Deadline 24
Versuche doch einmal, dir vorzustellen, wie sich euer Leben hier im Ödland verändern könnte, wenn er sinnvoll eingesetzt würde. Kommunikation, sicherer Güter- und Personentransport von den Kuppeln zur Stadt und umgekehrt, ganz zu schweigen vom Kampf gegen die Hybride!«
Da konnte Sally ihm nur recht geben, Caleb hatte schließlich fast das Gleiche gesagt. Das mit den falschen Händen stimmte ebenfalls, nur waren die Hände der Lords die falschen, die seiner jetzigen Besitzer die richtigen.
»Ich glaube nicht, dass Sie ihn so segensreich einsetzen würden«, platzte sie heraus.
»Und warum nicht, kleine Sally?«
»Weil die Lords nie etwas für andere tun, nur für sich selbst. In der Stadt muss man sogar eine Lebenssteuer bezahlen, wenn man nicht schutzlos ins Ödland gejagt werden will!«
»Na klar«, lachte der Lord. »Die Stadt ist sicher, weil unsere Vorfahren sie unter Einsatz ihres Lebens erobert haben. – Hepp!«
Sally zuckte zusammen, erkannte dann aber, dass der Zuruf nicht ihr gegolten hatte, sondern dem zweiten Mann, der immer noch reglos hinter ihnen stand. Nun kam Leben in ihn. Er zog seinen Hut, und auf seiner Stirn wurde ein rotes Mal sichtbar, das Kennzeichen der Memoranden.
»Vielmals gepriesen seien die ersten Hochwohlgeborenen, die Lords Ronaldo und Gineira«, begann er in eigenartigem Singsang. »Mit List und Tapferkeit kämpften sie gegen die furchtbaren Gorgonen, welche dem Volk der Halbmenschen angehören, und ihre Helfer, die Spuckvipern. Lange währte der Kampf, doch schließlich siegte das ruhmreiche Herrscherpaar. Gorgonen und Spuckvipern mussten ins Ödland ziehen, wo ihnen die völlige Vernichtung durch die Hybriden drohte. Ronaldo und Gineira tauften die Siedlung an der friedlichen Küste der Mermaiden auf den Namen Esperanza und luden Menschen von überall her ein, dort zu siedeln. In einem Vertrag verpflichteten sich die Siedler, den Unterhalt ihrer Herrscher zu garantieren, indem sie Steuern zahlten. Die Lords hingegen versprachen den Schutz eines jeden gesetzestreuen Bürgers. Dieser Vertrag besitzt Gültigkeit bis ins hundertste Glied der Nachfahren, sowohl der Bürger als auch der Lords, und wurde von Memoranden bezeugt. Vielmals gepriesen seien die ersten Hochwohlgeborenen, die Lords Ronaldo und Gin…«
»Hepp!« Padrino schnappte mit den Fingern und sein Memorand verstummte. »Da hast du’s«, wandte er sich an Sally. »Unsere Herrschaft, unsere Steuer, alles ist legitim. Memoranden können nicht lügen, das weißt du ja wohl.«
Sally nickte düster. Zwar hatte sie noch nie einen Memoranden von Angesicht zu Angesicht gesehen, aber dass sie nicht logen, wusste jeder. Vermutlich waren sie einfach zu blöd dazu. Auch sie gehörten zu den Halbmenschen und keiner von denen war für seine Geistesgröße bekannt.
»Nehmen Sie ihn überallhin mit?«, fragte Monnia.
»Aber ja«, sagte Padrino. »Er steht mir zu, ich bin ein Lord. Außerdem ist er äußerst nützlich, wenn ich unwissenden, aufmüpfigen Untertanen begegne. Was uns irgendwie wieder zum Thema bringt. Ein gewisses Maß an Aufmüpfigkeit kann ich verzeihen, vorausgesetzt, der oder die Betreffende zeigt Reue. Niemals aber werde ich offene Rebellion oder gar den Diebstahl unseres Eigentums verzeihen. Wir werden uns den Helikopter zurückholen, nicht umsonst haben wir in unserem Gefolge die besten Piloten, die für Geld zu haben sind. Und dann, meine Lieben, dann wird sich jedes einzelne Mitglied dieser Räuberbande wünschen, nie geboren zu sein!«
»Was haben Sie mit ihnen vor?«, fragte Sally erschrocken.
»Draußen im Ödland an Pfähle binden und ihre blutigen Knochen auf dem Marktplatz von Esperanza ausstellen«, antwortete Padrino, ohne zu zögern. »Und es ist mir schnurzegal, was die gute Mariposa davon hält. Bei der weiß man ohnehin nie, woran man mit ihr ist. Wo wollten sie von hier aus hin?«
Sally hatte es die Sprache verschlagen. In ihrem Kopf war für nichts mehr Platz als das grauenvolle Bild, das der Lord mit seinen Bestrafungsplänen beschworen hatte. Pfähle im Ödland, blutige Knochen auf dem Marktplatz!
»Wohin?«, schrie der Lord und schüttelte sie grob. »Antworte!«
»K…keine Ahnung«, stotterte Sally. »Ehrlich nicht«, beteuerte sie.
»Ist auch egal«, brummte Padrino und ließ sie los. »Baldur sitzt auf der Terleben-Farm, Mariposa hat sich inzwischen sicher auch irgendwo eingenistet und ich bin hier. Falls die Diebe zurückkommen, kleine Sally, will ich, dass du fröhlich
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