Dead End: Thriller (German Edition)
Schrei, der durch die Baumkronen emporstieg. Irgendwo hoch über mir antwortete ein Raubvogel wie ein Echo.
78
Die dunkelblaue Limousine hielt, und die Beifahrertür schwang wie von selbst auf. Joesbury stieg ein. Der Fahrer trug die Uniform eines Pedells vom St. John’s College.
»Danke, Kumpel«, sagte Joesbury. »Wie sieht’s aus?«
George blinkte und scherte in den Verkehr ein, woraufhin der Fahrer des Wagens hinter ihnen mit aller Wucht auf die Bremse stieg und die Hände hochriss.
»Hammond hat den zuständigen Polizeichef bearbeitet und sofortige Verstärkung angefordert«, antwortete George. »Die hiesigen Kollegen sind nicht gerade begeistert, aber fürs Erste machen sie mit. Wir haben Fahndungsmeldungen nach Nick Bell und Scott Thornton rausgegeben, aber bisher fehlt von beiden jede Spur. Der Antrag auf Haftbefehl gegen Megan Prince wurde abgelehnt, weil sie gestern Abend ums Leben gekommen ist. Laut Polizeibericht ein häuslicher Unfall. Ist die Treppe runtergefallen, mit ’ner Dreiviertelflasche Rotwein intus. Ist allerdings ganz interessant, ihr Freund ist ein ziemlich hohes Tier bei der Kriminalpolizei von Cambridge. Ein Kerl namens John Castell, hat auch in Cambridge studiert. Sagt Ihnen das was?«
»Kann ich nicht behaupten, aber Sie haben recht, das ist interessant. War an Princes Tod irgendwas verdächtig?«
»Den vorläufigen Berichten nach nicht, aber so was gibt einem doch zu denken, nicht wahr?«
Joesbury konnte dem nur zustimmen. »Die halten uns also immer noch auf Trab, wie?«, fragte er.
»Der Einzige, den wir einkassiert haben, ist Jim Notley, DC Flints durchgeknallter Bauer. Sitzt jetzt auf der Wache von Cambridge in der Arrestzelle und behauptet steif und fest, er hätte lediglich ein Stück Land verpachtet, er wüsste von nichts, und er will einen Anwalt. Könnte die Wahrheit sein. Ehrlich gesagt, besonders helle scheint der nicht zu sein. Wir haben Wagen bei Notleys Hof, vor Dr. Olivers Haus und in der St. Clement’s Road vor der Nummer 108 postiert. Bei Bells Farm und auf dem Industriegelände auch. Außerdem haben wir eine Fahndungsmeldung nach Talaith Robinson rausgegeben, DC Flints Mitbewohnerin.«
Der rasche Blick zur Seite ließ einen grellen Schmerzblitz durch Joesburys Kopf schießen.
»Ihr Wagen ist keine Stunde, nachdem Sie im College aufgekreuzt sind und behauptet haben, Sie wären mit DC Flint verwandt, in einen Hinterhalt geraten«, bemerkte George. »Wer hat Sie beide noch zusammen gesehen?«
»Großer Gott, die ist doch noch ein halbes Kind.«
»Sie ist sechsundzwanzig, Sir, älter, als sie aussieht. Und sie ist auch nicht als Talaith Robinson zur Welt gekommen, sondern als Talaith Thomas. Robinson war der Name ihres Stiefvaters. Ihr eigener Vater hat sich die Birne weggepustet, als sie drei war. Sie und ihr Bruder, dieser Iestyn Thomas, den wir für Sie ausfindig machen sollten, haben die Leiche gefunden.«
»Irgendwann werden Sie mir sagen müssen, was mit Lacey ist«, sagte Joesbury, und der Name schien an der Innenseite seines Mundes hängen zu bleiben.
George wandte zum ersten Mal den Blick von der Straße ab. »Ihr Auto steht immer noch bei den Backs«, antwortete er. »Im College ist sie nirgends zu finden, aber ihre Autoschlüssel und ihre Tasche sind in ihrem Zimmer.«
Die Ampel vor ihnen sprang auf Gelb. George trat aufs Gas, und der Wagen schoss über die Kreuzung, gerade als sie rot wurde.
»Seit heute Morgen hat sie niemand mehr gesehen«, fuhr George fort. Er bog ab und fuhr schneller. Eine Woge der Übelkeit flutete über Joesbury hinweg. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und richtete den Blick lieber auf den Nachthimmel als auf die Autoscheinwerfer, die auf sie zugerast kamen. Der Mond hing tief; er war von blassem Orangegelb, fast voll.
»Laut ein paar Mädchen auf ihrem Flur ging’s ihr nicht gut«, berichtete George. »Gegen halb zehn ist eine Ärztin vor ihrer Zimmertür aufgetaucht – anscheinend von sich aus, gerufen hatte sie niemand –, und sie mussten Lacey aufwecken. Die Ärztin war jung und hat beim Gehen deutlich gehinkt, wir können also davon ausgehen, dass es Evi Oliver war. Die beiden sind zum Frühstücken in die Buttery rübergegangen, und danach haben wir sie aus den Augen verloren. Dr. Oliver ist weder in der Praxis aufgetaucht, wo sie arbeitet, noch in ihrem Büro im College. Ihre Kollegen haben den ganzen Tag versucht, sie zu erreichen, und zu Hause macht sie auch die Tür nicht auf.«
Joesburys
Weitere Kostenlose Bücher