Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
Vom Netzwerk:
länger und länger, je mehr uns unsere gegensätzlichen Welten in Anspruch nahmen. Und meine Welt drehte sich mehr und mehr um Dante.
    Nach dem Vorfall mit dem Papier trafen wir uns weiterhin, obwohl er immer noch nicht zugab, dass etwas Merkwürdiges passiert war. Nach nur zwei Wochen bekam ich Einsen auf alle meine Hausaufgaben und hatte endlich das Gefühl, dass Professor Lumbar sich für mich erwärmte. Ich hätte mich freuen müssen, aber als ich auf meinem letzten Test die riesige Eins gekritzelt sah, konnte ich nur daran denken, dass ich Dante früher oder später verlieren würde.Nachhilfe brauchte ich nicht mehr, das war offensichtlich, und wenn Dante meine Noten sah, würde er das auch wissen. Das Problem war nur, dass ich irgendeinen Grund brauchte, um Zeit mit ihm zu verbringen. Wegen unserer Privatstunden hatte sich der Freitag zu meinem Lieblingstag entwickelt. Jedes Mal, wenn ich ihn anschaute, entdeckte ich etwas Neues. Eine Sommersprosse auf seinem Hals oder die hellen Spuren einer Narbe neben seinem linken Ohr. Dass wir beide unsere Eltern verloren hatten, schuf eine zusätzliche Bindung zwischen uns, die ich nicht wegleugnen konnte. Er war der Einzige, mit dem ich darüber sprechen konnte – er wusste immer das Richtige zu sagen und zu fragen, damit ich mich besser fühlte, und er wusste so viel über den Umgang mit dem Tod, dass ich fast süchtig nach seinen Ratschlägen wurde. Scheinbar blieb mir keine andere Wahl. Deshalb begann ich, absichtlich die falschen Konjugationen aufzuschreiben, machte Grammatikfehler und vertauschte Vokabeln, und schon ging es wieder schön bergab mit meinen Noten. Dante schaute misstrauisch auf meine korrigierte Arbeit, triefend vor roter Tinte, und schlug vor, dass wir uns zweimal die Woche treffen sollten. Mit Freuden sagte ich zu.
    Ich wollte ihn immer noch nach Benjamin Gallow fragen, nach Gideon und seinen alten Freunden und was letztes Frühjahr geschehen war, aber das war schon das letzte Mal nach hinten losgegangen. Deshalb versuchte ich es mit einem unverfänglicheren Thema.
    »Wie ist so eine Kindheit in Kanada?« Wir saßen im Lateinklassenzimmer; das Kerzenlicht warf Schatten auf die Balkendecken.
    »Kalt«, sagte Dante. Er beugte sich vor; seine dunklen Augen blitzten. »Und wild.«
    »Was meinst du mit wild ?«
    »Meine Eltern hatten eine Ranch. Mein Vater hat Wild gejagt und das Fleisch und die Pelze an Händler verkauft und meine Mutter hat Tiere ausgestopft. Wir haben in einem Bauernhaus gewohnt, das war so weit im Norden, dass es mehr Bäume gab als Menschen. Unser Haus war voll mit toten Tieren, aber draußen war’s noch schlimmer, denn die Bären und Keiler waren da sehr lebendig. Im Winter hat’s immer wochenlang geschneit; vor dem Fenster haben sich richtige Schneedecken getürmt und der Wind war so eisig, dass man erfroren wäre, wenn man sich im Wald beim Jagen oder Holzsammeln den Knöchel verstaucht hätte. An so einem Ort wirst du ständig dran erinnert, dass du sterben musst und wie mächtig und oft erbarmungslos die Natur ist.«
    »Maine muss dir tropisch vorkommen«, witzelte ich lahm.
    Dante lachte. »Das nicht gerade.«
    »Gefällt es dir hier?«
    Er dachte darüber nach. »Ich glaub, es ist gut für mich.«
    Die Antwort war etwas enttäuschend. Ich hatte auf etwas gehofft wie: »Ich war hier todunglücklich, bis ich dich traf.« Oder: »Du bist das Einzige am Gottfried, über das sich zu lernen lohnt.« Oder: »Renée, du Liebe meines Lebens. Ich folge dir bis ans Ende der Welt.« Oder: »Ich möchte dich halten, jetzt gleich, mit meinen starken, unerklärlich kalten Händen, und dir süße lateinische Nichtigkeiten ins Ohr säuseln.«
    »Und ich glaube, du bist gut für mich«, sagte Dante.
    Ich blinzelte. Hatte er das wirklich gesagt oder hatte ich mir das nur zusammenfantasiert? Er beugte sich zu mir herüber und wartete auf meine Antwort.
    »Bitte?«, sagte ich leise.
    Dante rieb sich am Hals. »Ich meine, das hier tut mir gut, glaube ich. Mit dir zu sprechen. Ich hatte schon fast vergessen, wie es ist, Freunde zu haben.«
    Freunde, dachte ich und die Blase zerplatzte. Na klar. »Was ist zwischen euch passiert?«, fragte ich sanft. »Du hast mir nie davon erzählt.«
    Dante sah mich prüfend an. »Wir haben uns einfach auseinanderentwickelt. Erst ist Benjamin gestorben und dann wurde Cassie … versetzt. Danach hab ich erkannt, dass meine Prioritäten woanders liegen als beim Rest.«
    »Was soll das heißen?« Annie und ich

Weitere Kostenlose Bücher