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Days of Blood and Starlight

Days of Blood and Starlight

Titel: Days of Blood and Starlight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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das schon? –, aber er war lebendig gewesen. Vor langer Zeit.
    Eine neue Wut stieg in Liraz auf – Wut auf das Mädchen, das ihren stolzen, schönen Bruder so zugerichtet hatte. Wie oft war er jetzt schon aufgebrochen, um diese … Kreatur … zu finden, und war als gebrochener Mann zurückgekommen? Kreatur. Es war ein scheußliches Wort, aber Liraz wusste nicht, wie sie das Mädchen sonst nennen sollte: Madrigal, Karou, Chimäre, Mensch, und jetzt Wiedererweckerin. Wer war sie wirklich? Es war nicht Abscheu, was sie für Karou empfand – nicht mehr. Es war Entrüstung. Akiva hat Welten durchquert, um dich zu finden, er hat sich in die Hauptstadt des Feindes eingeschlichen, nur um mit dir zu tanzen, er hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um dich zu rächen, und wie hast du es ihm gedankt? Deinetwegen ist er nur noch ein Schatten seiner selbst.
    Liraz wusste nicht, was genau Karou dieses Mal zu Akiva gesagt hatte, aber sie hatte gesehen, was ihre Worte mit ihm gemacht hatten, und während die drei Seraphim jetzt schweigend ihrem Ziel entgegenflogen, stellte sie sich vor, was sie zu ihr sagen würde, wenn sie sich je wieder von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen sollten. Es war ein überraschend unterhaltsamer Zeitvertreib.
    »Dort drüben.« Akiva sah es zuerst und deutete in die Ferne. Das Schwert.
    In seiner goldenen Ära war Astrae als die Stadt der hundert Turmspitzen bekannt gewesen. Hundert Türme für hundert Göttersterne, alle schlank und unerreichbar hoch, wie gigantische Blumen, die dem Himmel entgegenwuchsen. Ihre glitzernden Kristallfassaden reflektierten manchmal die dunklen Sturmwolken an der Smaragdküste, dann wieder warfen sie ein Prisma von tanzendem Licht über die Dächer weit unter ihnen.
    Doch jene Stadt war in der Rebellion des Kriegsherrn vor tausend Jahren zerstört worden. Nun gab es ein neues Astrae, das Joram auf den Ruinen errichtet hatte, und obgleich er die Pracht von einst wiederherzustellen versucht hatte, war diese Stadt von Sklaven errichtet worden und nicht durch die verlorene Kunst der Magi. Die Türme waren nicht halb so hoch wie ihre Vorgänger, und sie waren nicht aus reinem, makellosem Kristall, sondern aus Glas, verschweißt und vernietet, von Stahl und Eisen zusammengehalten. Am höchsten erhob sich der Turm der Eroberung, der wie ein Schwert – das Schwert – geformt war und ein durchaus passendes Symbol für das Imperium darstellte, vor allem dann, wenn seine scharfen Kanten das Feuer der untergehenden Sonne widerspiegelten wie jetzt.
    Blut und Untergang , dachte Liraz, als sie die rote Klinge aus den noch weit entfernten Klippen aufragen sah. Wirklich ein passendes Symbol.
    Sie hatte Astrae nie gemocht. Es herrschte eine Atmosphäre von Anspannung und untergründiger Angst, eine Kultur von Gerüchten und Spionen. Melliel hatte die Stadt immer als Spinnennetz bezeichnet, und wie recht sie damit hatte, zeigten schon die am Galgen baumelnden Leichen, die die von Westen kommenden Besucher empfingen.
    Der Galgen am Westtor war das Erste, was sie sahen, als sie die Stadt erreichten. Neben den vierzehn Silberschwertern hing ein älterer, stärker verwester Leichnam, wahrscheinlich der unglückselige Wachmann von Thisalene, und noch zwei tote Engel, die an den Füßen aufgehängt waren, so dass ihre Flügel schlaff herunterhingen und sie sich bei jedem Windstoß im Kreis drehten wie beschädigte Puppen. Worin ihr Verbrechen – oder schlicht ihr Pech – bestanden hatte, konnte Liraz nicht erraten. Am liebsten hätte sie einen schwarzen Handabdruck in den Stützpfeiler gebrannt und den ganzen verdammten Galgen in Schutt und Asche gelegt. Es dämmerte: In Kürze würde sich das blaue Feuer der Nacht über den Himmel ausbreiten und ihn mit Träumen und Visionen erfüllen. Noch nicht , sagte sie sich.
    Aber bald.
    Die drei kamen am Westtor an und warteten darauf, dass man sie einließ. Liraz biss die Zähne zusammen, als sie daran dachte, wie Silberschwerter die Unseligen üblicherweise begrüßten: Im besten Fall würden die Palastwachen sie eine gefühlte Ewigkeit warten lassen, im schlimmsten offen verhöhnen. Die Bruchklingen hielten Soldaten allgemein für nutzlos: Abgeschieden im schützenden Schoß der Hauptstadt, konnten sie sich nicht vorstellen, warum es so lange dauerte, den Krieg zu gewinnen. Und was die Unseligen betraf – Bastarde wurden komplett ignoriert.
    Was in Liraz’ Fall noch einfacher für sie war, weil sie ihnen gerade mal bis an den

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