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Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Dead Beautiful - Unendliche Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Woon
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drankommt.«
    »Ich bin überzeugt, dass alles gut laufen wird«, sagte Dustin. Er zog ein Laken aus meiner Tasche und begann, die Matratze zu beziehen. Als ich ihm helfen wollte, scheuchte er mich fort.
    Er konnte leicht glauben, dass alles gut laufen würde. Schließlich war er ja auch nicht derjenige, der die Prüfungbestehen musste. Ich pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und begann mit dem Auspacken. Während wir so arbeiteten, brachte Dustin mir ein paar Brocken Französisch bei.
»La pelle«
, sagte er und reichte mir eine Schaufel.
»Les pièces«
, fuhr er fort und übergab mir einen Beutel mit Münzen, zusammen mit dem Rest meiner Wächterausrüstung.
»La vie.«
Das Leben.
»La mort.«
Der Tod. Er packte meine alten Philosophiebücher aus Miss LaBarges Unterricht aus und schaute aus dem Fenster. Hinter den Häusern ging bereits die Sonne unter.
»Éphémère.«
Und nachdem er mein Bücherregal noch ein letztes Mal abgestaubt hatte, sagte er:
»Cri de cæur«
, umarmte mich zum Abschied und eilte zurück zum Flughafen, um seinen Rückflug zu erwischen. Kaum war er weg, schlug ich es in meinem Wörterbuch nach. Es bedeutete »Ruf des Herzens«.
    Ich verzichtete auf das Abendessen und verbrachte den Rest des Abends allein auf meinem Zimmer. Nur einmal wagte ich mich hinaus, um den Abfall zu den Mülltonnen zu tragen, verlief mich aber im Gewirr der Flure, als ich den Rückweg zu meinem Zimmer suchte. Ich landete schließlich in einem Seitengang, der genauso aussah wie meiner, nur dass die Zimmernummer 21 lautete und der Name an der Tür ANYA PINSKY.   Die Tür war einen Spaltbreit geöffnet und gab den Blick frei auf ein Chaos von Schachteln und Kleidern und eine halb fertige Zimmerdeko aus großen Windlichtern und Amuletten in allen Farben und Formen. Ein Mädchen mit unnatürlich dunkelrot gefärbten Haaren hielt einen Stoß Bettwäsche hoch und stritt sich mit einem älteren Mann in einer Sprache, die sich nach Russisch anhörte. Als sie meinen Blick bemerkte, sah sie mich wütend an, trat zur Tür und schloss sie.
    Die Tür daneben war so oft übermalt worden, dass man kaum mehr den Spalt zwischen ihr und dem Türrahmen erkennen konnte. BESENKAMMER stand darauf.
    Nachdem ich noch ein paarmal falsch abgebogen war, fand ich schließlich zurück zu meinem Zimmer. Hinter verriegelter Tür setzte ich mich aufs Bett und lauschte durch die Wände den Mädchen, wie sie die Korridore entlangspazierten und sich auf Französisch unterhielten. Ich hatte keine Ahnung, wer sie waren und was sie sagten; ich war mir noch nicht einmal sicher, ob ich es überhaupt wissen wollte. Sie und ich, wir lebten in verschiedenen Welten. Das erkannte ich an der Art, wie sie lachten; an der Tatsache, dass sie überhaupt lachen konnten.
    Als ich fast schon eingeschlafen war, hörte ich die Toilettenspülung aus dem Gemeinschaftsbad. Ich setzte mich auf. »Eleanor?«, fragte ich und starrte in die Ecke des dunklen Zimmers, bevor ich begriff, dass ich allein war. Dustin hätte mir sagen können, wie das auf Französisch hieß, wenn er nur da gewesen wäre. Ich knipste das Licht an und griff mir das Taschenwörterbuch, das er mir dagelassen hatte. »Allein« hatte acht Einträge.
»Seul. Isolé. Séparé. Écarté. Solitaire. Singulier. Sans aide. Perdu.«
Welches davon war ich? Verlassen von meinen Eltern, von Miss LaBarge. Getrennt von Dante. Isoliert von den Menschen um mich herum. Verloren.
    Ich schlug eben das Buch zu, da klingelte das Telefon. Erschrocken fuhr ich hoch.
    »Renée?«, flüsterte eine Stimme aus dem Hörer in mein Ohr.
    »Eleanor?«, fragte ich, ein wenig lauter als gewollt, und wiederholte dann: »Eleanor?«
    Ich hörte, wie sie am anderen Ende der Leitung Luft holte. »Du bist es wirklich«, sagte sie ungewohnt ausdruckslos.
    »Du bist es wirklich«, echote ich und lehnte mich gegen die Wand. Offensichtlich war sie zurück am Gottfried und rief aus unserem ehemals gemeinsamen Zimmer an. »Mir kommt’s vor, als hätten wir uns schon ewig nicht mehr gesehen.«
    »Ich weiß.« Eleanors Stimme klang deutlich dröger als in meiner Erinnerung.
    »Und deine Postkarten   – ich hab keine Ahnung, wie ich ohne sie den Sommer überstanden hätte.«
    »Na ja, so hatte ich immerhin etwas zu tun. Meine Mutter hat mich den ganzen Sommer lang in den Wahnsinn getrieben. Egal, wie ist’s da drüben?«
    Ich seufzte.
    »Hier im Gottfried genauso«, sagte sie. »Die bestellen uns alle einzeln ein, zum Verhör. Über den

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