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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Es war die altmodische, russische Koseform, wie man sie Kindern gegenüber gebrauchte.
    Irina wurde aus dem Gebäude hinausgeführt. Wolkows Dienstwagen, ein Wolga, hielt vor dem Seiteneingang. Der Fahrer öffnete ihr die Tür. Sie bat, nach Hause gefahren zu werden. Unterwegs blickte er weisungsgemäß in den Rückspiegel, aber sie weinte nicht. Sie habe einen gefassten Eindruck gemacht, meldete er später. Die Deschurnaja lauschte vor der Wohnungstür einen Augenblick, nachdem Irina hineingegangen war, hörte aber nichts, bis das Mädchen im Radio eine Musiksendung einstellte.
    An diesem Abend erschien Antoni Wolkow unangemeldet bei ihr. Er setzte sich in dem kleinen Wohnzimmer hin und nahm ein Glas Wodka an. Sie war bleich und hatte gerötete Augen. Sie hatte die Tränen so lange zurückgehalten, bis sie allein war, wie er es erwartet hatte. Er hatte mit seiner Ansicht über ihre Standfestigkeit recht behalten. Sie war ein tapferes Kind, wenn auch naiv. Er hörte ihr zu, als sie ihm das Treffen mit ihrer Mutter schilderte, und als sie ihm dankte, nickte er nur. Er ließ sich noch einen zweiten Wodka geben. Dann sagte er, es täte ihm leid, ihr schlechte Nachrichten bringen zu müssen. Der Leiter des Komitees für Staatssicherheit habe den Fall Fedja Sasonowa noch einmal geprüft. Trotz aller Bemühungen von seiner – Wolkows – Seite habe man keine Milde walten lassen. Sie werde am nächsten Tag in das Arbeitslager von Kolyma verlegt werden. Die Strafkolonien dort waren die härtesten von allen; sie befanden sich im Nordosten Sibiriens, nahe dem Polarkreis. Keiner, der dorthin verschickt wurde, kam jemals zurück. Er setzte sein Glas auf das Tischchen neben seinem Stuhl, verschränkte die Hände und wartete auf ihre Reaktion.
    »Haben Sie eine englische Übersetzung von ›Schuld und Sühne‹?«
    Die Angestellte am Verkaufstisch für ausländische Literatur schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie brüsk. »Das Buch haben wir nicht auf englisch.«
    »Könnte ich ein Exemplar bestellen?« erkundigte sich Jeremy Spencer-Barr.
    Die Angestellte schüttelte den Kopf. Es schien ihr Freude zu machen, ihn abschlägig zu bescheiden. »Keine Ahnung«, sagte sie und drehte ihm den Rücken zu.
    Spencer-Barr fühlte eine fremde Hand auf seinen Arm. Ein junger Mann stand neben ihm.
    »Entschuldigen Sie, bitte, aber ich hörte, daß Sie sich nach ›Schuld und Sühne‹ auf englisch erkundigt haben.«
    »Ja, das stimmt«, sagte Jeremy. »Das Buch ist offenbar nicht vorrätig, und niemand kann mir helfen. Ich möchte mein Russisch verbessern, indem ich es zurückübersetze.«
    »Dann können Sie es in der Universitätsbibliothek versuchen«, riet der Mann, »wenn Sie es für Ihre Studien brauchen, leiht man Ihnen vielleicht ein Exemplar.«
    »Ich danke Ihnen vielmals«, sagte Jeremy. »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Ich werde mich dorthin wenden.«
    Er entfernte sich. Der Russe blieb stehen, um die von ihm bestellten Bücher abzuholen.
    »Sie sind noch nicht da«, gab das Mädchen unfreundlich zurück. Sie hatte gehört, daß er dem Ausländer seine Hilfe angeboten hatte, und war noch mürrischer geworden.
    »Ich habe sie vor einem Monat bestellt«, erklärte Paliakow. »Ich brauche sie für meine Studenten. Warum können Sie mir nie etwas schnell besorgen?«
    »Weil wir die Bücher nicht drucken, Genosse«, erwiderte sie spöttisch. »Wir verkaufen sie nur. Wenn Sie sich beschweren wollen, schreiben Sie an die Druckerei.«
    Sie hob einen Stapel Rechnungen auf verließ den Verkaufstisch.
    Poliakow begab sich zu den Regalen im hinteren Teil des Ladens. Er blieb neben Spencer-Barr stehen, der in einem russischen Gedichtband blätterte.
    »Mein Name ist Daniel«, sagte er. Spencer-Barr hob den Blick nicht von seinem Buch.
    »Was gibt es Neues von der Tochter?«
    Poliakow nahm ein Buch aus demselben Regal und schlug es auf.
    »Nichts Gutes«, sagte er. »Ich habe keine Gelegenheit, sie vor nächsten Donnerstag zu sehen. In der Universität wird allerlei gemunkelt.«
    »Worüber gemunkelt?« fragte Jeremy und blätterte weiter.
    »Daß sie unter der Protektion eines hohen Parteifunktionärs steht«, flüsterte Poliakow. »Ein Regierungswagen holt sie jedes Wochenende ab. Ich habe es selbst überprüft. Der Wagen gehört Antoni Wolkow. KGB.«
    Spencer-Barr klappte den Gedichtband zu und schob ihn wieder ins Regal zurück.
    »Soll das heißen, daß sie für die Leute arbeitet? Wenn es so wäre, würde man nicht darüber

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