DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
um genau zu sein.«
Was George in seiner Stimme hörte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Es klang, als lese Gosling seine Antworten von einem Zettel ab und glaube selbst kein einziges verdammtes Wort davon. Wenn es da etwas zwischen den Zeilen zu lesen gab, dann das: Sicher, George, sie werden nach uns suchen. Genauso, wie sie nach allen Schiffen suchen, die spurlos verschwinden ...
»Wie lange werden diese Schwimmwesten uns tragen?«
»Lange genug.«
»Verdammt.«
»Keine Sorge. Sobald es hell wird, sehen wir uns um, ob wir was Brauchbares finden. Es sollte genug Zeug auf dem Wasser treiben. Normalerweise ist das der Fall.«
George konnte Goslings Silhouette im trüben Licht erkennen und vermutete, dass der Mann ihn in großem Stil anlog. Na ja, eventuell auch nicht, aber etwas schien definitiv faul zu sein. Also versuchte George, ihn ein bisschen zu ködern: »Sollte nicht schon längst jemand hier sein? Ein Rettungsschiff? Ein Flugzeug? Ein Hubschrauber?«
»Warum?«
»Wegen des Notrufs.«
Gosling schnaubte. »Es dürfte nicht ganz so leicht sein, uns hier zu finden.
»Und ›hier‹ ist wo?«
Aber darauf antwortete Gosling nicht. Und das war womöglich das Schlimmste von allem.
2
»Weißt du was, Fabrini?«, wetterte Saks. »Wenn irgendwann jemand den Arschloch-des-Jahres-Preis erfindet, werd ich dich dafür nominieren.«
Fabrini zeigte ihm den Mittelfinger, auch wenn man es im Halbdunkel nicht sehen konnte.
»Glaubst du, es hat noch jemand geschafft?«, fragte Menhaus.
»Sicher«, antwortete Saks nur.
»Da würde ich nicht drauf wetten«, widersprach Fabrini.
»Haltet die Fresse, ihr Vollidioten. Ich hab euch gesagt, ich hab euch beiden gesagt, ihr sollt zu den Scheißrettungsbooten gehen. Und? Habt ihr das gemacht?« Saks schlug mit der flachen Hand aufs Wasser. »Nein, ihr beiden Kackfratzen habt euch hingehockt und aneinandergeklammert wie zwei gottverdammte Schwuchteln. Ihr habt ja lieber geknutscht und gefummelt, statt was zu unternehmen, und jetzt haben wir den Salat!«
»Leck mich«, murmelte Fabrini.
Die drei hielten sich an einer großen Holzkiste fest. Da sie außerdem Schwimmwesten trugen, waren sie fürs Erste sicher. Saks hatte die beiden wie verwirrte Hundewelpen im Wasser paddelnd vorgefunden. Mit seiner gewohnten Herzlichkeit hatte er sie vom Schiff wegdirigiert. Bis Menhaus mit der Nase auf die Kiste stieß. Damit begann der Ärger. Fabrini und Menhaus bemühten sich mit allen Mitteln, auf sie hinaufzuklettern. Keine Chance. Die Kiste drehte sich im Wasser. Sie schrien und brüllten, kämpften miteinander, um auf das Teil zu kommen – so viel zu ihren Schwüren, sich gegenseitig den Rücken zu decken. Saks musste eingreifen und ihnen erklären, mit was für dreckfressenden, schlammkriechenden Misthaufenbewohnern ihre Mütter wohl Sex gehabt hatten, um zwei so degenerierte Flachwichser wie sie auf die Welt zu scheißen. Nach guten fünf Minuten Beschimpfung beruhigten sich die Männer und klammerten sich an verschiedenen Seiten der Kiste fest. Auf diese Weise konnten sie friedlich und sicher dahintreiben.
Menhaus beobachtete den Nebel. Er wusste, dass irgendwas daran verdammt komisch war, wollte den anderen aber nichts davon sagen. Vielleicht hoffte er, dass er es sich nur einbildete.
»Nein, Menhaus«, fuhr Saks fort, »ich weiß wirklich nicht, was du an Fabrini findest. Ist mir ein Rätsel, warum du den unbedingt abschlabbern willst. Sein Wurm ist kleiner als ein Bleistiftstummel, und er ist dümmer als ein Karton Rattenscheiße. Ich kapier’s nicht.«
Menhaus zwang sich zu einem leisen Lachen.
»Wenn das hier vorbei ist, Pissgesicht«, geiferte Fabrini, »werd ich mir dich mal gründlich vorknöpfen. Hast du gehört, was ich sage?«
»Yeah, ich hab dich gehört, du kleiner Arschficker«, gab Saks angewidert zurück. »Und du solltest mich mal sehen – ich werde gerade richtig rot. Ich hab mir noch nie von einem Spaghetti einen blasen lassen.«
»Du Arschloch!«, spuckte Fabrini. »Du Wichser! Ich bring dich um!« Er verlor den Halt und rutschte ins Wasser. Die Kiste bockte wild. Er kämpfte darum, sich irgendwo festzuhalten, rutschte aber immer wieder ab. Nun geriet er in Panik und schlug im Wasser wild um sich. Und endlich fanden seine Fingerspitzen eine Kante, an der er sich hochziehen konnte.
»Scheiße«, keuchte er. »Scheiße.«
»Hör auf herumzualbern, Schwachkopf«, schnauzte Saks.
»Jetzt haltet endlich die Klappe«, mischte Menhaus sich ein. »Ich bin
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