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DEAD SHOT

DEAD SHOT

Titel: DEAD SHOT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Coughlin
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wecken dich rechtzeitig zum Dinner um sieben.«
    »Ja, Mylady.« Er überquerte das aus Teakholzplanken gezimmerte Deck und verschwand durch eine Luke in Richtung seiner Kabine, als die Jacht im starken Wellengang schwankte.
    Pat blickte hinaus aufs Meer und sah in der Ferne die dunklen Wasser, die mit dem grauen Himmel verschmolzen. Eine unglückliche Seele, dachte sie, als die Brise ihr durchs Haar und in die dünne Bluse fuhr. Sie wusste, dass Kyle in seiner Kleidung einschlafen und nicht zum Abendessen erscheinen würde.
    Swanson hörte einen leichten Stoß am Schiffsrumpf und nahm sofort den Geruch von Zersetzung und Verwesung wahr. Noch bevor er von der Koje aufstand, an Deck ging und über die Reling spähte, wusste er, wer dort gekommen war. In dem langen, niedrigen Kahn, der dort unten mühelos auf den schäumenden Wellen ritt, stand der Fährmann und schaute grinsend zu Kyle hinauf. Auf den Bänken hockten tote Passagiere, drei auf jeder Seite.
    »Du hattest gut zu tun«, stellte Kyle fest.
    »Kriege. Revolutionen.« Der Fährmann zuckte die Achseln und kicherte leise. »Auf mich warten immer viele, die hinübersetzen wollen.« Mit knochigem Zeigefinger deutete er in Richtung des schmalen Feuerkamms im Norden, auf einen glühenden Saum, der den schwarzen Nachthimmel von der schwarzen See trennte. Als der Fährmann den Kahn mit einem langen Ruder stabilisierte, blähte der Wind den fleckigen schwarzen Mantel, der sich um die dürre Gestalt bauschte. Aus dem skelettartigen Gesicht blitzte er Kyle mit einem bösen Lächeln an, das gebrochene Zähne zeigte.
    »Was willst du dann? Dein Boot ist schon voll, und ich habe nicht vor, mitzukommen.«
    »Noch nicht. Aber schon sehr bald.«
    »Ach, verpiss dich!«
    »Ich habe die beiden Seelen geholt, die du gerade getötet hast.«
    »Gut. Sie glaubten, ins Paradies zu kommen und dort von Jungfrauen empfangen zu werden.«
    Der Fährmann kicherte. »Sie irrten sich.« Er machte eine lange Pause. »Du bist ein guter und verlässlicher Lieferant.«
    Kyle spuckte über die Reling. »Und du bist nichts als ein böser Traum. Ich werde bald aufwachen, und dann bist du fort.«
    Der Fährmann legte seine knöcherne Hand auf den weißen Rumpf der Vagabond und drückte sich von der Jacht ab. Dann stützte er sich auf das Ruder, und der kleine Kahn trieb weiter. Nach einigen Ruderschlägen drehte die Erscheinung sich noch einmal um und sprach erneut. »Ach ja? Mag sein, aber ich bin immer in deiner Nähe, ob du nun wachst oder schläfst. Ich werde rechtzeitig da sein, wenn du endlich beschließt, dir einen Pistolenlauf in den Mund zu schieben und deine Selbstzerstörung zu Ende zu bringen. Das wird eine Sonderfahrt, und dann hast du den ganzen Kahn für dich allein.«
    Der schmale Kahn mit seiner Totenfracht entfernte sich weiter. Der Fährmann entschwand in dem aufziehenden Sturm und ließ ein schauriges Lachen erklingen.
    Als Kyle aufwachte, fand er sich draußen auf dem schwankenden Deck der Vagabond wieder. Barfuß stand er mit völlig durchnässter Kleidung im windgepeitschten Regen. Blitze zuckten über dem Wasser, Donnerschläge hallten durch die Nacht, während Kyle sich mit beiden Händen krampfhaft an die Reling klammerte. Nur ein Traum. Wieder dieser verfluchte Albtraum.
    Jahrelang hatte Swanson trainiert, während eines Einsatzes seine Gefühle auszublenden. Häufig entschieden Präzision und Kontrolle über Erfolg oder Misserfolg. Erst nach den Feuergefechten, wenn er allein war, ließ Kyle sich gedanklich auf die Ereignisse ein – und dieser Schritt war nicht immer angenehm. Jetzt war der Fährmann zu einem unwillkommenen Teil dieser Verarbeitung geworden.
    Kein Sturm auf der Welt konnte je das fortspülen, was Kyle wirklich belastete, und daher taumelte er in die Hauptkabine, holte sich eine Flasche Tequila aus der Bar und ging wieder ins Freie. Regen machte ihm nichts aus. Auch die Kälte nicht. Leute umzubringen setzte ihm nicht zu.
    Aber in seinem Kopf nagte die quälende Frage, warum Shari sterben musste, er aber noch am Leben war. Er nahm einen langen Schluck aus der Flasche, spürte, wie der Tequila im Hals brannte und suchte schließlich in einer Ecke Schutz vor dem heftigen Wind. Dort trank er so lange, bis er wieder einschlief. Gegen vier Uhr morgens fanden ihn Crewmitglieder zwischen einem abschließbaren Kasten und einem Rettungsboot. Sie brachten ihn zurück in seine Kabine, zogen ihm die nasse Kleidung aus und rieben ihn grob mit Handtüchern trocken.

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