Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
sich einschaltet, könnte er zu leicht überflutet werden. Das war ’ne Lehre, die man aus dem Hurrikan Katrina gezogen hat. Nein, dieses Krankenhaus hat im obersten Stock ein Maschinenhaus. Hoch und trocken auf der obersten Etage. Dort müsste er zu finden sein. Die Jungs und ich schauen uns dort mal um. «
Die Überlebenden verzehren still ihr Frühstück. Sarge schenkt sich noch einen Kaffee ein, dann lächelt er und sagt: » Macht euch also keine Sorgen um mich. Die Einzigen, die sich heute in den finstersten und gefährlichsten Abschnitt vorwagen, seid ihr. «
» Geht bloß nicht ohne mich « , sagt Todd, der in den Raum geschlurft kommt. » Aber gebt mir zuerst etwas Kaffee und meine Hosen zurück. «
» Wie geht’s dem Arm? « , fragt Wendy.
» Tut verdammt weh, aber ich werd’s überleben. «
Anne klopft auf den leeren Stuhl zwischen Wendy und ihr. » Setz dich hin, Bengel. «
Todd setzt sich hin. Er hat die Brille auf der Nase, eine zerbeulte SWAT -Kappe auf und ist in sein Laken gewickelt. Grinsend streckt er den Arm aus, um Anne zu begrüßen. » Todd Paulsen. Freut mich, dich kennenzulernen. «
Paul zielt mit dem Gewehr in die Finsternis, und der spitze Strahl der Taschenlampe, die mit Isolierband an den Lauf geklebt ist, erhellt den Bereich vor ihm. Die militärische Variante der Remington 870 ist mit einem kurzen Pistolengriff und einem Rückstoßpolster versehen und fasst sieben Patronen vom Kaliber 12. Die Waffe gefällt ihm, weil sie zuverlässig ist und alles aufhält.
Sie kommen an der Radiologie vorbei. Den Korridor entlang, auf der rechten Seite, stoßen sie auf die Kapelle. Paul blinzelt überrascht. Er hat völlig vergessen, dass das Krankenhaus über eine Kapelle verfügt. Die Überlebenden schauen ihn fragend an, und er nickt: Ja, er möchte sie sich gern anschauen.
Der kleine Raum ähnelt einer Miniaturkirche: Auf dem Boden liegt ein roter Teppich. Dunkles Holzgestühl und eine Buntglaswand, die, als es noch Strom gab, vermutlich von hinten beleuchtet wurde. Gesangbücher liegen auf dem Boden verstreut. Blumen zerfallen in ihren Vasen. Die meisten Kerzen sind geschmolzen. Ethan nimmt die noch brauchbaren Kerzen mit und verstaut sie in seinem Rucksack. Die anderen stehen am Eingang und sehen Paul zu, der die Gesangbücher aufhebt und sorgfältig auf dem Rednerpult stapelt.
Er schaut zur gewölbten Decke hinauf und schließt die Augen. Er erinnert sich an die letzte Gelegenheit, bei der er als Geistlicher gesprochen hat. Nach dem Erwachen der Infizierten hat er Sara ans Bett gefesselt und drei Tage lang gefüttert, gebadet und ihre Bettpfanne geleert, während die Welt vor seinem Fenster unterging. Er versuchte sogar einen Exorzismus, als sie schrie und stöhnte und ihre Fesseln anstarrte. Er befahl den Dämonen, ihren Körper zu verlassen. Dann verlor er jedes Zeitgefühl, bis ihm plötzlich bewusst wurde, dass die Menschen sich vermutlich in seiner Kirche versammelten, um sich trösten zu lassen, und dass niemand da war, der ihnen Trost spenden konnte. Die Verpflichtung seiner Gemeinde gegenüber war ebenso groß. Vom Schlafmangel erschöpft, hatte er sein geistliches Gewand angelegt und war in die Nacht hinausgewankt. In den Häusern rechts und links wurde geschluchzt und geschrien. Er ging wie benommen zur Kirche. Infizierte liefen heulend durch Straßen und Gassen, brachen in Häuser ein und griffen ihre Bewohner an. Als Paul seine Kirche erreichte, war sie schon angegriffen worden. Überall lagen Tote herum, sie waren von Fliegenschwärmen umgeben. Die Straßenlaternen schienen geisterhaft durch die Buntglasfenster. Die Läufer unter seinen Füßen quietschten vor Nässe. Die Infizierten hatten die Kinder auf dem Altar gefressen. Und er dachte: Hast du es nicht so gewollt, Paul? Das Ende aller Tage?
Überall in der Kirche waren Spuren von Gewalt zu sehen. Scharen von Infizierten lagen auf dem Boden. Seine Gemeinde hatte sich gewehrt – um ihre Kinder und diesen Zufluchtsort zu beschützen. Das hinter dem Altar aufragende massive Holzkreuz, das Symbol seines Glaubens an ein göttliches Opfer, das das ewige Leben ermöglichte, ragte kraftlos über dem Gemetzel auf. Wut machte sich in Paul breit. Die Infektion hatte sich Zutritt zu diesem heiligen Ort verschafft und ihn beschmutzt. Die Seuche hatte das Blut seiner Ehefrau vergewaltigt. Und er war persönlich nicht betroffen.
In der Morgendämmerung marschierte eine singende Menge aus einem Rauchschleier heraus die Straße
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