Dead Cat Bounce
Jonah. »Dein Vater wurde zweimal getroffen. Die Kugel hier« – er deutete auf die Wunde an der Hüfte – »hat vielleicht das Rückenmark verletzt, was die Lähmung in seinen Beinen verursacht haben könnte. Bei der anderen Kugel sieht es so aus, als hätte sie eine Lunge getroffen und möglicherweise noch eine Arterie verletzt. Wir lassen einen Rettungshubschrauber aus Tsumeb kommen. Das wird fünfzehn Minuten dauern. Sie werden ihn nach Windhoek fliegen.«
Jonah sah auf seinen Vater herunter. »Wird er es überleben?«, fragte er.
Der Mann zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Jonah kniete sich hin und hielt seinen Mund an Davids Ohr. »Nicht sterben, Dad. Nicht jetzt. Ich brauche dich doch. Nicht sterben.« Er drückte wieder seine Hand. Die Augen seines Vaters öffneten sich, seine Lippen bewegten sich. »Was hast du gesagt, Dad? Was hast du gesagt?« Jonah beugte sich vor. »Was soll ich tun?«
Die Worte waren leise, aber deutlich zu verstehen. »Sie sollen dafür büßen, Jonah. Finde heraus, wer Kloot ist. Lass sie dafür büßen.« Dann schloss er wieder die Augen und verlor das Bewusstsein.
Draußen vor der Höhle hatte der Fahrer Kontakt mit der Notrufzentrale aufgenommen und Details zu Davids Verletzungen sowie die GPS-Koordinaten ihrer Position weitergegeben. Innerhalb von fünf Minuten war der Hubschrauber in der Luft und flog nach Süden in Richtung der Höhle. Der Fahrer stellte vier Laternen auf den Boden, um eine Landestelle zu markieren, und ging wieder in die Höhle, um mitzuhelfen, David auf die Trage zu legen.
Die beiden Männer hatten David zu dem alten Flussbett gebracht, wo der Boden eben war. Er war nicht wieder zu Bewusstsein gekommen. Schweißüberströmt wartete Jonah auf die Ankunft des Hubschraubers. Er betete darum, dass sein Vater überlebte, dass der Hubschrauber kam und ihn rechtzeitig ins Krankenhaus brachte, dass sie beide nach London zurückkehren konnten und er von Creedence mit einem Kuss begrüßt wurde, dass sie genug Beweise gefunden hatten, um seinen Vater zu entlasten und den Baron und das Apollyon-Netzwerk vor Gericht zu bringen.
Er sah zu, wie der Hubschrauber aus dem Norden kam, niedrig und schnell, und mit dem Scheinwerfer an seiner Nase den Boden unter sich absuchte. Plötzlich wurde er langsamer und verlor etwas an Höhe. Das Suchlicht blieb auf Jonah stehen, er musste den Blick abwenden, so sehr blendete es ihn. Der Fahrer bedeutete ihm, in die Hocke zu gehen. Der von den Rotorblättern erzeugte Abwind ließ Sand und kleine Steine auf ihn regnen, während der Pilot den Hubschrauber vorsichtig auf dem Geröll aufsetzte. Die Rotorblätter wurden langsamer, blieben aber nicht stehen.
Zwei Männer sprangen heraus und rannten zu der Stelle, an der David lag. Sie legten eine Infusion an seinem Handgelenk und setzten ihm eine Sauerstoffmaske auf, bevor sie die Gurte überprüften, mit denen er auf der Trage festgeschnallt war. Dann hoben sie die Trage hoch und trugen sie zu dem wartenden Hubschrauber. Jonah folgte ihnen. Die Trage wurde ins Innere des Hubschraubers befördert und gesichert, dann konnte auch er an Bord gehen. Die Männer schnallten ihn auf einem Notsitz fest und setzten ihm Kopfhörer auf. Der Fahrer und der Sanitäter verabschiedeten sich mit hochgerecktem Daumen von ihm und entfernten sich ein Stück vom Landeplatz. Als die Türen des Hubschraubers geschlossen waren, wurde das Knattern der Rotorblätter lauter und der Hubschrauber hob leicht nach vorn gekippt ab. Dann machte er sich auf den Weg zum Krankenhaus in Windhoek.
Sie waren seit dreiundzwanzig Minuten in der Luft, als Jonah sah, wie einer der Sanitäter bei David mit einer Herzmassage begann. Seine teilnahmslose Stimme kam über den Kopfhörer: »Herzstillstand! Leite Wiederbelebung ein. Ich brauche den Defi.« Der zweite Sanitäter drückte sich an Jonah vorbei und zog eine kleine Kiste unter der Trage hervor. Dann legte er einen Schalter daran um und hielt die beiden Paddles hoch.
»Lädt«, hörte Jonah im Kopfhörer. »Geladen!«
Der erste Sanitäter wich zurück, damit der zweite zu David konnte. Er setzte die Paddles auf seine Brust und Jonah musste mitansehen, wie sein Vater zuckte, als der Strom durch seinen Körper floss und versuchte, sein Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Jonahs Kehle war wie zugeschnürt. Tränen liefen über sein Gesicht.
»Nichts!« Der erste Sanitäter machte mit der Herzmassage weiter.
»Lädt! Geladen!«
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