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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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Gedanken, die er aber nicht laut auszusprechen wagte. Er fand nämlich, dass sich das Wasser in der Tat schleimig anfühlte, aber nicht nur das, sondern auch salzig und lauwarm und dick wie verwässerte Gelatine. Und hätte ihn jemand gefragt, woran es ihn erinnerte, hätte er gesagt: an Fruchtwasser. An ein warmes, dampfiges Bad aus organischer Brühe, brodelnd und siedend, als trieben sie in der weltgrößten Plazenta. Denn er erinnerte sich, irgendwann in der High School gelesen zu haben, dass Fruchtwasser chemisch stark der Zusammensetzung der Urozeane der Erde ähnelte. Eine organische Flüssigkeit voller Potenzial.
    »Es lohnt sich nicht, darüber zu streiten«, sagte er schließlich, als er es leid wurde, den beiden zuzuhören.
    Fabrini schnaubte. »Wer streitet denn?«
    »Seid still, alle beide«, fuhr Saks sie an. »Seid mal ruhig ... Ich hör was da draußen.«
    Das brachte sie sofort zum Schweigen. Sie horchten und fühlten das Klopfen ihrer Herzen, den Atem in ihren Lungenflügeln. In diesem unheilvoll wabernden Nebel erwarteten sie nichts Gutes.
    Menhaus hörte es sofort und wunderte sich, dass er es nicht schon vorher wahrgenommen hatte: ein fernes dumpfes Geräusch, als reibe etwas rasch an etwas anderem entlang. Wump-wump. Wump-wump .
    »Ruder«, meinte Fabrini. »Das sind Ruder ... da rudert jemand!«
    Er hatte recht.
    Was sie hörten, waren Ruder, die sich in Ruderdollen bewegten. Sie knarrten und ächzten durch die Nacht. Das Geräusch kam näher, obwohl sich schwer einschätzen ließ, aus welcher Richtung.
    »He!«, rief Fabrini, voller Überzeugung, dass dort ihre Rettung nahte. » He! Hierher! Hier sind wir!«
    Und dann rief Saks auch, beide riefen sie hinaus in den Nebel, der ihre Stimmen als gespenstisch verfremdetes Zischen reflektierte. Menhaus rief nicht, denn ihm gefiel dieses Rudergeräusch nicht. Es klang zu hektisch, zu eilig, zu panisch.
    Das war kein vorsichtiges, tastendes Rudern, sondern eher eine Flucht.
    Aber Saks und Fabrini schienen das nicht zu bemerken oder wollten es nicht bemerken, und sie riefen weiter ... riefen, bis ein hoher, disharmonischer Schrei aus dem Nebel drang. Schrill und hysterisch, ein fast schon mädchenhaftes Kreischen.
    Keiner sagte etwas.
    Und jetzt kamen noch mehr Schreie aus dem Dunst. Männer kreischten und brüllten, und ihre Stimmen klangen aufs Äußerste entsetzt. Menhaus und die anderen hörten die Panik in diesen Schreien und wurden ganz klein und still. Denn was immer diesen unbekannten Männern in dem unsichtbaren Boot zustieß – es musste grauenvoll sein.
    Die Schreie erklangen jetzt nur noch vereinzelt.
    »Da hat jemand Probleme«, sagte Fabrini leise. »Am besten, wir paddeln mit unserer Kiste da rüber, am besten wir ... tun etwas.«
    Und Saks erwiderte sehr ruhig: »Nein, ich halte das nicht für eine gute Idee.«
    Diesmal widersprach Fabrini ihm nicht.
    Wartend trieben die drei Männer im trägen Wasser. Sie lauschten und horchten und wünschten sich, irgendwo anders zu sein. Denn sie klammerten sich an ihre Kiste wie drei kleine, vor Entsetzen erstarrte Jungen, die hörten, wie sich im Dunkel der Nacht etwas die Kellertreppe heraufschleppte.
    Und wenn es in diesem Moment geendet hätte, mit einem großen, fetten, ungelösten Geheimnis –, vielleicht hätten sie es noch verkraftet. Aber es endete nicht. Sie hörten platschende und dumpf schlagende Geräusche, Männer, die in einem Boot umherstolperten. Hohle, klopfende Geräusche. Feuchte Geräusche. Und dann über allem das gequälte, irrsinnige Schreien eines Mannes: »Oh Gott oh Gott oh Gott hilf mir so helft mir doch fass mich nicht an geh weg GEH WEEEE... «
    Und dann wurden die Schreie abrupt von einem lauten Krachen beendet, als hätte ein Stahlträger das Boot gerammt. Menhaus spürte, wie sich in ihm etwas verflüchtigte, eventuell sein Blut, eventuell seine Seele, und seine Haut schien sich zu verengen und die Muskeln sich zu verkrampfen und unwillkürlich zusammenzuziehen, als versuchten sie, seinen Körper kleiner zu machen, um eine geringere Angriffsfläche zu bieten. Sein Mund wurde knochentrocken, und er konnte sich nur noch an der Kiste festklammern.
    Was dann kam, war noch schlimmer.
    Zuerst klang es, als steige etwas Riesiges, Massiges aus einem Sumpf auf, und dann hörten sie ein tiefes, grollendes Knurren, das Menhaus an einen Tiger denken ließ, der in einen leeren Tunnel hineinbrüllte. Ein wilder, gutturaler Laut, der die Nacht zerriss. Und dann ... dann folgten

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