Dead Cat Bounce
schnellen Schritten nach Hause, während er an ihren Sohn dachte, den seine Frau mit der Scheidung praktisch aufgegeben hatte: Jonah. Er musste mit Jonah reden. Es war schon schlimm genug, dem Baron und den anderen »Leerverkäufern« dabei zusehen zu müssen, wie sie das Finanzsystem in den Ruin trieben, doch dass Jonah dabei lachend und grinsend neben dem Baron saß, war zu viel für ihn. David hatte es nicht kommen sehen. Er wusste, dass Jonah die drei Tage, die er vor einigen Jahren im Börsensaal verbracht hatte, sehr gefallen hatten, und dass er praktisch keine Beziehung zu seinem Sohn hatte, was er jedoch auf die schwierige Zeit der Pubertät geschoben hatte. Aber er hatte keine Ahnung gehabt, dass der Baron wieder einmal im Hintergrund die Fäden gezogen hatte, dass er als Mentor und Ratgeber fungiert hatte, während David viel zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt gewesen war.
Er musste auspacken. Er musste Jonah alles erzählen. Nur dann hatte er noch eine Chance, Jonah von Hellcat und dem Baron wegzubekommen.
Der Wind frischte auf, als er die Hammersmith Bridge erreicht hatte, und wehte flussabwärts von Westen. Er stemmte sich dagegen und rannte fast, um so schnell wie möglich auf die andere Seite zu gelangen.
Er wollte es gleich am Abend tun.
Es war schon nach zweiundzwanzig Uhr, als Jonah die Haustür aufschloss. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Vater noch wach war, und zuckte zusammen, als David Lightbody in die Diele kam und ihn mit einem höflichen »Guten Abend, Jonah« begrüßte.
»Oh … hallo, Dad«, erwiderte Jonah, während er seine Schlüssel wieder in die Tasche steckte. »Ich dachte, du wärst schon im Bett.«
»Wir müssen reden«, sagte David ernst.
»Über was?« In Jonahs Stimme lag ein aggressiver Unterton. Egal, ob sein Vater ihn dazu bringen wollte, noch einmal über den Job an der Seite des Barons nachzudenken, oder ob ihm eine Standpauke drohte, weil er so spät nach Hause kam, er wusste, dass es keine angenehme Unterhaltung sein würde.
»Jonah.« David zog die Haustür noch ein Stück weiter auf. »Du bist immer noch mein Sohn und du lebst in meinem Haus. Es wird Zeit, dass wir uns unterhalten«, sagte er.
»Also schön«, murmelte Jonah. Er stellte seinen Aktenkoffer ab und folgte seinem Vater ins Wohnzimmer. Der weite, offene Raum mit seinen weißen Wänden, klaren Linien und modernen Möbeln war so kalt wie immer, was nicht nur an den fehlenden Heizkörpern lag (seine Mutter hatte sie für hässlich gehalten und stattdessen eine schlecht funktionierende Fußbodenheizung einbauen lassen). Wie der Rest des Hauses war das Zimmer nicht mit dem Gedanken daran eingerichtet worden, dass ein Kind zur Familie gehörte.
»Warum setzt du dich nicht?«, fragte David, während er auf das kleine Sofa neben sich deutete. Jonah wusste, dass es furchtbar unbequem war.
»Nein danke.« Jonah lehnte sich an die Wand. Er wollte seinem Vater klarmachen, dass er kein Interesse an dieser »Unterhaltung« hatte und das Ganze so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Außerdem war er gerade drei Stunden im Pub gewesen und musste zur Toilette.
»Jonah«, begann David mit strenger Stimme, »was muss ich tun, um dich davon zu überzeugen, wieder zur Schule zu gehen?«
»Dad«, seufzte Jonah. »Das hatten wir doch alles schon. Vergiss es.«
»Nein, ich werde es nicht vergessen«, erwiderte David, schon etwas aufgebrachter. »Das, was zurzeit passiert, ist eine Schande, und dass du dabei mitmachst, ist einfach unglaublich. Ich habe das alles schon mal erlebt. Du, der Baron und die anderen Leerverkäufer reißen uns alle ins Verderben. Es mag ja sein, dass ihr jetzt Unsummen verdient, aber die langfristigen Kosten werden enorm sein.«
»Okay.« Jonah zuckte mit den Schultern. »Und was willst du damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass du für so etwas zu jung bist.«
»Der Baron denkt das nicht.«
»Der Baron« ,David sprach den Namen mit noch mehr Verachtung aus als sonst, »Der Baron führt dich auf einen sehr gefährlichen Pfad.«
»Ach ja?«, meinte Jonah sarkastisch. »Kannst du mir erklären, warum unsere Abteilung heute mehr Geld verdient hat als du in deinem ganzen Leben?«
David schnaubte. »Vermutlich haben wir eine unterschiedliche Auffassung davon, was es bedeutet, Geld zu verdienen. Und ich als dein Vater –«
Jonah schnitt ihm das Wort ab. »Die Vaterkarte? Wirklich, Dad? Das ist dein einziges Argument? Du hast so viele Jahre Zeit
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