Dead Beautiful - Deine Seele in mir
ich ja keine Ahnung, dass du nach deinen Eltern suchst. Es kam reichlich unerwartet, dich im Schlafanzug zu sehen. Und du warst so erstaunt über unsere Begegnung,dass ich gar nicht erkennen konnte, ob du glücklich bist oder unglücklich. Ich weiß noch, wie ich deine Hand gehalten habe und wir durch den Regen gerannt sind, und dass du Regentropfen in den Wimpern hängen hattest. Ich konnte gar nicht glauben, dass du echt bist. Ich kann’s immer noch nicht.«
»Das weißt du noch alles so genau?«, flüsterte ich.
»Ich erinnere mich an alles.«
Ich sah ihn an und er kam näher. Ich zitterte. Meine Finger legten sich um seinen Nacken und zogen ihn an mich.
Doch kurz bevor unsere Lippen sich trafen, wandte er sich ab und küsste mich auf die Wange.
Sein Gesicht war Zentimeter von meinem entfernt. »Warum willst du mich nicht küssen?« Meine Stimme klang verzweifelter, als ich wollte.
Als er schließlich antwortete, kamen die Worte nur langsam aus seinem Mund. »Weil ich Angst habe vor dem, was passieren könnte.«
»Was könnte denn passieren?«
»Das ist es ja – ich weiß es einfach nicht.«
Dante strich mit seinen Fingern über meine Lippen und ließ sie mein Schlüsselbein hinabgleiten, um mich an sich zu ziehen. Seine Berührung prickelte, wie Schneeflocken, die auf mich sanken und schmolzen. Keiner von uns konnte den Blick abwenden.
»Renée, warte, da ist noch was, das du –«
Jetzt geschah alles auf einmal. Ich schloss die Augen, spürte seinen Atem um meine Lippen tanzen. Dann näherten sich Stimmen aus der Ferne, gefolgt von harten Schritten auf gefrorener Erde. Und dann Licht.
Ich riss mich von Dante los und erstarrte. Eine Taschenlampe strahlte uns an.
»Stehen Sie auf.«
Ich hielt eine Hand schützend über meine Augen und blinzelte in den blendenden Lichtkegel. Es war Miss LaBarge. Sie leuchtete erst in mein Gesicht, dann in das von Dante.
»Was wäre hier jetzt gleich passiert?«, fragte sie ihn, ihre Stimme so scharf, wie ich es noch nie von ihr gehört hatte.
»Nichts«, sagte er. »Nichts.«
Sie leuchtete ihm noch ein paar Sekunden länger ins Gesicht und schaltete dann die Lampe aus. »Sie sollten heute Abend nicht hier draußen sein. Oder an irgendeinem Abend. Bei der Suche sind keine Schüler zugelassen, nur Lehrer. Das wissen Sie beide.«
Ich trat vor, um alles zu erklären, aber Dante griff nach meiner Hand und hielt mich zurück.
»Es tut mir leid, Frau Professor. Es war meine Schuld. Ich hab sie gebeten, mich hier zu treffen.«
Miss LaBarge blickte ihn fest an. »Schuld kann trügen.«
Dante nickte und ich hielt mich sehr ruhig. Der restliche Suchtrupp schien nun auch in unsere Richtung zu kommen. Miss LaBarge sah sich um. »Ich werde so tun, als hätte ich Sie nicht bemerkt. Gehen Sie rein. Aber ich will Sie hier nie wieder erwischen.«
Dante griff nach meiner Hand, aber ich bremste ihn. Mir war eingefallen, was Nathaniel mir vorhin geschrieben hatte: Es führte nur ein Weg in das Büro der Rektorin, zu den Akten. Ich konnte mich nicht hineinschleichen, ichmusste mich hinschicken lassen. Und welche bessere Gelegenheit konnte es geben als jetzt, wo die Rektorin offensichtlich abgelenkt war?
»Warten Sie«, sagte ich. »Nein. Ich möchte nicht, dass Sie so tun, als hätten Sie uns nicht bemerkt.«
Miss LaBarge und Dante schauten mich beide verwirrt an.
»Schicken Sie uns zur Rektorin.«
»Renée«, sagte Miss LaBarge. »Das wollen Sie nicht wirklich.«
»Doch, das will ich.«
Miss LaBarge warf einen Blick hinter sich. »Ihnen ist klar, dass Sie dafür rausgeworfen werden können.«
Das war mir zu diesem Zeitpunkt schon egal. Wichtig waren nur Eleanor, meine Eltern, der Gottfried-Fluch.
»Gehen Sie«, befahl Miss LaBarge und wollte uns wegschubsen.
Dante versuchte, mich mitzuziehen. »Renée, was machst du?«
»Uns Informationen verschaffen«, sagte ich und hustete laut.
Hinter dem Gebüsch hörte man Menschen im Dunkeln herumtasten. »Was war das?«, rief Professor Lumbar, als sie sich durchs Unterholz kämpfte und uns entgegenrannte. Miss LaBarge richtete ihre Lampe gerade in dem Moment auf uns, als die Lehrer hinter den Bäumen hervorkamen. Mrs Lynch trat aus der Dunkelheit. »Ganze Arbeit, Annette«, sagte sie und ihr Blick hing mit einem erfreuten Grinsen auf mir. »Erwischt.«»Wir müssen sie ablenken«, erklärte ich Dante, als Mrs Lynch uns zum Büro der Rektorin schleifte. »Ich muss an den Aktenschrank kommen.«
Dante musterte mich und nickte
Weitere Kostenlose Bücher