DEAD SHOT
Kabelfernsehsender in Italien vermietet. Die beiden Vans erhielten eine markante Lackierung in Weiß und Dunkelrot.
Juba trug einen Overall in ebendiesen Farben, als er mit dem ersten der beiden Vans das Stadtzentrum verließ und auf die A720 fuhr, den Ring der City of Edinburgh. Er setzte sich eine dunkle Sonnenbrille auf und fuhr in östlicher Richtung der aufgehenden Sonne entgegen, bis die A720 beim Autobahnkreuz Old Craighill auf die A1 führte. Der zweite Van war hinter ihm, und zusammen fuhren sie bei Lamberton über die Grenze.
Die gut sechshundert Kilometer nach London legten sie an einem Tag zurück, erreichten die Innenstadt und steuerten eine Absperrung am Ende des Kensington Parks an, wo die Polizei extra für die zahllosen Fernsehübertragungswagen eine Fahrspur freigehalten hatte. Einige Wagen warteten auf das Zeichen, in die Zone fahren zu dürfen, und die beiden Vans von Edinburgh All-Media reihten sich in die Autoschlange ein. Ein Verkehrspolizist sagte, die Fahrer müssten bei den Fahrzeugen bleiben, bis die Sicherheitsteams alles überprüft hätten. Nach einer halben Stunde war Juba an der Reihe und lenkte den Van auf eine spezielle Fläche, die mit Sensoren ausgestattet war. Vier Beamte durchsuchten das Fahrzeug, ließen Hunde nach Sprengstoff schnüffeln, fanden aber nichts. Hatte ein Ü-Wagen die Absperrung einmal passiert, durfte er die Sicherheitszone erst wieder nach der Hochzeitsveranstaltung verlassen.
Juba erhielt eine Karte, auf der mit gelbem Leuchtstift eine freie Parkfläche hervorgehoben war: die hinterste Reihe, direkt am Maschendrahtzaun. Dem anderen rotweiß lackierten Van wurde eine etwas bessere Stellfläche zugewiesen, eine Reihe weiter vorn und etwa fünfzig Meter links. Die Italiener hatten wohl mehr Einfluss als der Fernsehsender in Arkansas.
Der Fahrer des zweiten Vans nahm einen Spätzug nach Edinburgh, um das kleine Büro von Edinburgh All-Media Limited wieder auszuräumen. Juba hatte es nicht weit: Er verbrachte ein paar Tage bei seinen Eltern in den West Midlands, im Haus seiner Kindheit.
Im Mittelmeer brach ein Sonnenstrahl, hell wie ein Scheinwerferlicht, durch den Spalt der Vorhänge vor dem Bullauge und schien Kyle Swanson grell ins Gesicht. Er wachte auf. Es war fast Mittag. Niemand hatte ihn wecken wollen, daher waren alle auf Zehenspitzen an seiner Kabinentür vorbeigeschlichen. Kyle reckte sich, nahm eine Dusche und rasierte sich. Als er sich eine frisch gewaschene Jeans, ein Poloshirt und Turnschuhe anzog, fühlte er sich fast wie ein Mensch. Nur sein Kopf schmerzte.
Als er ins Freie trat, sah er, dass das Unwetter weitergezogen war. Das grünlich schillernde Meer war ruhig, die Sonne stand hoch am fast wolkenlosen Himmel, und die Vagabond durchschnitt die Wellen mit zwanzig Knoten in östlicher Richtung. Kein Land in Sicht. Seemöwen folgten dem weiß schäumenden Kielwasser; es war angenehm warm.
Oben an Deck betrat Kyle die Hauptkabine der Jacht, eine geräumige Lounge mit einer großzügigen Bar und einem bequemen Ensemble aus Sofas, weichen Sesseln und schweren antiken Tischen im chinesischen Stil. Ein riesiger Flachbildschirm und eine Hi-Fi-Anlage beherrschten eine Wand. Leicht nach vorn gebeugt saß Sir Geoffrey Cornwell in einem der Sessel und las die neuesten Nachrichten am Bildschirm eines Laptops. Jeff, ein pensionierter Colonel der British Special Air Services, hatte ein Vermögen mit der Herstellung und dem Vertrieb hochmoderner Waffensysteme gemacht. Er wirkte immer sehr ausgeglichen und wusste, dass Kämpfer Stress auf unterschiedliche Weise abbauten. Es war kein Geheimnis, dass manch ein Scharfschütze sich bisweilen betrank, um mit den psychischen Belastungen fertig zu werden.
Jeff hob die buschigen Augenbrauen. »War’s schlimm heute Nacht?«
Auf dem Büfett stand eine Karaffe mit kühlem Orangensaft. Kyle schenkte sich davon ein und trank, ehe er auf die Frage einging. Dann goss er sich Kaffee in eine hohe Porzellantasse und nahm sich noch eine kleine Schale mit frischem Obst. »War betrunken. Bin wieder nüchtern.« Kein Wort der Entschuldigung.
Lady Patricia saß vor einer Panoramascheibe, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die See hatte, und las ein Hochglanzmagazin. Nun schaute sie auf, zog elegant an einem dünnen Zigarillo und blies den Rauch nach oben. »Du bist unser missratener Sohn, Kyle. Vergangene Nacht warst du recht ungezogen, aber wir haben dich schon schlimmer erlebt. Wenn du das allerdings noch einmal tust,
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