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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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ein früherer Tag, und durch die Glasdecke schien die Septembersonne. Die Tür ging auf und Nathaniel kam herein, neben ihm eine jüngere Ausgabe von Renée. Ihr Haar war kürzer und sie sah unschuldiger aus mit ihrer leicht gebräunten Sommerhaut.
    Ich setzte mich neben sie, spürte ihre Nähe wie eine Macht an meiner Seite. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und so richtete ich meinen Blick auf die Tafel. Etwas Ungewöhnliches geschah mit meinem Körper. Ein kribbelndes Gefühl durchdrang mich und ich konnte den Luftzug vom Fenster her tatsächlich fühlen. Ich nahm die Natur in all ihren Einzelheiten wahr – das Rascheln der Blätter,das Zwitschern der Spatzen auf den Ästen, die Melodie, zu der sich alles verwob. Renée beugte sich nach vorn, um einen Spiralblock aus ihrer Tasche zu ziehen, und ich bemerkte sogar den Duft ihres Shampoos. Schließlich drehte sie sich zu mir.
    »Warum starrst du mich dauernd an?«, flüsterte sie.
    Ihre Stimme war sanft und leise und ich war überrascht, wie unverblümt sie war. Wie hätte ich sie nicht anstarren können? Eben tauchte die Nachmittagssonne ihr Gesicht in ein warmes, rosiges Licht und sie wirkte wie ein Wesen aus einer anderen Welt, mir vom Schicksal gesandt. Nein, sie durfte niemals erfahren, dass ich sie beobachtet hatte, sie gewollt hatte, geliebt hatte, genau von diesem Augenblick an.
    »Du hast Tinte im Gesicht. Hier.« Worte, die ich sofort bereute.
    Ihr Gesicht wurde rot, während sie verlegen daran herumrieb. »Oje.«
    Plötzlich sprang die Szene weiter vor. »Du findest mich also liebenswürdig?«, fragte ich und beugte mich vor, um ihr näher zu sein. »Ist das der Grund, weshalb du mich dauernd anstarrst?«
    »Eher merkwürdig als liebenswürdig. Und nein, ich bin einfach nur neugierig.«
    »Neugierig?«, fragte ich und unterdrückte mühsam meinen Drang, sie zu packen, sie zu küssen. »Auf was?«
    Ihre Stimme schwankte. »Warum redest du mit niemandem?«
    »Ich dachte, das machen wir gerade.«
    Sie sagte etwas, aber ich konnte sie kaum hören.
    Unzählige Gedanken jagten mir durch den Kopf. Wo kam sie her? Wo hatte sie mein ganzes Leben lang gesteckt? Was mochte sie, was lehnte sie ab? Würde sie es mir verraten? Doch stattdessen setzte ich auf Vernunft. »Das ist genau, was ich gedacht habe.«
    Ich fuhr mit meinen Fingern ihre Sommersprossen nach, hätte sie gerne gepflückt und gesammelt. Sie sagte, sie sei aus Kalifornien.
    Unter dem Tisch streckte ich ihr meine Hand entgegen. »Ich bin Dante.«
    Sie biss sich unsicher auf die Lippe. »Renée«, sagte sie schließlich und ließ ihre Hand in meine gleiten. Sie war klein und zart.
    Ihr Körper erstarrte, als wir uns berührten. Ich spürte, wie ihre Wärme in mich kroch, mir wieder Leben schenkte. Ihr Gesichtsausdruck wechselte von nervös zu verwirrt zu entgeistert. Ich zog meine Hand weg und saß ganz ruhig, versuchte zu begreifen, was da gerade geschehen war. Alles verschwamm und wurde schwarz.
    Endlich konnte ich wieder etwas erkennen und ich rannte eine lange, ungepflasterte Auffahrt hinauf. Meine Beine liefen ohne mein Zutun und ich wusste nicht, wo ich war. Es war ein Ort, den ich nie zuvor gesehen hatte – ein weites Feld, umgeben von einem Sperrholzzaun. Das flache Land war durchsetzt von gelbem, wucherndem Gras. Ganz links standen ein Stall und ein Wassertrog, wahrscheinlich für Pferde. Dahinter kamen weitere Häuser, verteilt über hektarweise Land, die alle genauso aussahen wie das, bei dem die Zufahrt endete. Es war klein und quadratisch, mit einem Ziegeldach und einer offenen Veranda,auf der eine Menge alte Gartenmöbel herumstanden. Ein Schaukelstuhl schwankte im Wind.
    Auf einmal stand ich in der Tür zu einem Schlafzimmer, in meinem Haus – nein, Dantes Haus. Ein Mädchen lag im Bett, die zarten Umrisse der Beine zeichneten sich unter der Decke ab. Obwohl ich sie nicht erkannte, begriff ich irgendwie, dass es meine Schwester war. Dantes Schwester. Die Vorhänge waren zugezogen, das Zimmer finster.
    Ich blinzelte und ich saß in einem Flugzeug, in den Armen meine Schwester Cecilia. Sie war in Decken gehüllt, ihre Augen müde und die Lider gesenkt, das Gesicht rot und schweißverklebt. »Alles wird gut«, flüsterte ich. »Gleich sind wir da.«
    Neben uns saßen ein Mann und eine Frau. Ich wusste, das waren meine Eltern, auch wenn ich sie nicht wiedererkannte. Der Mann trug ein Flanellhemd und eine fettfleckige Arbeitshose. Er hatte Dantes Augen. Die Frau war in einen großen

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