Dead End: Thriller (German Edition)
passiert? Ganz ehrlich, Sie sehen so aus, wie ich mich fühle.«
Evi sah mich einen Moment lang an, dann schüttelte sie den Kopf. »Schlechte Neuigkeiten von zu Hause«, sagte sie. »Aber damit komme ich schon klar.«
Das stimmte nicht, doch dies war wohl kaum der richtige Zeitpunkt, einen Streit vom Zaun zu brechen. Vor allem, da das, was sie eben gesagt hatte, endlich bei mir angekommen war. Oh Mann, war ich schwer von Begriff.
»Evi, was haben Sie da gerade von Bäumen gesagt?«
»Wann?«
»Das mit Jessica. Was hat sie von Clowns erzählt, die an Bäumen erhängt worden wären?«
»Na ja, sie hat wirres Zeug geredet«, meinte Evi. »Alles Mögliche, dass sie durch einen Wald gerannt sei, von Fledermäusen und Clowns, die Tee getrunken haben. Sie hat gesagt, da hätten Clowns an Bäumen gehangen. Ich fand das einfach eine besonders bizarre Vorstellung.«
»Eine von der Sorte, die man nicht vergisst«, sagte ich. »Okay, ich muss noch etwas erledigen. Fahren Sie jetzt nach Hause?«
»Was ist denn?«, fragte Evi. »Was ist Ihnen eingefallen?«
»Wahrscheinlich ist es nichts weiter«, beschwichtigte ich. »Ich muss bloß etwas überprüfen. Ich komme später vorbei, wenn Ihnen das recht ist. Nur um mit dem Hund zu gehen.«
Ich ging mit Evi zu ihrem Wagen und winkte ihr nach.
Sobald sie fort war, eilte ich zu meinem Auto und sah mir die Landkarte an. An dem Tag, an dem ich meine Begegnung der dritten Art mit dem Bussard gehabt hatte, hatte ich mich in einem kleinen Wäldchen wiedergefunden, in dem ich mich nicht nur ernsthaft gegruselt hatte, sondern das auch noch ganz nahe bei einem Industriegelände lag, mit dem Scott Thornton in Verbindung stand. Einem Industriegelände, auf dem es noch immer eine alte Gießereiglocke gab, die Foundry Bell. Bell, hatte Bryony geschrieben. Bell.
Jessica hatte von einem Hund gesprochen, der sie gefunden hatte. Das Industriegelände war nicht weit von Nicks Haus entfernt. Am Freitagabend, als ich auf seiner Party gewesen war, war Jessica verschwunden gewesen. Ich hatte eine Frau schreien hören. Kurz darauf war Schnuffel aufgetaucht.
Joesbury hatte gesagt, ich solle bleiben, wo ich war. Und ob es mir nun besser ging oder nicht, ich war nicht in der richtigen Verfassung, um in Cambridgeshire herumzukurven. Aber ich hatte keine Ahnung, wann er zurück sein würde, und ich konnte mich des grauenhaften Gefühls nicht erwehren, dass uns die Zeit davonlief. Ich zog mein Handy heraus und schrieb eine SMS .
Bell Foundry Industrial Estate, 11:00, tippte ich und drückte dann auf »Senden«. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass etwas schiefging, würde Joesbury wissen, wo ich war.
Der große dunkelhaarige Mann stieg gerade in sein Auto, als der Anruf kam. »Sie hat’s ausgeknobelt«, sagte die Stimme. »Kannst du gleich rüberfahren?«
»Ich dachte, Scott ist da?«
»Ich kriege ihn nicht zu fassen. Vielleicht ist er kurz raus, um sich was zu essen zu holen. Was bedeutet, er hat nicht alles runtergefahren und den Alarm nicht scharf gestellt. Du weißt ja, wie er ist.«
»Bin schon unterwegs. Was soll ich mit ihr machen?«
»Sie festhalten. Die wissen auch von den Drogen. Wir müssen es heute machen.«
Evi schluchzte, als sie die Haustür öffnete. Die Fahrt zum St. John’s College hatte sie den letzten Rest ihrer Kräfte gekostet, und jetzt hatten die Schmerzen, die sich ihr Bein und ihren Rücken entlangzogen, ihren Kopf erreicht. Es fühlte sich an, als wäre ihr Gehirn angeschwollen und drückte gegen die Knochen ihres Schädels.
Harry. Einfach nur zu wissen, dass er irgendwo auf der Welt existierte und vielleicht sogar an sie dachte, kam ihr wie blanke Seligkeit vor, verglichen mit dem, was sie jetzt hatte. Sie war vierunddreißig, hatte vielleicht noch vierzig Jahre zu leben und wusste nicht, wie sie die nächsten zehn Minuten überstehen sollte.
Schnuffel kam schwanzwedelnd durch die Küche getappt und drückte seine feuchte Nase in Evis Handfläche. Sie tätschelte den Hund und hinkte durch den Flur und in ihr Schlafzimmer. Nur noch ein bisschen länger, nur noch ein paar Tage, bis Laura sie nicht mehr brauchte. Sie legte sich aufs Bett und zog sich die Steppdecke um die Schultern.
Ich brauchte kaum eine Viertelstunde bis zu dem Industriegelände, fuhr daran vorbei und bog ein Stückchen weiter in eine kleine Haltebucht. Das Letzte, worauf ich Lust hatte, war aufrecht zu stehen, geschweige denn, mich vorwärtszubewegen. Andererseits, wenn ich mich dem
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