Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
lächelte in die Staubwolke hinein, die der Laster hinter sich herzog, und winkte.
Die Männer sahen sich an, bis einer nickte und einem anderen allem Anschein nach erlaubte, den Gruß schüchtern zu erwidern.
Es geht voran, dachte Sarge. W enn der Fortschritt auch langsam ist. Salam, Kumpel.
Hasen stoben auf der Straße auf und suchten Zuflucht zwischen den Felsen.
Bei den Männern handelte es sich um Stammesälteste und ihre Bediensteten aus einem der Dörfer im Tal. Sie waren hier, um an Verhandlungen im Camp teilzunehmen. Seit mehreren Jahren hießen die Paschtunen aus der nahe der pakistanischen Grenze gelegenen wilden Region der Provinz Nuristan die Amerikaner willkommen. Das Land hier war stark bewaldet, meist mit Koniferen. Während die Mehrheit der Afghanen sich mühsam von Landwirtschaft und Viehzucht ernährten, waren die Menschen in dieser Gegend seit Dschingis Khans Zeiten Holzfäller. Das Holz verkauften sie in Dschalalbad, Mihtarlam und in Pakistan. Der Laster, dem Sarge folgte, war vermutlich an den meisten Tagen von oben bis unten mit Brennholz beladen.
Da die Taliban sie unterdrückten und schlecht fürs Geschäft waren, feierten die Menschen hier, nachdem die Amerikaner sie vertrieben hatten. Doch bald machte man in Kabul Gesetze, die den Handel mit Pakistan einschränkten. Die örtlichen Einheimischen hatten zwar gemurrt, die Amerikaner aber hingenommen, da sie Straßen und Schulen bauten und ihnen regelmäßig Geschenke machten: Schulbedarf, Milch, Gebetsteppiche.
Die Taliban in der Umgebung blieben jedoch aktiv. Die Region war ein Korridor für Aufständische, die die Grenze von hier nach Pakistan und umgekehrt passierten. Damit gerieten die Einheimischen zwangsläufig unter Beschuss beider Seiten. Die Luftwaffe hatte eine lasergelenkte Rakete auf ein Dorf abgeschossen. Sie hatte ihr Ziel, einen Taliban-Anführer mittleren Ranges, um zehn Minuten verpasst und stattdessen dreizehn Zivilisten einschließlich mehrerer Kinder getötet. Ergebnis: Die Einheimischen unterstützten nun die Aufständischen gegen das ausländische Militär, in dem sie nun ungläubige Besatzer sahen. Sechs Monate lang war der Kampf im Tal hin und her gewogt. Er hatte dreißig Prozent aller Kampfhandlungen der Brigade ausgemacht. Die Polizeiwache im nächsten Dorf war so oft angegriffen worden, dass die Polizisten demoralisiert waren. Ohne die Unterstützung der Einheimischen kontrollierten die Amerikaner außerhalb ihres Lagers nichts.
So hatte man diese Konferenz anberaumt, um den Versuch zu machen, die Kämpfe zu beenden.
Zwei mit schwer bewaffneter Kampfinfanterie beladene Bradleys waren als Demonstration der Stärke zum Camp geschickt worden. Sarge war froh, im ersten Fahrzeug zu sitzen. Den größten Teil der Reise war es ihm vergönnt gewesen, die wunderschöne Landschaft zu begutachten, ohne den Staub eines vor ihm fahrenden Fahrzeugs zu schlucken.
Die Wahrheit war: Afghanistan gefiel ihm. Er hatte auch die dort lebenden Menschen zu schätzen gelernt. Die Afghanen hatten ein ursprüngliches Verhältnis zum Leben und zum Tod. Dies war einer der Orte auf der Welt, an denen es noch immer normal war, Nomaden zu begegnen, die vom Land an sich lebten. Das Land war sehr alt. Zahlreiche Heere waren durch Afghanistan gezogen: Griechen, Perser, Inder, Mongolen, Briten, Sowjets. Die Afghanen hatten die Briten und die Sowjets zwar geschlagen, standen aber trotzdem mit leeren Händen da. Jahrhunderte der Kriegführung hatten das Land bettelarm gemacht. Viele Einheimische lebten so wie vor tausend Jahren, in Unwissenheit und Armut.
Sarge, in Los Angeles aufgewachsen, hatte stets nach etwas gesucht, das er nicht benennen konnte. Die Zeit vor seinem zwanzigsten Lebensjahr verbrachte er in Gangs auf den harten Straßen der Stadt, wo er sich als Eckendealer und später als bezahlter Schläger betätigte. Drei Tage vor seinem siebzehnten Geburtstag hatte er einen Jungen umgebracht, aber er war nie erwischt worden. Einen Monat später hatte seine Freundin ihm den Laufpass gegeben, und er hatte in seiner traurig-trunkenen Wut zwei Blocks die Hillcrest entlang Windschutzscheiben eingeschlagen, bis endlich die Cops aufgekreuzt waren. Er hatte einem Cop eine verpasst, doch dann hatten sie ihn fertiggemacht. Vor Gericht hatte man ihm die Wahl gelassen: Knast oder Militär.
Zwei Jahre später wurde er nach Afghanistan versetzt. Fand sich an Bord eines Bradley-Panzers wieder und schaute M1-Abrams-Panzern zu, die unter endlos blauem
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