Dead Cat Bounce
ihm. Er vertraute ihm. Sein Wort galt.
Am Montagabend reiste Jonah ab, um ins Internat zurückzukehren und den neugierigen Augen seines Vaters zu entkommen.
Es sollte einige Jahre dauern, bis Jonah Lightbody wieder das »Haifischbecken« von Helsby Cattermole betrat. Er war vierhunderttausend Pfund reicher und der jüngste Wertpapierhändler, den Helsby Cattermole je eingestellt hatte. Und er war gerade dabei, mitten in eine globale Finanzkrise hineinzulaufen.
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15
Montag, 8. September
Jonah ging durch die Drehtür von Helsby Cattermole und betrat die Lobby mit dem Aquarium. Es war 8.25 Uhr. Er trug einen schmal geschnittenen schwarzen Einreiher, ein weißes Button-Down-Hemd, schwarze Stiefel und eine Hermès-Krawatte aus Seide, die genauso elegant war wie die Krawatten, die er beim Baron gesehen hatte. Seine Kleidung war maßgeschneidert und an den Hemdsärmeln prangten Manschettenknöpfe aus reinem Gold, links ein Dollarzeichen, rechts ein Pfundzeichen. Sein Handgelenk schmückte eine Breitling Navitimer. Er warf einen besorgten Blick durch die gläserne Drehtür, um sich zu vergewissern, dass der Mann vom Parkservice seinen Vespa-Oldtimer aus den 1960er-Jahren mit der gebührenden Sorgfalt behandelte. Als er sah, wie der Mann den Roller nach einem bewundernden Blick vorsichtig in die Tiefgarage der Bank schob, nickte er zufrieden. Normalerweise benutzte Jonah die Vespa nur für Ausflüge am Wochenende, doch er hatte der Versuchung nicht widerstehen können, an seinem ersten Tag damit zur Arbeit zu fahren.
Am Empfang fragte er nach dem Baron und nannte seinen Namen. Die Rezeptionistin, eine hübsche Blondine, die ihrem Namensschild zufolge Sophie hieß, lächelte ihn an und fragte, ob er schon einmal bei Hellcat gewesen sei.
Jonah lächelte zurück. »Ja«, erwiderte er. »Aber das ist schon lange her.«
»Sehen wir mal nach.« Sophie gab seinen Namen in die Datenbank ein. Sie starrte kurz auf ihren Monitor, zog die Augenbrauen hoch und sah dann wieder Jonah an. Das Foto auf dem Monitor zeigte einen blassen Jungen mit hellen, glatten Haaren, die so kurz geschnitten waren, dass sie den Hemdkragen nicht berührten. Das Gesicht sah kindlich und noch etwas pausbäckig aus, die braunen Augen blickten sanft und unschuldig. Der junge Mann vor ihr war etwa eins achtzig groß und sehr breit in den Schultern. Seine Haare, von denen ihm ein paar Strähnen in die Stirn fielen, waren dunkler geworden, statt blond waren sie jetzt hellbraun und reichten bis weit unter den Hemdkragen. Er war braun gebrannt, vermutlich von den Sommerferien, und ohne ein Gramm Babyspeck im Gesicht, was seine markanten Wangenknochen hervortreten ließ. Der dunklen Haare wegen wirkten seine Augen noch sanfter, doch die Unschuld war definitiv daraus verschwunden.
»Ich glaube, wir brauchen ein neues Foto«, meinte sie lachend. Jonah stellte sich etwas verlegen vor den Empfangstresen, während sie die Digitalkamera auf ihn richtete. »Nehmen Sie doch bitte noch einen Moment Platz, während ich ihm sage, dass Sie hier sind, Mr Lightbody«, teilte sie ihm dann mit, was dazu führte, dass Jonah panikartig einen Blick über die Schulter warf, weil er dachte, sie hätte seinen Vater gemeint. Mit der lahmen Ausrede, noch seine Schuhe putzen zu müssen, hatte er es vermeiden können, mit seinem Vater zusammen zur Arbeit zu gehen, doch es hätte ihn nicht überrascht, wenn David in der Lobby auf ihn gewartet hätte, um ihm wieder einmal zu sagen, dass es eine falsche Entscheidung sei, bei der Bank anzufangen. Zum Glück stand niemand hinter Jonah, und nachdem er sich von seinem Schreck erholt hatte, drehte er sich schnell wieder um und bedankte sich bei der Rezeptionistin, die sein sonderbares Verhalten gar nicht bemerkt hatte.
Im Empfangsbereich gab es nur zwei Stühle aus schwarzem Leder und Chrom, die um einen Glastisch arrangiert waren. Jonah ging hinüber, setzte sich und warf seine Zeitung auf den Tisch. Er hatte sie bereits gelesen, doch in der Finanzbranche und der ganzen Welt wusste sowieso schon jeder, was gerade los war. Über das Wochenende waren wieder zwei Banken gerettet worden, die angeblich »zu groß« waren, um Pleite zu gehen, und vermutlich würden es noch einige mehr werden. Die Welt war eine andere geworden, seit Jonah zum letzten Mal hier gewesen war. Eine schwere Finanzkrise zeigte ihre Auswirkungen in nahezu allen Ländern des Globus.
Jonahs Blick wanderte nach oben zu der hoch
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