Dead End: Thriller (German Edition)
würde sie nicht lange stumm bleiben. Allein schon das Anziehen erschöpfte mich. Als ich fertig war, setzte ich mich wieder aufs Bett.
»Sieht aus, als hätten Sie recht gehabt«, sagte ich. »Mit den Drogen. Irgendwas hab ich intus. Fragen Sie mich nicht, wann und wie das passiert ist, aber …«
»Wir müssen Sie ins Krankenhaus bringen …«, setzte Evi an.
»Keine Zeit«, unterbrach ich sie. »Ich bin okay. Ich fühl mich nur total verkatert. Frische Luft, Kaffee, was zu essen, dann bin ich wieder obenauf.« Um dies zu beweisen, schaffte ich es aufzustehen, ohne zu schwanken. »Buttery?«, schlug ich vor. Ich musste wirklich aus diesem Zimmer raus. Evi jedoch machte keinerlei Anstalten, den Raum zu verlassen.
»Wie machen die das?«, fragte sie und sah sich um. »Erzählen Sie mir genau, was Sie gestern Abend alles getan haben.«
An die Tür gelehnt, erstattete ich Bericht, einschließlich der Tatsache, dass ich den ganzen Abend nichts anderes als Leitungswasser zu mir genommen hatte. Sie rollte ihren Stuhl dichter ans Waschbecken heran. »Leitungswasser ist unmöglich«, murmelte sie halblaut vor sich hin. »Und wenn die reingekommen wären und Ihnen eine Spritze verpasst hätten, wären Sie aufgewacht.« Sie streckte die Hand aus, nahm meine Zahnpasta und roch daran.
Ich schüttelte den Kopf. »Zahnpasta? Das soll wohl ein Witz sein.«
» LSD wird normalerweise mit kleinen Papierstückchen eingenommen, die man sich auf die Zunge legt«, erklärte sie. »Im Mund werden Drogen sehr schnell aufgenommen. Haben Sie Mundwasser benutzt?«
Ich nickte.
Evi steckte Zahnpasta und Mundwasser in ihre Tasche und zog den Reißverschluss zu. »Okay«, sagte sie. »Nichts wie raus hier.«
Wir gingen zur Buttery und besorgten starken Kaffee für uns beide und Toast für mich. Ich fühlte mich immer besser. Noch immer ziemlich mies, aber auf dem aufsteigenden Ast. Bei Evi dagegen schien das nicht so zu sein. Es war, als hätte meine Rettung sie völlig erschöpft. Ihr Gesicht war gerötet und verquollen, ihre Augen blutunterlaufen. Jede Falte in ihrem Gesicht verriet mir, dass sie Schmerzen hatte, und ihre Stimme war die einer Schwerkranken. Oder die einer Frau, die die ganze Nacht geweint hatte.
»Haben Sie das von Bryony gehört?«, fragte ich, als wir beide ein Stück entfernt von allen anderen an einem Tisch Platz genommen hatten.
Sie nickte. »Heute Morgen.« Sonst schien es nicht viel zu sagen zu geben.
»Wie geht’s Jessica?«, erkundigte ich mich.
»Sie ist am Leben«, antwortete sie. »Ich glaube, alles andere ist im Augenblick ein Geschenk.«
»Hat sie irgendwas gesagt?«
Evi nickte. »Deswegen habe ich ja versucht, Sie anzurufen. Gestern Abend war sie ziemlich aufgeregt. Das meiste war nur das übliche Gerede über Clowns. Clowns, die sie verfolgt hätten, Clowns, die sie überfallen hätten, Clowns, die an Bäumen erhängt worden wären. All das, wovon ihre schlimmen Träume handeln.«
Die Welt schien noch immer in Zeitlupe abzulaufen. Oder vielleicht lag das ja auch an mir. Ich schloss kurz die Augen und atmete tief durch.
»Und ein Hund. Sie hat immer wieder von einem Hund geredet. Dass sie es geschafft hätte, wegzulaufen und sich in einem Graben zu verstecken, aber der Hund hätte sie gefunden.«
Der Raum drehte sich. Ich öffnete die Augen wieder und bemerkte, dass Evi verstummt war und einfach nur ins Leere starrte. Ihr Körper saß mir immer noch am Tisch gegenüber, doch Evi selbst war ganz woanders.
»Evi?« Ihre dunkelblauen Augen zuckten zu mir zurück. Sie schwammen in Tränen. »Sie haben gerade von Jessica gesprochen«, hakte ich sanft nach.
Evi schüttelte sich ein wenig. »Ja, dann hat sie angefangen, von ihrem Zimmer im St. Catharine’s College zu reden«, erzählte sie weiter. »Dass es ihr Zimmer wäre, aber nicht ihr Zimmer, dass sie es verändert hätten, es ganz schlimm gemacht hätten, und dass sie sie die ganze Zeit beobachten würden.«
»Klingt genau wie bei Bryony.«
»Das finde ich auch. Deswegen musste ich ja mit Ihnen sprechen. Und dann ist da noch was, Megan Prince hat mich gestern Abend angerufen und mich gebeten, mich heute mit ihr zu treffen. Ich war um neun da, aber sie ist nicht aufgetaucht. Sie geht auch nicht ans Telefon. Aber ich will ihr nicht zu offensichtlich auf den Pelz rücken.«
»Nein«, stimmte ich zu. »Warten Sie, bis sie sich wieder bei Ihnen meldet.«
Sie nickte. »Ja, das dachte ich auch.«
»Evi«, sagte ich, »ist sonst noch was
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