Deadline 24
Worte?«
»Nichts«, brachte Sally hervor. »Ich bin nur erschrocken, weil nun jeder im Ödland weiß, dass meine Mutter, äh, verrückt ist. Wir haben sie immer davon abgehalten, zu viel zu reden, aber heute, wo sie alleine war …« Erschöpft brach sie ab. Verzeih mir, Mama, dachte Sally verzweifelt. Du bist alles andere als verrückt. Du hattest eine Vision und hast sie verschlüsselt an alle Farmen gesendet und gehofft, dass jemand sie mir mitteilt.
»Klingt plausibel«, nickte Mariposa. »Aber weißt du was, Sally Hayden? Ich glaube dir kein Wort! Irgendetwas sagt mir, dass hier keine Wahnsinnige gesprochen hat, sondern eine sehr kluge Frau. Nun, wir Lords sind auch nicht blöde. ›Wirbelsturm‹ steht für den Helikopter mit seinen wirbelnden Rotoren, nicht wahr? Man braucht keine Angst vor dem Organismus zu haben, der ihn antreibt, man darf sich ihm ruhig nähern. Mittelpunkt steht für Zentrum. Die Diebe ruhen sich im Zentrum von ihrer Gefangennahme und der aufregenden Rettungsaktion aus. Der Legende nach soll das Zentrum von Hybriden geradezu verseucht sein, ein ideales Versteck für jemanden, der Hybride nicht fürchten muss. Aber schau, Kind«, stolz zeigte sie hinüber zu dem Ungetüm von Kettenfahrzeug, »ich habe einen Panzerwagen. Ein Vermögen hat es mich gekostet, das gute Stück konstruieren zu lassen, und jeder Kilometer, den wir damit zurücklegen, kostet ein weiteres Vermögen an Brennstoff. Aber wie recht ich doch hatte, ihn mitzunehmen! Auch wir brauchen die Hybride nicht zu fürchten. Zur Not können wir uns alle darin verkriechen. Und darum, los!«, sie klatschte in die Hände. »Wir brechen auf zum Treffpunkt mit den anderen Lords und dann zu diesem Zentrum. Legt mir die alten Karten heraus!«
»Was ist mit unserem Kuppeldraht?«, wagte Fred Attala zu fragen.
»Ach, natürlich, der Kuppeldraht. Korrigiere mich, wenn ich irre: Wir hatten zwei Rollen Draht für den Helikopter vereinbart und eine weitere für jede gefangene Person. Wo ist der Helikopter? Wie viele Personen hast du gefangen?«
»Aber Mylady«, jammerte Attala. »Wir haben heute unsere letzte Rolle aufgebraucht, um die Kuppel zu reparieren. Wenn in Zukunft irgendwo eine schadhafte Stelle auftaucht, können wir nichts mehr dagegen tun!«
»Tja«, entgegnete sie kalt, »das ist nun wirklich nicht mein Problem.«
»Kann ich gehen?«, fragte Sally.
»Wohin?«, fragte Mariposa irritiert zurück. »Allein ins Ödland? Ohne Schweber? Unter Attalas schadhafte Kuppel, wo du vermutlich von ihm und seiner Sippe gelyncht wirst? Nein, Kind, du kommst mit uns. Ich habe das Gefühl, du und ich, wir haben noch eine ganze Menge zu bereden. Lillia wird sich deiner annehmen.«
»Mit Freuden, Mylady!« Eine junge Frau grinste Sally Unheil verkündend an. Es war dieselbe, die eben schreiend vor Angst davongerannt war.
»Zeig ihr, dass sie zu gehorchen hat«, ordnete die Lady an. »Wenn ich sie später noch mal befrage, möchte ich ehrliche Antworten von ihr.«
»Sie wird darauf brennen, dir die Wahrheit zu sagen, Mylady. Komm mit, Stinker!« Sie packte Sally am Haar, riss ihr den Kopf zurück und stieß ihr gleichzeitig das Knie ins Kreuz. Sallys Beine gaben nach, sie schrie vor Schmerzen, stolperte getrieben von Fußtritten über den Platz bis zu dem Lastwagen neben Mariposas Kettenfahrzeug. Und dort wurde es richtig schlimm.
»Blöder, kleiner Stinker!«, fluchte die Frau. »Hast mich blamiert vor allen!« Sie packte Sallys Haare noch fester und knallte ihre Stirn gegen die Ladeklappe. Dort musste ein Riegel sein, ein scharfes Stück Metall. Sally meinte zu hören, wie ihre Haut zerriss. Blut schoss aus der Wunde, strömte ihr in die Augen, übers Gesicht. Lillia riss sie herum, schlug Sally mit solcher Kraft in den Magen, dass sie zu Boden ging, gekrümmt liegen blieb und Galle spuckte.
»Ist dir schlecht?«, fragte die Frau und trat erneut zu. Sally krümmte sich, versuchte sich einzurollen wie eine Assel, um den Fußtritten so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten, und fühlte in ihrer Hosentasche den Druck eines kleinen, festen Gegenstandes. Das Schnappmesser. Plötzlich fiel es ihr ein, sie hatte immer noch ihr Messer. Stöhnend nahm sie die Arme vor den Leib, schirmte ihn ab gegen Lillias Blicke, zog das Messer, ließ es aufschnappen.
»Nicht übertreiben, Lillia!«, ertönte von irgendwo die Stimme Mariposas. »Lass genug von ihr übrig, dass sie mir Rede und Antwort stehen kann!«
Lillia hörte auf zu treten und
Weitere Kostenlose Bücher