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Dead Cat Bounce

Dead Cat Bounce

Titel: Dead Cat Bounce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nic Bennett
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gehabt, um ein Vater zu sein, aber wenn ich mich recht erinnere, hast du mich stattdessen einfach ins Internat abgeschoben.«
    »Jonah, ich –«
    Jonah redete einfach weiter. »Was ja auch gar nicht so schlimm gewesen wäre, wenn du mich nicht völlig ignoriert hättest, wenn du wenigstens ein paarmal zu einem Wettkampf gekommen wärst oder mir hin und wieder eine Karte geschickt hättest, aber stattdessen ist dir immer nur dann eingefallen, dass es mich überhaupt gibt, wenn du mir etwas verboten hast. Was ja an und für sich auch okay ist – schließlich machen Väter das die ganze Zeit –, aber so, wie du dir das vorstellst, läuft das nicht.«
    »Ich wollte doch nicht, dass es so weit kommt. Aber seit Afrika«, David versagte die Stimme, »und dann habe ich meinen Job und deine Mutter verloren …«
    »Jetzt gib doch nicht Mom die Schuld daran. Ihr hattet einander verdient. Ihr tut doch beide so, als hättet ihr nie einen Sohn gehabt.«
    »Jonah, das ist nicht wahr. Ich …«
    Jonah wehrte ab. »Entschuldige mich bitte. Ich geh jetzt ins Bett. Morgen muss ich früh raus.« Er verließ das Wohnzimmer und ging zur Treppe. »Und komm mir nicht nach«, fügte er noch hinzu.
    David blieb sitzen.

21
Freitag, 12. September
    »Allegro fällt weiter«, rief Dog, während er aufsprang.
    »Blitzkrieg! Blitzkrieg! VERKAUFEN!«, brüllte der Baron.
    Großartig, dachte Jonah, als er die Schlagzeile auf seinem Bloomberg-Terminal las: »Allegro Home Finance kann sich kein neues Kapitel sichern. Übernahme oder Rettungsaktion einzige Chance zum Überleben.« In seiner Magengrube spürte er ein Gefühl wie Hunger: Er wollte noch mehr Firmenzusammenbrüche sehen, mehr plötzliche Kurseinbrüche, wollte miterleben, wie diese Krise das schlimmstmögliche Ende nahm. Das Gefühl machte ihm Angst, doch das wollte er sich nicht eingestehen, vor allem nicht nach der Standpauke seines Vaters gestern Abend. (Das und die Tatsache, dass seine eigenen Transaktionen inzwischen einen Gewinn von fünfzehn Millionen eingebracht hatten.)
    Sie hatten den ganzen Vormittag durchgearbeitet, verkauft, verkauft, verkauft, und den ganzen Nachmittag so weitergemacht, genau wie am Donnerstag und am Freitag. In Jonahs Kopf verschwammen die zahllosen Leerverkäufe im Bankensektor zu einem verschwommenen Fleck, während die Gewinne immer höher stiegen.
    Einhundertsechzig Millionen. Einhundertsiebzig Millionen.
    Es gab nur eine einzige Pause, um 1.46 Uhr am Donnerstag, dem 11. September, zum Gedenken an den Jahrestag des Terroranschlages auf das World Trade Center in New York. Jonah konnte sich noch gut an diesen Tag erinnern, obwohl er damals noch sehr klein gewesen war. Die Bilder waren überall gewesen: die zusammenbrechenden Türme, die Flammen, der Rauch, die Menschen, die sich in die Tiefe stürzten. Doch das war nicht der einzige Grund, warum sich ihm diese Bilder so unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt hatten. Zwei Wochen vor dem Terroranschlag hatten ihm seine Eltern gesagt, dass sie sich scheiden lassen würden. Und eine Woche später war er ins Internat geschickt worden.
    Zwei Minuten lang war es still im Börsensaal, die Händler hatten den Kopf gesenkt, die blinkenden Lampen des Telekommunikationssystems waren ausgeschaltet und Jonah musste an die ersten Tage und Monate im Internat denken, das Gefühl, allein und verlassen zu sein, jeden Morgen aufzuwachen und zu glauben, seine Mutter würde kommen und ihn abholen, und schließlich zu begreifen, dass das nie passieren würde. Jonahs Blick ging durch den Handelssaal, bis er seinen Vater gefunden hatte. Er spürte nichts als Enttäuschung.
    Plötzlich stieß ihn jemand in die Rippen. »Das war eine der besten Handelswochen aller Zeiten«, flüsterte ihm der Baron zu. »Ich hatte einen Mann dort, der nicht von der Stelle wich, als die Flugzeuge kamen. Er griff zum Telefon und informierte mich über alles. Der Markt ging in die Knie und ich habe damals eine Menge Geld verdient.«
    Jonahs Magen verkrampfte sich. »Ist er rausgekommen?«
    Der Baron schüttelte den Kopf. Dann sah er Jonah an. »Nein. Er wusste, dass er sterben würde. Er hat trotzdem geliefert. Das ist echte Loyalität.«
    Jonah spürte, wie sich die Haare auf seinen Unterarmen aufrichteten. Loyalität und Vertrauen, das hatte der Baron ihm gegeben und das erwartete er auch von ihm. Er war derjenige, der ihn angeleitet hatte, der seine Begeisterung für die Finanzbranche in die richtigen Bahnen gelenkt hatte, der ihn gefördert

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