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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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daß er sie jetzt nicht sehen konnte.
    »Soll das heißen, daß Sie alles zugeben werden, was ich Ihnen in den Mund lege? Ist das Ihre Auffassung von sowjetischer Gerechtigkeit?«
    »Nein, nein, natürlich nicht. Ich habe das nicht so gemeint – ich bin nur etwas verwirrt. Ich habe weder geschlafen noch gegessen –«
    »Wollen Sie sich über Ihre Behandlung beschweren?«
    Sie sah ihn verzweifelt an. Sie kam ihm vor wie ein Tier, das in die Falle geraten ist, das sich von allen Seiten eingeschlossen fühlt. Es machte ihm keinen Spaß, sie zu quälen. Sie war zu dumm. Er wollte keine weitere Zeit verlieren.
    »Warum haben Sie den Toten wider besseres Wissen als Ihren Mann identifiziert?«
    Sie öffnete den Mund und begann zu stottern. Aber tief drinnen erwachte ihre Bauernmentalität und warnte sie zu leugnen. Sag ihm die Wahrheit … dann wird er vielleicht keine weiteren Fragen mehr stellen.
    »Ich hielt es für das Beste«, sagte sie langsam. Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Wir haben gehofft, er sei tot. Alles durfte sein, nur nicht, daß er einfach verschwunden war. Ich wollte den Behörden entgegenkommen.«
    »Mit einer Lüge?«
    »Ich dachte, darauf käme es nicht mehr an. Ich wollte nicht länger in Ungnade leben, Genosse Wolkow. Ich wollte meinen Mann vergessen und ein neues Leben anfangen.« Ihr mütterlicher Instinkt drängte sie weiterzusprechen.
    »Irina hatte seinetwegen so viel zu leiden gehabt«, murmelte sie. »Sie schämte sich so, als er plötzlich verschwand. Sie hat alle ihre Freunde verloren. Sie wollte, er sei gestorben. Wir beide wollten es. Deshalb sagte ich, der Tote sei mein Mann. Sie war so glücklich, sie war plötzlich ein ganz anderer Mensch.« Sie senkte den Kopf. »Es war falsch von mir, Genosse Wolkow. Ich habe Sie hintergangen. Ich habe Strafe verdient.«
    »Ja«, sagte er vorwurfsvoll, »allerdings. Ihre Tochter kam her, um für Sie zu bitten.« Er sah den raschen, verängstigten Blick und deutete ihn falsch. »Ich habe sie beruhigt«, sagte er. »Ich erklärte ihr, sie würden in ein Besserungslager gebracht.«
    »Sie haben ihr nicht gesagt, was ich getan habe?« fragte sie in bitterem Ton. »Sie würde es mir nie verzeihen. Sie ist solch ein gutes Parteimitglied. Wenn sie wüsste, daß ich gelogen habe, würde sie nie wieder etwas von mir wissen wollen.« Sie ließ ihren Tränen geräuschvoll freien Lauf. Er trank seinen Tee und gab den Wachen ein Zeichen. Sie traten näher und zogen Fedja Sasonowa vom Stuhl hoch.
    »Ich danke Ihnen, Genosse Wolkow«, stammelte sie, »ich danke Ihnen, daß Sie ihr nichts davon gesagt haben.«
    Er gab den Wachen ein erneutes Zeichen, und sie wurde eiligst aus dem Raum hinausgeführt.
     … Sie dankte ihm dafür, daß er ihrer Tochter nicht gesagt hatte, der mit so viel Publizität beigesetzte Leichnam sei der eines anderen Mannes gewesen … Er zündete sich eine Zigarette an und goß sich noch eine Tasse Tee ein. Fedja Sasonowa würde nicht vor Gericht gestellt werden, weil ihr Vergehen nicht aktenkundig gemacht werden durfte. Das KGB betrieb seine eigenen Lager, und sie konnte auf seinen persönlichen Befehl hin in eines davon eingewiesen werden. Ihre Verhaftung mußte geheim gehalten werden, falls die Lügen, die über den seelischen Zusammenbruch und über den Selbstmord ihres Mannes verbreitet worden waren, aufrechterhalten werden sollten. Er dachte über Irina Sasonowa nach. Er hatte ihr eindringlich klargemacht, daß sie das Fehlverhalten ihrer Mutter geheim halten müsse, wenn sie auf ein mildes Urteil hoffte. Man konnte auch sie festnehmen; er zögerte und dachte auch über diese Möglichkeit nach. Aber sie war Studentin und noch dazu eine viel versprechende. Es würde zu viel Gerede entstehen, wenn sie plötzlich verschwand. Er fand, ein zweites Gespräch mit ihr würde das beste sein. Vielleicht eine Einladung. Sie war jung und sah recht hübsch aus. Sie hatte etwas Frisches an sich, das ihm gefiel. Er schrieb ein paar Zeilen auf ein Kärtchen und schickte dies hinunter, damit es ihr von seinem Fahrer überbracht würde. Er hatte geschrieben, ob Irina vielleicht im ›Bären-Restaurant‹ bei Schukowa, dreißig Kilometer außerhalb von Moskau, mit ihm zu Abend essen wollte. Es war ein gutes, abgeschiedenes Lokal, das für höhere Parteifunktionäre reserviert war. Es war mit dem Auto nur zwanzig Minuten von seinem Landhaus entfernt.
    »Glaub mir«, wiederholte Davina, »wir werden sie austauschen und wir werden deine Tochter

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