Dead End: Thriller (German Edition)
Talaith hatte Bryony Angst davor gehabt, nicht mehr hübsch zu sein. Sie hatte geträumt, sie sei entstellt. Was, wenn das Feuer sie nun gar nicht hatte umbringen sollen? Wenn das lediglich die letzte Stufe der physischen und psychischen Folter gewesen war? Was, wenn sich vorhin irgendjemand lediglich vergewissert hatte, dass das Fenster sich öffnen ließ, und ihr einen Spiegel vors Gesicht gehalten hatte?
Das Piepsen einer eingehenden SMS ließ mich fast aus dem Bett springen. Ich schnappte mir das Handy vom Nachttisch. Joesbury. Oh, Gott sei Dank.
Bin aufgehalten worden, stand da. Bleiben Sie, wo Sie sind. Kontakt nur mit mir.
Oh, Gott sei Dank, Gott sei Dank. Während ich das wieder und wieder vor mich hin murmelte, glitt die Welt davon.
Der Mann, der jetzt Mark Joesburys Handy hatte, legte es sachte vor sich auf den Schreibtisch. »Wir haben höchstens noch vierundzwanzig Stunden«, sagte er. »Ist sie schon hinüber?«
Der Bildschirm des Computers vor ihm erwachte flackernd zum Leben, und er sah eine junge Frau vor sich, die im Bett lag und zu schlafen schien.
»Sollte sie eigentlich sein«, lautete die Antwort. »Da war genug von dem Zeug drin, um einen Elefanten plattzumachen.«
»Gehen wir sie holen?«, fragte der Dritte im Zimmer.
Der Mann am Schreibtisch schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht recht.«
»Ist unsere letzte Chance, und wenigstens wissen wir, dass dieser verdammte Köter weg ist.«
»Zu riskant. Da schnüffelt noch jemand rum. Wir erledigen sie morgen.«
»Und was ist mit Evi Oliver?«
»Die hat jetzt seit drei Wochen keine richtige Schmerzlinderung mehr erlebt, und wir haben sie uns so vorgenommen, dass sie kaum noch weiß, welcher Tag gerade ist. Laut Megan ist sie kurz vorm Durchdrehen.«
»Ist das gut? Wir hatten sie doch noch nicht bei uns.«
»Darauf werden wir vielleicht verzichten müssen. Wir haben nicht genug Zeit, beide zu verwenden, wir sollten sie einfach aus dem Weg schaffen. Das hatte von Anfang an Priorität.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Und außerdem hängt mein Herz nun mal an Laura.«
70
Dienstag, 22. Januar
»Laura! Laura, Sie müssen aufwachen!«
Eine Stimme, eine Hand, die sich durch die Dunkelheit hindurch zu mir herabstreckte. Ich musste da rauf. Wollte einfach nur schlafen.
»Vielleicht muss ich den Notarzt rufen. Kann mir mal jemand meine Tasche bringen?«
Eine Hand klatschte leicht gegen meine Wange. Evis Hand. Fast konnte ich ihr blasses, herzförmiges Gesicht über meinem sehen. Es verschwamm, wurde wieder deutlich, und ich wusste, sie wollte wirklich mit mir reden. Oh, aber Schlafen fühlte sich so toll an.
»Danke.« Wieder Evis Stimme. »Bleiben Sie bei ihr, sprechen Sie mit ihr.«
Jetzt war jemand anderes bei mir. Eins von den Mädchen aus dem Wohnheim. Ich konnte lange dunkle Haare und helle Haut sehen. Braune Augen, die in meine blickten. Langsam tauchte das Zimmer vor meinen Augen auf.
»Es geht schon«, sagte ich dem Mädchen und stellte mit seiner Hilfe fest, dass ich mich aufsetzen konnte. Ich befand mich in meinem Zimmer im College. Ein zweites Mädchen stand unsicher im Wohnzimmer. Von Tox war nichts zu sehen. Dann erschien Evi in der Tür.
»Es geht schon«, wiederholte ich und war mir nicht sicher, ob ich zu sehr viel mehr imstande war. Es fühlte sich an, als spräche ich durch ein dickes Fliegengitter. Oder durch eine Milchglasscheibe, wie in Badezimmerfenstern. Ich war drauf und dran, wieder wegzusacken. »Kein Notarzt«, presste ich mit Gewalt hervor.
Evi sah aus, als wolle sie widersprechen, dann wandte sie sich an die anderen Mädchen. »Vielen Dank«, sagte sie. »Kann ich Sie rufen, wenn ich Sie noch mal brauche?«
Verdattert, aber gehorsam verließen die beiden das Zimmer.
»Ich habe Sie immer wieder angerufen«, sagte Evi, als wir allein waren. »Ich war fast außer mir vor Sorge, als Sie nicht zurückgerufen haben.«
Ich zog die Bettdecke weg und schwang die Beine herum. Das Zimmer fing an sich zu drehen, und ich musste einen Moment lang die Augen schließen. Als ich sie wieder aufmachte, verriet mir der Wecker neben dem Bett, dass es halb zehn Uhr morgens war.
»Was ist denn passiert?«, fragte Evi. »Soll ich jemanden anrufen?«
»Einen Moment«, bat ich. Großer Gott, ich musste mich zusammenreißen.
Wie auf Autopilot fand ich einen Jogginganzug und Turnschuhe und zog beides an. Evi machte Anstalten, etwas zu sagen, und besann sich dann eines Besseren, doch nach ihrer Miene zu urteilen
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