DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
schrie auf und schlug um sich, Blut schoss aus seinem Mund. Wo die Barteln sein Bein berührt hatten, wurde es erst blau wie eine Pustel, dann schwarz. Es schwoll an wie Brotteig. Er erschauderte und kippte zur Seite weg, mausetot.
Niemand sagte etwas.
Niemand tat etwas.
Crycek winselte, fasste Hupps Körper aber nicht an. Wahrscheinlich traute er sich nicht.
Saks beobachtete das Biest.
Es hatte keine Augen, aber die Barteln oder Peitschen ordneten sich um eine flache, wabbelige Spalte weiter innen an. Dahinter vermutete er den Mund. Jedes Mal, wenn sich die Körperplatten weiteten, um nach Luft zu schnappen, öffnete sich auch dieser widerwärtige Schlitz. Darin erkannte er Schatten, womöglich Zungen, auch wenn sie eher wie ein Nest schlanker blauer Würmer aussahen.
Saks konnte sich vorstellen, wie dieses Mistvieh jagte.
Es benutzte die wurmartigen Zungen dazu, Fische anzulocken, so wie Alligatoren es mit ihrer Zunge machten, um Schildkröten zu fangen. Sobald die Beute in die schlabberige Mundhöhle geschwommen kam, griffen die Peitschen an und injizierten ein Nervengift, das die Opfer lähmte. Denn genau das waren diese roten Stacheln: Nematozysten, Nesselzellen wie die einer Qualle. Und die Peitschen arbeiteten wie die Tentakel einer Seeanemone – sie fingen und töteten, was die Zungen anlockten. Das mochte auch die Flossen des Fischgeschöpfs erklären – ein Ersatz für Beine, weil es wohl über den Meeresboden kroch.
»Bist du sicher, dass du den Bastard nicht in die Pfanne hauen willst?«, fragte er Menhaus, und Menhaus schüttelte den Kopf, als handele es sich um eine realistische Option, die er bewusst ausschloss.
Saks stellte sich neben den Fisch – aber nicht zu dicht.
Das Monstrum bewegte sich jetzt immer weniger. Selbst die Barteln zuckten kaum noch. Und ein strenger Verwesungsgeruch ging von ihm aus wie von einem Eimer voll dampfender Eingeweide. Saks hob das Ruder und schmetterte es auf den Kopf der Bestie. Die Körperplatten waren nicht so robust, wie er gedacht hatte. Der Schlag des Ruders ließ eine von ihnen aufplatzen wie eine Erdnussschale – und eine schwarze, tintenartige Flüssigkeit quoll hervor. Noch einmal hob er das Ruder und schlug damit die Tentakel zu Brei. Er hieb weiter auf das Tier ein, bis es der Länge nach aufriss, einen Eintopf aus glibbrigen Organen und schwarzem Saft ausschied und sein Mund eine gelbe, gallertartige Substanz auskotzte.
Derart aufgebrochen roch es erst recht nicht lieblich.
Fabrini übergab sich ins Wasser.
Menhaus war so grün wie Moos.
Cook dagegen schien von alldem unberührt zu sein. Wenn ihn der Fisch tatsächlich abstieß, ließ er es Saks zumindest nicht merken. Er hockte im Heck, die Augen hart wie Schmiedeeisen. Blass und verkniffen sah er aus, aber bei Weitem nicht so mitgenommen wie die anderen.
»Und wer macht diesen Mist jetzt sauber?«, fragte Saks. »Was ist mit dir, Cook?«
Cook reagierte mit einem schmalen Lächeln. »Ganz bestimmt nicht.«
»Tja«, meinte Saks, tauchte das Ruder ins Wasser und wusch es ab, so gut es ging. »Schätze, dann bleibt es wohl an dir hängen, Menhaus. Pass auf mit diesen Tentakeln. Die können immer noch stechen. Tut beschissen weh. Frag Hupp.«
Menhaus sah aus, als müsste er gleich kotzen, aber er wusste, dass er den Job am Hals hatte. Er hatte den Fisch gefangen, er musste ihn auch wieder zurückwerfen. Er brauchte ein paar Momente, um seinen Magen in den Griff zu bekommen, aber dann ging er ohne Zögern hin, packte den Fisch mit seinen Handschuhen am Schwanz und hievte ihn über die Seite. Der Fisch wippte ein paar Sekunden auf dem Wasser, dann versank er langsam im Meer.
»War gar nicht so schlimm, oder?«, sagte er zu den anderen. »Verdammte Weicheier. War doch nur ein Fisch.«
Aber nun mussten sie noch überlegen, was sie mit Hupps Leiche machen sollten. Und die schien niemand anfassen zu wollen. Niemand außer Saks. Während die anderen mit ihren Gedanken noch woanders waren, fiel Saks der Messergriff auf, der aus Hupps Stiefel ragte. Er vergewisserte sich, dass niemand zusah, dann zog er schnell das Messer heraus und steckte es in seinen eigenen Stiefel.
Keiner schien es zu bemerken.
Außer Cook. Der sah es natürlich. Aber Saks warnte ihn mit einem eiskalten Lächeln, damit dieser Hurensohn wusste, dass er seine Telefonnummer hatte. Und dass er das Messer notfalls auch gegen ihn einsetzte.
»Was ist mit Hupp?«, fragte Fabrini schließlich.
Aber er bekam keine Antwort.
Also
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