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Dead Man's Song

Dead Man's Song

Titel: Dead Man's Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troll Trollson
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niemand offen so nannte.
    »Oh, hallo, Weeks«, sagte der Leichenbeschauer, als würde er ihn erst in diesem Moment erkennen, was in etwa genauso war, als bemerkte er plötzlich ein Rhinozeros am Frühstückstisch. »Was haben wir?«
    »Eine tote junge Schwarze in der Küche«, antwortete Ollie.
    Der Name des Leichenbeschauers lautete Frederick Kurtz, ein Nazischwein, wie Ollie kein zweites kannte. Er hatte sogar ein kleines Hitlerbärtchen unter der Nase. Und eine kleine schwarze Arzttasche wie ein wahnsinniger Doktor in Buchenwald. Sein zerknautschter Anzug sah aus, als hätte er die ganze letzte Woche darin geschlafen. Er war außerdem schwer erkältet. Holte ständig sein schmutziges Taschentuch aus der Gesäßtasche und schneuzte hinein, dieser verdammte Nazi. Ollie folgte ihm in die Küche.
    Die junge Frau lag auf dem Rücken vor dem Spülstein, das Messer noch immer im Körper. Das war in der Tat ein verzwickter Fall. Um eine tödliche Stichverletzung zu diagnostizieren, war ein verdammter Nazi-Raketenwissenschaftler nötig! Niemand hatte bisher das Messer aus der Leiche herausgezogen, weil Regel Nummer eins verlangte, daß man nichts anrührte, solange der Leichenbeschauer das Opfer offiziell nicht für tot erklärt hatte. Ollie wartete, während Kurtz die Leiche wie ein Geier umkreiste und eine günstige Position suchte, aus der er die junge Tote untersuchen konnte. Er stellte den Koffer neben ihr auf den Boden und beugte sich dicht über ihren Mund, als hoffte er, einen leisen Atemhauch von ihren Lippen aufzufangen. Ollie dachte, wenn das Mädchen noch atmen sollte, wäre sie bis zum Abend heiliggesprochen. Sie wäre die erste schwarze Heilige aus dieser Stadt. Kurtz legte seinen Zeigefinger und Mittelfinger seitlich an ihren Hals und tastete nach einem Puls in der Halsschlagader. Keine Chance, dachte Ollie.
    »Glauben Sie, sie ist tot?« fragte er. Er versuchte zu klingen wie John Wayne, aber heraus kam W. C. Fields. Ollie versuchte manchmal, Tom Hanks, Robin Williams und Robert De Niro zu imitieren, aber seltsamerweise klang es immer wie W. C. Fields. Er merkte das nicht. Er hielt all seine Versuche für gelungen und betrachtete sich selbst häufig als Mann mit goldenen Ohren. Kurtz erkannte Sarkasmus auf Anhieb, sogar wenn er aus dem Mund eines fetten Detectives kam, der weder aussah noch klang wie ein Cowboy. Er gab keine Antwort. Statt dessen setzte er das Stethoskop auf die Brust des Mädchens, obwohl er längst wußte, daß sie mausetot war, um es ganz unmedizinisch auszudrücken. Er setzte seine Untersuchung fort und tat so, als wäre Ollie gar nicht da, was unter allen Umständen mehr als schwierig war. Eine Stimme aus dem Schlafzimmer ließ Kurtz zusammenzucken, da sie seine frühere Frage wie ein Echo wiederholte.
    »Wer hat hier die Leitung?« fragte Monoghan.
    Dieselbe dämliche Frage von einem anderen Idioten, der es besser wissen mußte, dachte Ollie. In dieser Stadt war der Detective, der den Notruf als erster aufnahm, auch der Cop, der von diesem Moment an offiziell in dem Fall ermittelte. Detective Monoghan, sein Partner Monroe und verschiedene andere Detectives des Morddezernats wurden zu jedem Mord in ihrem Zuständigkeitsbereich geschickt, um in beratender und überwachender Funktion tätig zu werden. Der Grund für ihre Existenz war der, daß diese Stadt ein bürokratischer Monolith war, den in Gang zu halten mehr kostete, als ein ganzes afrikanisches Entwicklungsland ein Jahr lang über die Runden zu bringen.
    In dieser Stadt waren zehn Personen nötig, um die Arbeit von einer zu leisten. Diese Stadt stellte High-School-Versager ein, steckte sie in Anzüge und lehrte sie dann, die Öffentlichkeit mit Gleichgültigkeit zu behandeln. Wenn man in dieser Stadt zum Beispiel die Kopie einer Geburtsurkunde oder einen Führerschein brauchte, stand man stundenlang in der Warteschlange, während irgendein Schwachkopf so tat, als bediene er einen Computer. Wenn er oder sie endlich begriffen hatte, weshalb man gekommen war, mußte man weitere anderthalb Stunden vor einem Postschalter anstehen, um einen Überweisungsbeleg zu ergattern, der bestätigte, daß man die geforderte Dienstleistung bezahlt hatte. Das lag daran, daß in dieser Stadt Verwaltungsangestellte kein Bargeld, keine Schecks oder Kreditkarten als Zahlungsmittel akzeptieren durften. Die Stadtväter kannten nämlich genau das Kaliber der Leute, die vom System mitgeschleppt wurden. Sie wußten, daß Bargeld im Handumdrehen verschwand,

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