Dead Man's Song
Sie andere Sinatra-Songs?«
»Klar.«
»Welche?«
»Strangers When we Meet?«
»Das war ein Buch.«
»Nein, es war ein Song.«
»Der Song hieß Strangers in the Night.«
»Ach ja, stimmt.«
»Kennen Sie irgendwelche Beatles-Songs?«
»Natürlich.«
»Welche?«
»Den über Diamanten?«
»Lucy in the Sky with Diamonds?«
»Genau, das ist er.«
»Noch andere?«
»Klar, aber ich kann mich auf Anhieb nicht an die Titel erinnern.«
»An welche Songs können Sie sich denn erinnern?«
»Na ja, zum Beispiel Back 2 Good von Matchbox 20?«
»Hm-m.«
»Und Bad. Von U2. Kennen Sie den?«
»Hm-m. An welchen sonst noch?«
»Wie wäre es mit Uninvited?«
» Hm-m.«
»Alanis Morrisette? Schon mal von ihr gehört?«
»Hm-m.«
»Criminal? Den müßten Sie eigentlich kennen. Als Cop. Fiona Apple?«
»Hm-m«, sagte Ollie. »Also, ich glaube, ich könnte einen dieser Songs für Sie lernen.« Er hatte die Titel längst wieder vergessen. »Wie ist es mit Satisfaction? « fragte er. »Kennen Sie Satisfaction?«
»Klar«, sagte Hildy. »Von den Rolling Stones.« Bingo, dachte Ollie.
Die kostenfreie 800er-Nummer wurde offiziell Police Information Network oder kurz PIN genannt. Das Team der zwölf Polizeibeamten, die die Anrufe entgegennahmen, nannte sich selbst »Verpfeif-Ratten-Schwadron«. Die Beamtin, die an diesem Dienstag eines der Telefone bediente, meldete sich jedoch mit: »Police Information Network, guten Morgen.«
Eine Frauenstimme sagte: »Ich habe das Überwachungsvideo aus Guido’s Pizzeria gesehen.«
»Ja, Ma’am?« sagte die Beamtin. »Wird dieser Anruf auf Band aufgenommen?« wollte die Frau wissen.
»Ja, Ma’am, das wird er«, antwortete die Beamtin.
»Haben Sie eine Anrufer-Identifikation?«
»Ja, Ma’am, die haben wir.«
Die Beamtin hatte die Anweisung, jede Frage eines Anrufers wahrheitsgemäß zu beantworten. Sie hielt das für absoluten Quatsch, aber so lautete der Befehl.
»Dann ist es ganz gut, daß ich aus der Firma anrufe, hm?«
»Das ist eigentlich egal, Ma’am, denn ganz gleich, was Sie uns erzählen, es bleibt auf jeden Fall absolut vertraulich.«
»Ich möchte aber nur mit einem Detective sprechen«, sagte die Frau.
»Soll ich einen Detective bitten, Sie zurückzurufen?« fragte die Beamtin.
»Ich bitte darum«, erwiderte die Frau.
Bert Kling unterhielt sich um kurz nach drei Uhr nachmittags mit ihr und suchte sie später im Laufe des Abends zu Hause auf. Sie wohnte in einem fünfstöckigen Haus ohne Fahrstuhl außerhalb des 87. Reviers in der Coral Street unweit des alten Regency-Theaters. Betty Young entpuppte sich als weiß und um die Dreißig, gutaussehend, dunkelhaarig und blauäugig. Sie erklärte ihm, sie wäre vor kaum zwanzig Minuten nach Hause gekommen. Als er eintraf, trug sie noch immer das Kostüm, das sie, wie er vermutete, an diesem Tag zur Arbeit getragen hatte. Sie stand an der Küchenanrichte, aß ein Twinkie und trank dazu ein Glas Milch. Sie fragte ihn, ob er auch auf irgend etwas Appetit hätte, und als er ablehnte, bat sie ihn in den Wohnbereich ihres Einzimmerapartments, wo sie sich auf dem Sofa niederließ und er ihr gegenüber in einem Sessel Platz nahm. Durch die Fenster hinter ihr konnte Kling die hohen Schornsteine eines Gebäudes ein paar Häuser weiter sehen, die das Panorama beherrschten.
Sie erzählte ihm, sie arbeite als Empfangsdame für die Steuerberatungsfirma, bei der er angerufen hatte, und sie sei ganz gut über die Runden gekommen, bis ihre Mutter im vergangenen August in Orlando, Florida, einen Schlaganfall erlitten habe. Deshalb könne sie die fünfzigtausend Dollar, die Guido’s als Belohnung ausgesetzt hatte, gut gebrauchen, denn die Arztkosten wüchsen ihr allmählich über den Kopf.
»Aber ich muß mich vergewissern«, sagte sie, »daß ich in dieser Sache beschützt werde. Es geht schließlich um Mord, wie Sie wissen.«
»Ja, Miss, ich weiß.«
»Also, welchen Schutz würde ich bekommen, wenn ich Ihnen erzähle, was ich weiß?«
Kling erklärte ihr, daß ihr Name geheimgehalten und sie nicht als Zeugin in einem möglichen Strafprozeß aufgerufen werden würde…
»Ich bin doch gar keine Zeugin«, fiel sie ihm ins Wort. »Ich habe nicht gesehen, daß jemand jemanden getötet hat.«
»Aber Sie verfügen über Informationen, die uns zu der Person oder den Personen führen würden, nicht wahr?«
»Ja, das tue ich. Der Punkt ist, wie kann ich sicher sein, daß mein Name nicht an die Öffentlichkeit
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