Dead End: Thriller (German Edition)
Springen, einmal Pulsadern-Aufschneiden, dreimal Überdosis. Drei davon waren Medizinstudenten gewesen, einer im dritten Semester (der, der gesprungen war) und zwei im ersten (der mit den Pulsadern und eine Überdosis). Evi schaute abermals auf die Uhr und griff zum Telefon.
»Ich habe Ihren Freund Nick Bell überprüft«, sagte Joesbury, als sie die A1 erreichten.
»Und?« Laceys Kopf zuckte den Bruchteil einer Sekunde schneller in seine Richtung herum, als ihm lieb gewesen wäre.
»Blitzsauber, aber wir behalten ihn im Auge.«
»Ich könnte ihm doch mal ganz zufällig begegnen. Und versuchen, ihn ein bisschen besser kennenzulernen.«
Sie wollte ihn ein bisschen auf die Palme bringen. Zumindest hoffte er das. »Bleiben Sie mit Ihren Gedanken bei der Arbeit, Flint. Ihr ungewöhnliches Liebesleben können Sie wieder aufnehmen, wenn wir Sie von dem Fall abziehen.«
Sie antwortete nicht. Als er ihr einen raschen Blick zuwarf, blickte sie starr geradeaus, die rosa nachgezogenen Lippen ein klein wenig geschürzt. Sie schmollte. Ihm war nie aufgefallen, wie voll ihre Unterlippe war.
»Außerdem können wir jemanden in die Gemeinschaftspraxis einschleusen, in der er arbeitet, um seine Computer zu überprüfen«, fuhr Joesbury fort und richtete den Blick entschlossen wieder auf die Straße. »Wenn er sich auf irgendwelchen fragwürdigen Internetseiten rumgetrieben hat, dann werden wir das bald wissen.« Sie starrte noch immer das Armaturenbrett an. »Wird etwa eine Woche dauern, das anzuleiern.«
»Und wie?« Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Sie können doch nicht einfach vor jemandes Tür aufkreuzen und sagen, Sie möchten sich mal seine Festplatte ansehen.«
Im Radio begann Michael Bublé davon zu singen, dass dies ein neuer Morgen und ein neuer Tag sei. Nicht seine Lieblingsversion, aber ein guter Song. Joesbury streckte die Hand aus, um ein klein wenig lauter zu drehen. Sollte er diese letzte Bemerkung einfach unbeachtet lassen? Das wäre wahrscheinlich besser.
»Zuerst schicken wir denen ein Virus, das nur schwer zurückzuverfolgen ist«, meinte er. »Gerade genug, um das System ein bisschen aufzumischen. Dann leiten wir ihre Telefonate aus dem Gebäude um, so dass wir den Anruf bei ihrem IT -Notdienst abfangen können, wenn sie Hilfe brauchen. Und dann schicken wir am selben Nachmittag jemanden hin.«
»Das ist echt hinterhältig.«
»Sie haben doch im Wörterbuch die Bedeutung von ›verdeckte Operation‹ nachgeschlagen, bevor Sie diesen Job angenommen haben, Flint, oder?«
Sie gab ein leises Atemgeräusch von sich, das vielleicht sogar ein kleines Kichern hätte gewesen sein können, und ihn überkam schon wieder dieses Gefühl. Das, das er immer hatte, wenn er mit ihr zusammen war, selbst wenn die größte Ladung Scheiße aller Zeiten gerade in alle Richtungen flog. Dieses Gefühl, das ihm sagte, dass es keinen Ort auf der ganzen Welt gab, wo er lieber sein wollte.
»Meg, hab ich dich geweckt?«
Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann das Geräusch von raschelndem Stoff. Ein Knarren, und möglicherweise ein Gähnen. Meg lag noch im Bett.
»Nö, bin hellwach«, antwortete sie mit ihrer üblichen kratzigen frühmorgendlichen Raucherstimme. »Nur noch nicht ganz da. Heute ist mein freier Tag, und ich hab meine Koffeindröhnung noch nicht intus. Was gibt’s denn, Evi?«
»Entschuldige, das wusste ich nicht. Ich rufe dich nächste Woche an.«
Noch mehr Stoffrascheln, ein Ächzen. »Nein, nur zu.«
Evi nannte das Jahr, in dem sie beide im St. John’s College studiert hatten, Evi im ersten Semester, Megan im dritten. »Fünf Selbstmorde«, sagte sie. »Das einzige andere Mal bis auf die letzten fünf Jahre, dass in dieser Hinsicht irgendetwas Außergewöhnliches passiert ist. Wie viel weißt du noch davon?«
Einen Moment lang Stille, während Megan nachdachte und sich im Bett in die Höhe stemmte.
»Nicht mehr viel, um ehrlich zu sein«, antwortete sie dann. »Aber, Evi, vor fünfzehn Jahren, da war das Internet doch noch ganz am Anfang. So ein Online-Terrorisieren und -Anstacheln wie das, von dem du gesprochen hast, wäre damals gar nicht drin gewesen. Ich sehe nicht, inwiefern das relevant sein könnte.«
Da war etwas dran. »Stimmt.«
Ein kleiner Seufzer. »Hör zu, Evi, ich bin mir wirklich nicht sicher, ob du dich im Moment damit beschäftigen solltest. Dir geht’s doch selber alles andere als gut. Lass mich das an John weitergeben. Der kann es weiterverfolgen, wenn die Polizei es
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