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Dead Souls: Horror (German Edition)

Dead Souls: Horror (German Edition)

Titel: Dead Souls: Horror (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Laimo
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klimperten an einer Schlaufe, die mit Rosenkranzperlen und einem silbernen Kruzifix verziert war, einer steckte immer noch in dem Bolzenschloss. Sie zog ihn heraus und hängte den ganzen Schlüsselbund über das Holzkreuz an der Wand neben der Tür.
    Sie drehte sich um, schaute auf, und der stechende Blick ihres Sohnes traf sie wie ein Laserstrahl. Welches falsche Sicherheitsgefühl sie auch immer entweder aus der Arztpraxis oder von der Beichte am Nachmittag mitgenommen hatte, war jetzt verschwunden, das konnte Johnny deutlich sehen – ihre Miene war von frischer Unruhe getrübt.
    Da sie zweifellos eine ernste Situation mit ihrem Sohn vorhersah, senkte Mary den Kopf und lief prompt an ihm vorbei ins Wohnzimmer.
    Johnny blieb an seinem Stuhl kleben und schüttelte enttäuscht den Kopf. Trotzdem wurde ihm das Bedürfnis bewusst, die bis dahin schlummernden selbstbewussten Fähigkeiten seines Gehirns zu regenerieren, und er war plötzlich dankbar, dass sie ihm nicht sofort eine Gelegenheit zum Angriff gegeben hatte. Trotz ihrer Unsicherheit und ihrem daraus folgenden Willen, jeden Aspekt seines Lebens zu dominieren, hatte seine Mutter noch nie irgendwelche klaren Sorgen um ihren Sohn gezeigt, sobald ihn irgendetwas sichtlich beschäftigte; ihre Prioritäten lagen allein bei ihr, und wenn sie seine Probleme nicht direkt betrafen, würde sie einfach mit ihrer zwanghaften Routine fortfahren. Und genau das tat sie jetzt: Sie ignorierte ihren Sohn, als er sie am meisten brauchte.
    Mary legte ihren kunstledernen Geldbeutel auf das Sofa. Sie schielte zu ihrem schmollenden Sohn hinüber und untersuchte möglicherweise das seltsame emotionale Klima in seinen Gesichtszügen. Als Johnny ihren unsicheren Blick erwiderte, schaute sie blitzschnell weg und zog ihren Polyesterblazer aus; was sie sah, war ihr deutlich unangenehm.
    Stirnrunzelnd beobachtete er sie kontinuierlich, machte sich dabei offentlich Sorgen. Sie schaute weiterhin weg und dachte nahezu sicher: Er hat darauf gewartet, dass ich nach Hause komme . Und unter normalen Umständen hätte sie sich darüber gefreut, weil es seinen Eifer gezeigt hätte, mit seinem Beitrag zu den täglichen häuslichen Pflichten zurechtzukommen. Aber ihr Verstand sagte ihr sicherlich auch: Er hat heute mit mir ein Hühnchen zu rupfen, und meine Nerven sind einfach nicht stark genug, um mit so einer Art von Druck umzugehen.
    Also flitzte sie mit gesenktem Kopf ins Badezimmer, ohne dass sie ein Wort miteinander wechselten. Johnny hörte die Toilettenspülung und dann das Wasser laufen, und in diesem Moment realisierte er, dass er Andrew Judsons Brief immer noch in den Händen hielt. Er faltete ihn dreimal, wischte sich seine schweißnassen Handflächen an der Jeans ab, dann faltete er ihn zweimal. Er steckte ihn in seine Gesäßtasche und hoffte, dass ihn seine Mutter nur über seine Leiche in ihre neugierigen Klauen bekommen würde.
    Er schloss die Augen und übte seinen Vortrag: Ich verlasse dich, Mutter. Dad auch. Und es gibt nichts, was du dagegen unternehmen kannst. Ich weiß, dass du enttäuscht bist, aber ich bin jetzt 18 und volljährig, ich kann allein ausgehen. Ich sollte diesen September wirklich wie alle anderen Absolventen aufs College gehen, stattdessen lebe ich hier wie ein Sklave und muss häusliche Pflichten erledigen, Gott lobpreisen und all dieses Gewäsch. Du kannst von mir nicht wirklich erwarten, dass ich für den Rest meines Lebens die Bibel studiere und das Geschirr abwasche …
    Zum ersten Mal lieferte die schmerzliche Wahrheit über seine Existenz eine Spur bittersüße Zufriedenheit: Endlich konnte Johnny Petrie einen winzigen Lichtblick am Ende des düsteren Tunnels entdecken, durch den er sein ganzes Leben gegangen war. Und es befand sich auch in Reichweite, die Bezahlung der Gebühr befand sich direkt in seiner Gesäßtasche.
    »Was … ist … das?« Ihre Stimme klang stark und unvermittelt, ohne nach seinen offensichtlichen Sorgen zu fragen oder sich dafür zu interessieren.
    Er wich schuldbewusst zurück, und der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf ging, war tatsächlich von Schuld erfüllt: Sie weiß von Andrew Judson und dem Brief und irgendwie hat sie in meine Gesäßtasche gegriffen und ihn herausgezogen und ihn gelesen, ohne dass ich davon gewusst habe, und jetzt will sie jedes einzelne Detail wissen! Doch als er sie ansah, erkannte er, dass das natürlich ganz und gar nicht der Fall war, und er war wütend auf sich, weil er so irrational gedacht

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