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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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er das nicht.
    Was ist es?, fragte er sich selbst. Was beunruhigt dich daran so sehr? Was du da zu hören glaubst, ist aller Voraussicht nach gar nichts, nur atmosphärische Störungen – oder die Küstenwache, die nach uns sucht. Das ist doch gut, oder?
    Er war sich da nicht so sicher.
    Denn nichts kam ihm hier richtig vor, nicht der Nebel und nicht dieses suppige, totenstille Meer. Und wenn wirklich ein vernunftbegabtes Wesen hinter diesem Summen steckte, dann bestimmt kein freundlich gesinntes.
    Verrücktes, paranoides Denken, keine Frage, aber dieser Nebel hatte etwas an sich, das zu solchen wilden, irrationalen Spekulationen inspirierte. Diese summenden Impulse oder Nachrichten, was auch immer sie sein mochten, kamen immer nur, kurz nachdem Cook einen Funknotruf abgesetzt hatte. Wenn nun jemand da draußen die Signale abfing und ihnen auflauerte?
    Und das war es, was Cook am meisten beunruhigte, was er nicht einmal sich selbst einzugestehen wagte. Denn einen zentralen Gedanken bekam er nicht aus dem Kopf: Was auch immer aus diesem Nebel kam, es konnte nichts Gutes sein.
    Auch Crycek hatte die Geräusche gehört, als er einmal das Funkgerät benutzt hatte. Danach zog er den Kopfhörer aus dem Ohr und raunte: »Verdammt seltsam ... dieses Geräusch, hast du das auch gehört? So ein Summen. Als wär da eine Heuschrecke, die mit uns reden will.«
    Und genau das hatte Cook auch gedacht, und der Gedanke war ihm unter die Haut gefahren und dort geblieben: Es klang wie eine Heuschrecke. Wie ein riesiges ekliges Insekt, das versuchte, Kontakt aufzunehmen.
    Aber wenn tatsächlich jemand oder etwas versuchte, sie zu finden, brauchte es nur den Funknotsignalen zu folgen, die das Rettungsboot automatisch aussandte.
    Du musst damit aufhören, ermahnte Cook sich, und zwar sofort!
    Natürlich musste er das. Er neigte von Natur aus nicht zu Nervosität oder Hysterie, und gerade deshalb beunruhigte es ihn umso mehr, dass er solche finsteren Gedanken und Vorstellungen wälzte.
    Er musste einen klaren Kopf behalten, denn er wurde den Eindruck nicht los, dass Crycek kurz davor stand, durchzudrehen. Viel fehlte nicht mehr.
    Cook dachte an die anderen. Hatten noch mehr Besatzungsmitglieder überlebt? Welche vom Bauteam? Er konnte sich kaum vorstellen, dass jemand wie Saks der See zum Opfer fiel. Ein Mann wie er ertrank nicht einfach so. Er starb durch eine Kugel oder ein Messer, aber nicht durch etwas so Prosaisches wie Ersaufen.
    Und die anderen?
    Ja, bei denen konnte er sich gut vorstellen, dass das Meer sie verschlang.
    Aber nicht Saks.
    Saks war zu sehr wie Cooks Vater, dieses brutale selbstherrliche Arschloch, das seine Mutter zu Tode geprügelt hatte. Cook hatte jahrelang dabei zusehen müssen. Jeden Freitagabend ließ sein Vater sich nach der Schicht mit Jack Daniel’s volllaufen und kam dann nach Hause – drei Meter groß, unbesiegbar und auf der Suche nach Streit. Und Männer wie er fanden immer einen Streit. Und wenn sie keinen fanden, dann fingen sie einen an.
    Cook wusste nicht, ob es die Gene waren oder die Umwelt, er wusste nur, dass er seinen Vater für ein mieses Stück Scheiße hielt. Ein Arschloch durch und durch.
    Nicht nur Cooks Mutter bekam seine Schläge zu schmecken, auch Cook selbst. Jeder, der seinem Vater in die Quere kam. Dann verlor der Alte seinen Job, erklärte Saufen zu seiner Berufung, und ab da kamen die Schläge täglich. Und sie wurden immer brutaler. Seine Mutter landete ständig im Krankenhaus. Rippenbrüche. Kieferbruch. Verrenktes Handgelenk. Punktierte Lunge. Nierenquetschung. Und immer deckte sie das Schwein. Aber sie konnte ihn nicht mehr decken, als er sie im Wutrausch die Treppe hinunterwarf und ihr Genick wie ein dünner Zweig brach.
    Cook war von der Schule nach Hause gekommen und hatte seinen Vater weinend über ihrer Leiche gefunden, besoffen und hässlich.
    »Sie ist gefallen, verdammt noch mal«, fuhr sein Vater ihn an. »Und das ist alles, was du wissen musst, du kleiner Bastard.«
    Cook konnte sich noch gut an das fatalistische Gefühl erinnern, an die Ruhe, die ihn überkam, als er wusste, dass das Schlimmste jetzt endlich geschehen war. Er legte seine Bücher ab, ging ins Arbeitszimmer und holte die Schrotflinte. Er erinnerte sich daran, dass er grinste, als er eine Patrone einlegte. Er grinste auch, als er seinem Vater in die Brust schoss.
    Notwehr, hieß es später.
    Ein Irrtum.
    Keine Notwehr, aber auch kein Mord. Eher eine Auslöschung oder Ausmerzung. So wie man Unkraut

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