Dead End: Thriller (German Edition)
für wichtig hält.«
Irgendetwas in Megs Stimme ließ ahnen, dass sie diese Vorstellung erheiternd fand. »Ist er gerade da?«, fragte Evi.
Eine Pause. »Könnte sein«, erwiderte Meg mit einem unverkennbaren Lächeln in der Stimme.
»Okay, okay, ich leg ja schon auf. Mach dir noch einen schönen Tag, Meg.«
»Ich lasse die Ladys dann mal plaudern«, meinte Joesbury. Er ging zu einem Esstisch am anderen Ende des Zimmers hinüber und zog einen der Stühle heraus. Vorhin hatte er sich den Daily Mirror gekauft. Er schlug die Sportseite auf und stützte den Kopf in die Hand. Jetzt hatte er die beiden Frauen gut im Blick, und es würde so aussehen, als sei er mit der Zeitung beschäftigt.
Danielle Brown war ein Wrack. Anders konnte man es wirklich nicht sagen. Die junge Frau war fünfundzwanzig, sah aber zehn Jahre älter aus. Sie hatte fünfzehn Kilo Übergewicht, schwere Akne und kratzte sich ununterbrochen. Vor anderthalb Stunden waren er und Flint in der kleinen Kanzlei eingetroffen, wo sie als Rechtsanwaltsgehilfin arbeitete. Sie hatten sich vorgestellt und sie gebeten, sich während ihrer Mittagspause mit ihr unterhalten zu dürfen. Sie hatte bereitwillig zugestimmt, schien sich fast über die unerwartete Aufmerksamkeit zu freuen. Um ein Uhr hatten sie sie zu dem Haus am Stadtrand gefahren, wo sie mit ihren Eltern wohnte.
Es war eine große Doppelhaushälfte aus den Dreißigerjahren, mit großen Zimmern, hohen Decken und Jugendstilfenstern. Das gewaltige offene Wohnzimmer (zwei Räume, die durch einen Durchbruch verbunden worden waren) war voller Fotos von Danielle als Schulmädchen und junger Studentin. Sie war schlank und sportlich gewesen, mit langem, glänzendem braunem Haar. Jetzt war ihr Haar kurz, der Schnitt eher pflegeleicht als schmeichelhaft. Dies hier hätte eine völlig andere Frau sein können.
»Ich hab von diesem Mädchen gelesen«, sagte sie gerade zu Lacey, während sie an einer trockenen Hautstelle auf der Innenseite ihres Handgelenks herumpuhlte. »Die, die sich an Michaeli selbst angezündet hat. Ist sie tot?«
»Sie ist sehr schwer verletzt«, antwortete Lacey. »Ob sie wieder gesund wird, ist nicht sicher.«
»Und dann die diese Woche. In der Zeitung stand nichts Genaues. Was ist mit der passiert?«
»Wir glauben, sie hat vielleicht absichtlich einen Autounfall gebaut«, erwiderte Lacey. »Danielle, ich stelle Ihnen jetzt ein paar Fragen, die zu beantworten Ihnen vielleicht schwerfallen wird. Es tut mir wirklich leid, Sie zu belasten, aber ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre. Okay?«
Aus dem Augenwinkel sah Joesbury, wie Danielle nickte. Sie machte ein skeptisches Gesicht, aber er fand, dass sie auch neugierig aussah. Er schaute wieder auf die Zeitung hinab und wartete auf die unvermeidliche Frage nach dem angeblichen sexuellen Missbrauch.
»Danielle«, fragte Lacey, »als Sie in Cambridge waren, hatten Sie da jemals Angst?«
Joesbury wurde klar, dass er seit zwanzig Minuten nicht mehr umgeblättert hatte. Danielle bekam gerade eine geballte Ladung Gratis-Therapie von Lacey, die eindeutig ihre Berufung als Studentenbetreuerin verfehlt hatte. Ansonsten jedoch hatten sie wenig Fortschritte gemacht.
Schon bevor sie hier angekommen waren, hatte er gewusst, dass Danielle Mühe gehabt hatte, mit dem Leben in Cambridge klarzukommen, denn er hatte ihre Akte recht gründlich studiert. Sie hatte Abgabetermine versäumt, Vorlesungen und Tutorien vergessen und häufig verschlafen. Ihre Studienleistungen hatten in einem Ausmaß gelitten, dass die Fakultätsleitung erwogen hatte einzuschreiten. Er hatte bereits die Unterlagen des Psychologischen Beratungsdienstes eingesehen und wusste Bescheid über Danielles unbewiesene Behauptungen, nachts in ihrem Zimmer sexuell missbraucht worden zu sein. Was ihm nicht bekannt gewesen war, war das, was Lacey zutage gefördert hatte. Die Tatsache, dass Danielle Angst gehabt hatte, bevor sie sich an einer Eiche zu erhängen versucht hatte.
»Eine unserer Vermutungen«, erklärte Lacey gerade, »ist, dass Studenten, die entsprechend anfällig sind, durch Online-Schikane dazu gedrängt werden, sich etwas anzutun. Waren Sie je auf einer Website oder in einem Chatroom, wo es um Selbstmord ging, als Sie in Cambridge waren?«
Danielle nickte. Joesbury lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und beobachtete sie. Von da aus, wo die beiden Frauen saßen, konnte Lacey ihn sehen, Danielle nicht.
»Ich musste einfach wissen, dass es da draußen noch
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