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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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und voll mit endlosen Bücherregalen. Hinter einem davon versteckten wir uns und warteten im Schatten, ob jemand kam.
    »Was ist da drinnen passiert? Meine Lippen waren auf einmal so kalt.«
    Er sah mich verwirrt an. »Waren sie das?«
    Vielleicht hatte ich mir das alles nur eingebildet.
    »Was hast du da gemacht?«
    Er schaute zu mir herunter und wog seine Antwort ab. »Gelernt. Und du?«
    »Gelernt«, antwortete ich schnell.
    »Auf dem Boden, im Dunkeln?«
    Ich biss mir auf die Lippe und griff nach meiner Tasche, die er immer noch hielt. Dabei fiel sie zu Boden und meine ganzen Papiere verstreuten sich über den Teppich.
    »Mist, tut mir leid«, sagte ich entschuldigend, als wir uns beide vorbeugten, um sie aufzuheben. Einige meiner Stifte waren den Gang entlanggerollt, und ich wollte sie gerade einsammeln, als ich sah, wie Dante meine Papiere durchblätterte. Knallrot sprintete ich hin, um sie ihm wegzureißen, aber er schwenkte sie außerhalb meiner Reichweite.
    »›Leben nach dem Tod‹«, las er den Titel meines Aufsatzes. »Von allen Mythen möchtest du ausgerechnet an den glauben?«
    »Nicht lesen!«, rief ich und schnappte danach.
    Er sah mich neugierig an. »Du glaubst nicht an ein Leben nach dem Tod?«
    »Ich meine das nicht im religiösen Sinn.«
    »Du meinst es im wörtlichen Sinn«, murmelte er nachdenklich. »Dass Leute wieder zum Leben erweckt werden.«
    Ich blickte auf meine Füße. Ich wusste, dass es kindisch war, aber genau das war es, woran ich glauben wollte. »Meine Eltern fehlen mir«, sagte ich leise. Es war eine etwas erbärmliche Enthüllung, aber es war die Wahrheit.
    Dantes Gesicht wurde weicher. »Wetten, dass wir mehr gemeinsam haben, als du glaubst?«, sagte er und reichte mir den Papierstapel. Ich nahm ihn entgegen und stopfte ihn in meine Tasche. Was sollte das heißen? Dass ihm seine Eltern fehlten? Oder dass er auch an ein Leben nach dem Tod glauben wollte? Immerhin hielt er mich nicht für lächerlichoder doof, was er bestimmt getan hätte, wenn ihm meine Lateinhausaufgabe in die Finger gekommen wäre. Über die stand in Rot eine dicke Drei plus gekritzelt.
    »Ach ja, und wegen deiner Lateinhausaufgabe.«
    Mein Gesicht wurde lang. »Die hast du gesehen?« Ich wollte im Erdboden versinken.
    »Weißt du, ich bin ziemlich gut in Latein. Ich könnte dir helfen.« Er lehnte sich gegen ein Bücherregal; die hochgekrempelten Hemdsärmel entblößten die Venen, die sich auf seinem Unterarm abzeichneten.
    »Woher soll ich wissen, dass du wirklich gut bist? Vielleicht willst du mir nur die Note versauen?«, versuchte ich es mit einer Prise Sarkasmus.
    Er lachte. »Da gibt’s nicht viel zu versauen. Aber du bist doch in meinen Aufbaukurs Latein geplatzt. Überzeugt dich das nicht?«
    »Beweis es mir«, forderte ich, bevor ich mich bremsen konnte.
    Dante sah mich belustigt an. »Was soll ich machen?«
    »Was haben sie gesagt? Gideon und Vivian und Yago.«
    Dante betrachtete mich genau, sein Gesicht halb im Schatten verborgen. »Ich weiß es nicht.«
    Ich verengte die Augen zu Schlitzen. »Doch, tust du.«
    »Sie haben über das Wächterkomitee geredet. Irgendwas darüber, wer was getan hat. Mehr habe ich nicht verstanden.«
    Ich wusste nicht, ob er die Wahrheit sagte oder mich nur beschwichtigen wollte. »Ich glaub dir nicht.«
    Er lehnte sich zu mir vor, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt war und seinoffenes Haar mir über die Wangen strich. Die Intensität seines Blicks entsprang extremer Begierde oder extremem Hass, aber einen Moment lang war es mir gleich. Ich schloss die Augen und wartete auf das, was kommen würde.
    »Du traust mir nicht«, flüsterte er mir ins Ohr. Sein Atem war erschreckend kalt.
    Ich schauderte. »Nein.« Um uns herum flackerten die Öllampen und das Licht wurde langsam schwächer; das Signal, dass die Bibliothek gleich schließen würde.
    »Aber du sprichst mit mir. Heißt das, die Lateinnachhilfe steht?«
    Ich wollte Nein sagen, aber aus unerfindlichen Gründen sagte mein Mund »Okay«.
    Eine ganze Weile lang sprachen wir beide nicht mehr, sondern standen unbehaglich herum, jeder in Gedanken bei dem, worauf wir uns eingelassen hatten.
    »Nächsten Freitag, in der Eingangshalle von Haus Horaz«, sagte Dante schließlich.
    Ich nickte und ohne ein weiteres Wort schlichen wir die Korridore und Stufen entlang, hinaus in die kühle Luft.
    Als ich zurück ins Wohnheim kam, saß Eleanor auf ihrem Bett und kämmte ihr Haar im Kerzenschein,

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