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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Sie haben hervorragende Arbeit geleistet.«
    Als er wieder allein war, blätterte der Brigadier in den Akten, ohne etwas Besonderes zu suchen. Er konzentrierte sich nicht auf die Lektüre. Irgend jemand hatte Sasonows Aufenthaltsort entdeckt. Irgend jemand hatte das KGB unterrichtet. Die Vermutung lag nahe, daß es sich bei dem Verräter um ein Mitglied des Wachpersonals gehandelt haben mußte, der dafür mit dem Tode gebüßt hatte. Aber der Brigadier glaubte es nicht. In seiner Abteilung mußte es einen Verräter geben, und der hatte Sasonow gefunden. Wenn die Sowjets jetzt glaubten, daß sie Sasonow mundtot gemacht hatten, dann war ihm das nur recht. Wenn sie keine weiteren Nachforschungen über ihren abhanden gekommenen Delegierten anstellten, würde der Brand in Halldale mit ihrem Nachrichtendienst in Verbindung gebracht werden müssen. Aber so würden sie sich nicht verhalten. Die sowjetische Botschaft würde weiterhin beim Innenministerium vorstellig werden und um den verschwundenen Russen so viel Aufhebens wie möglich machen. Deshalb mußte das Spiel bis zum bitteren Ende durchgeführt werden. Sasonow mußte vorgezeigt werden. Schließlich lag sein Leichnam unterkühlt bereit, nachdem man gewisse Schönheitskorrekturen vorgenommen hatte. White fragte seine Sekretärin nach der Telefonnummer des mit ihm befreundeten Polizeichefs.
    Sie wechselten ein paar Worte über ihren Gesundheitszustand und das gemeinsame Interesse am Kricket, und dann sagte White: »Übrigens glaube ich, daß wir unseren eingefrorenen Fisch wieder im Meer versenken können. Kannst du das veranlassen? Und ihn dann nach ein oder zwei Tagen wieder herausziehen? Oh, vielen Dank, das ist prima. Ja, viel öffentliches Aufsehen – genau das brauchen wir. Wie wär's mit einem Lunch nächste Woche?« Er machte eine Notiz in seinem Terminkalender und legte auf.
    Das KGB würde seine Leiche bekommen. Ihm war es gleich, ob man den Toten zur Bestattung in die Sowjetunion überführen oder seine Identität an Ort und Stelle festzuhalten versuchen würde. Worauf es ihm in erster Linie ankam, war Sasonow völlig in Sicherheit zu haben, während er eine Untersuchung einleiten würde, ob der sowjetische Informant tatsächlich gemeinsam mit den Unschuldigen in Halldale verbrannt war oder ob er sich in Freiheit befand und weiterhin Augen und Ohren offen hielt.
    »Irina, würden Sie noch einen Augenblick dableiben? Ich möchte diesen Aufsatz mit Ihnen besprechen.«
    Irina Sasonowa nickte. Die übrigen Studenten hatten ihre Bücher verstaut, die Vorlesung war vorüber. Ihr Lehrer in Soziologie war ein junger Mann, der sich weniger diktatorisch als der ältere Dozent dieses Fachs verhielt. Er brachte seine Studenten gern zum Lachen und förderte bis zu einem gewissen Grad eine offene Diskussion, was auf der Moskauer Universität selten vorkam. Sie trat an das Pult; er hatte ihren letzten Aufsatz auf der Tischplatte vor sich liegen.
    Als er ihren Gesichtsausdruck sah, sagte er: »Es ist gut, keine Angst. Ich werde Ihnen keine schlechte Note geben. Es ist nur so – mir sind in letzter Zeit bei Ihren Arbeiten gewisse Gedankengänge aufgefallen. Ich habe mich gefragt, ob Sie sich dessen bewußt sind – das ist alles.«
    »Ich weiß nicht, Genosse Poliakow. Mir ist es nicht bewußt. Erklären Sie es mir bitte.«
    »Setzen Sie sich.« Er bot ihr seinen Stuhl an und schwang sich selbst auf die Tischkante. Sie war bleich geworden und machte einen ängstlichen Eindruck. Sie sah eigentlich nicht hübsch, eher apart aus, aber ihre blonden Haare und blauen Augen waren attraktiv. Sie lächelte seit einiger Zeit nur noch selten, und ihre Kontakte mit ihren Kommilitonen waren locker geworden. Als Tochter eines höheren Sowjetbeamten, der in den Westen gegangen und verschwunden war, stand sie in den letzten acht Monaten wie unter einer unsichtbaren Gewitterwolke.
    »Sie zeigen einen ausgesprochenen Hang zum Individualismus«, sagte Poliakow mit sanfter Stimme. »Ihre Arbeiten betonen immer stärker die Rolle des Staates im Verhältnis zum Individuum, statt umgekehrt.« Das Blut stieg ihr in die Wangen; gleich würde er ihr sagen, daß sie in ihrem politischen Denken Anzeichen von Abweichlertum erkennen ließe. Er sah die Angst in ihren Augen.
    »Ich bin mir dessen nicht bewußt, Genosse. Ich verspreche Ihnen, wenn Sie etwas Derartiges in meinen Arbeiten erkennen sollten, so ist es rein zufällig. Zeigen Sie mir bitte, wo die Irrtümer liegen, damit ich sie berichtigen

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