Dead Souls: Horror (German Edition)
gute Herr dieses Glück bestimmt hatte, Glück und Unglück, und dass er sich nur darauf einlassen konnte, auf das Schicksal.
Judson bog rechts in die Breton ein, dann erreichte er die Pine Oak Road. Sofort rückte das Haus in Sichtweite, kahl und verlassen, vom Zahn der Zeit zernagt. Es sieht aus, als hätte es eine Mordsgeschichte zu erzählen .
Das Auto fuhr im Kriechtempo an den Straßenrand, Sand und Kieselsteine knirschten laut unter den Reifen. Judson bog in etwas ein, das vor Jahren eine geschotterte Einfahrt gewesen sein konnte, aber die jetzt eine eigene Farm geworden war, eine gesunde Ausbeute an Fingerhirse, Acker-Hornkraut und weißen Gänsefuß einbringend. Er schloss die Fenster des Autos, da er bemerkte, dass die Bienen innerhalb von 30 Minuten drinnen einen Bienenstock gebaut haben würden, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gab.
Ohne ein Wort zu sagen, stieg Johnny aus dem Auto. Er sah sich um. Libellen so groß wie Kolibris schwebten um seine Füße herum, flitzten hin und her, als erschnüffelten sie eine potentielle Pfütze, um dort ihre Eier zu legen. Er trat in das kniehohe Unkraut, dann lief er den rissigen Betonpfad entlang, der das Haus umgab. Er konnte spüren, wie die Sonne ihre Strahlen auf ihn hinabhämmerte, die drückende Hitze erschwerte das Atmen. Seine Brust zog sich zusammen. Die Narbe auf seinem Brustbein fing zu jucken an, und er kratzte daran leicht durch sein T-Shirt. Anzeichen von Nervosität und nichts weiter , versuchte er sich einzureden und arbeitete daran, seine nervösen Gedanken abzulenken, indem er sich die Conroy-Familie vorstellte – seine leiblichen Eltern, seine leiblichen Geschwister, er selbst als Baby –, wie sie alle als glückliche Einheit hier lebten, die Farm und den Garten bewirtschafteten, selbstgebackenes Maisbrot und Apfelkuchen am Küchentisch aßen und an regnerischen Abenden zusammen Spiele spielten und fernsahen.
Aber diese erzwungenen Erinnerungen würden nicht eintreten; stattdessen erschienen Bilder, die auf einer Ebene mit dem baufälligen Zustand des Hauses lagen, Bilder der Dunkelheit und des Verfalls, der Schatten und des Untergangs: Holzschindeln, die einen jahrelangen Kampf gegen Termiten verloren ( die Conroy-Familie, von andauerndem Leid heimgesucht ); die Fenster, blind und mit Sperrholzplatten abgedeckt ( die Conroy-Familie, unter Wellen der Nötigung begraben ); Unkraut, das ungeniert um das Haus und über den hüfthohen Rasen wuchs (d ie Conroy-Familie, gefangen inmitten ihrer eigenen Umgebung ); hinten eine Holzscheune, deren rote Farbe längst verschwunden war, jetzt ein blasses, fleckiges Grau, die Wetterfahne auf dem Giebel wackelte schlammfarben und verrostet betrunken hin und her.
Und Johnny sinnierte: Als die Conroy-Familie gestorben ist, ist auch ihr Haus gestorben. Aber … ist ihr Haus wirklich tot? Es steht noch, direkt hier vor mir. Ja, die Fassade ist brüchig und verrottet, aber es ist immer noch hier. Lebendig.
Ich kann es fühlen …
Genauso wie das letzte Mitglied der Conroy-Familie hier steht: Immer noch lebendig.
Ich.
Eine Brise wehte herbei, eine trockene Staubwolke aufwirbelnd; in seinen schmerzenden Verstand flüsterte sie eine illusorische Nachricht: Komm zu mir, Junge, ich habe auf dich gewartet . Ein entsetzlicher Schauer lief Johnny über den Rü-cken, und sein Herz pochte gegen seine Narbe, was sie zum Kribbeln brachte.
Als Judson aus dem Auto stieg, ging Johnny den Pfad entlang und betrachtete des Haus. Eine alte eiserne Wasserpumpe ragte aus dem Boden, der Griff mit Rost bekleckst. Sie stand direkt unter einem einzelnen Seitenfenster, die Holzbarrikade verrottet und praktisch verschwunden. Die Glasscheibe darunter war noch intakt, aber verdreckt. In der Ferne konnte Johnny Vogelgesang hören; in näherer Umgebung summende Bienen. Ihr gemeinsames Lied klang leicht gedämpft, als hätte ein Druckaufbau seine Ohren verstopft.
Er lief nach hinten um das Haus, Judson folgte ihm schweigend.
In seinem Kopf ertönte wieder die gedämpfte Botschaft: Komm zu mir, Junge …
»Ich habe eine Taschenlampe mitgebracht«, sagte Judson, und Johnny erschrak ein wenig. »Falls Sie hineingehen wollen.«
Komm zu mir …
»Ich denke, das werde ich«, erwiderte er und lief über den verwilderten Rasen zur Terrasse. In seinem peripheren Sichtfeld sah er eine kurze Bewegung, die ihn erneut erschrocken zusammenzucken ließ, dieses Mal stieß er mit Judson zusammen.
»Hoppla, Johnny … was ist los?«
»Dort
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