vertrauensposten im Ministerium innehat, obwohl wir natürlich nie darüber gesprochen haben. Soweit wir wissen, ist Davina seine Sekretärin und vor kurzem zu seiner persönlichen Assistentin aufgestiegen. Wenn sie darüber hinaus in irgendeine Geschichte verwickelt ist, möchte ich James' Erklärung dazu hören. Aber bis es soweit ist, liebes Kind, mußt du mir versprechen, mit niemandem über sie, über den Mann, den sie hergebracht hat, oder auch über diesen Jeremy zu reden. Ich habe mir das Foto genau angesehen. Je länger ich es vor mir habe, desto mehr erinnert es mich an ihren polnischen Freund. Aber in dem Artikel stand, daß der Tote schon mehrere Monate im Wasser gelegen haben muß. Er wurde erst wenige Wochen nach dem Wochenende entdeckt, das Davina und er bei uns zugebracht haben. Er kann es also nicht gewesen sein … Vielen Dank, Darling.« Sie nahm Charley die Teetasse ab.
    »Aber es ist besser, klare Verhältnisse zu schaffen. Ich werde Davina heute abend anrufen. Ich hätte es schon lange einmal tun sollen – ich habe sie schändlich vernachlässigt. Du kannst James in Kent anrufen, mein Lieber.«
    Captain Graham sah das entschlossene, aber freundliche Lächeln auf ihrem Gesicht und wußte, daß es keinen Sinn hatte, ihr zu widersprechen.
    »Das ist eine gute Idee. Aber jetzt spielen Charley und ich eine Partie Backgammon. Ich stelle gleich die Steine auf.«
    Danach trat Stille ein. Man hörte nur das Klappern der Würfel und hin und wieder einen unterdrückten, halb lachenden Fluch des Captains, als seine Tochter die erste Partie gewann.
    Mrs. Graham nähte und sah den beiden liebevoll zu. Handarbeiten und Gartenarbeit waren ihre beiden Leidenschaften. Sie verstand sich hervorragend aufs Sticken. Sie freute sich, die beiden zusammen zu sehen. Ihr fiel das hübsche Profil ihrer Tochter auf und wie jung sie noch aussah. Ihr gefielen die glänzenden roten Haare, die sie sich mit der Hand aus dem Gesicht strich, während sie ihren Vater neckte, weil er ein schlechter Verlierer war. Und sie dachte, wie so oft, im stillen, daß um ihr Lieblingskind irgend etwas Trauriges war. Charley besaß alle Gaben weiblichen Charmes, um die sie von ihren Geschlechtsgenossinnen beneidet wurde. Es war etwas Trauriges, weil ihr die tiefen Werte der Treue und der Selbstlosigkeit entgangen waren. Sie glaubte, es käme nur auf die Liebe an, und begriff nicht, daß die Liebe nicht nur Nehmen sondern auch Geben bedeutete.
    Ihre Gedanken

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