Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
um Himmels willen, wo steckst du?«
Sie bog in den Flur ab und spähte in die dunkle Eingangshalle, wo die Katze sich gern unter einem antiken Tischchen versteckte, auf dem die Familienbibel aufbewahrt wurde. »Du ungezogenes Ding … Oh!« Sie blieb wie erstarrt stehen. Panik erfasste sie.
In der Dunkelheit stand eine Frau. Eine Frau, die mit einer Schusswaffe direkt auf Cherise’ Brust zielte.
Cherise ließ ihr Glas fallen. Es schlug auf dem Fliesenboden auf, zerbrach, dass die Scherben flogen, der Gin spritzte, und die Eiswürfel hüpften.
»Kein Wort«, befahl die Frau in zischendem Flüsterton, der Cherise’ Blut gefrieren ließ. »Nicht ein Wort.«
Cherise erstickte einen Schrei.
Was konnte sie tun? Sie bewahrte Pfefferspray in ihrer Handtasche auf, doch das half ihr jetzt nicht. Sie konnte davonlaufen, doch es gab nirgends ein Versteck. Sie konnte …
Die Frau trat aus der Dunkelheit heraus, und im ersten Moment glaubte Cherise, sie wäre verrückt geworden.
»Marla?«, flüsterte sie fassungslos. Sie verlor beinahe die Kontrolle über ihre Blase, als sie den grausamen Gesichtsausdruck ihrer Angreiferin sah. Bis auf die flüchtige Begegnung früher am Tag hatte Cherise die Frau ihres Cousins seit zehn Jahren nicht gesehen, aber diese Frau … Herrgott, sie sah Marla so ähnlich. »Bitte nicht. Hab Erbarmen … Wir sind verwandt … Bitte … O Gott … Nein!«
»Mhm. Du hast mich wohl nicht verstanden«, sagte Marla. Sie verzog die Lippen zu einem hässlichen Grinsen.
Bevor Cherise noch ein Wort hervorbringen konnte, feuerte die Frau aus nächster Nähe. Cherise fiel nach hinten; sie taumelte gegen einen kleinen Tisch.
»Ssss!« Die Katze, die sich hinter einer Kübelpflanze versteckt hatte, fauchte laut, machte einen Buckel und huschte in die Küche.
Cherise stürzte zu Boden. Ihr Kopf schlug heftig auf den mexikanischen Fliesen auf.
Schmerz explodierte hinter ihren Augen.
Etwas unangenehm Heißes breitete sich in ihrem Unterleib aus.
Ihre Angreiferin trat an sie heran und richtete die Waffe auf sie. »Du elende, geldgierige Hexe. Hoffentlich fährst du jetzt zur Hölle.«
Marla? Warum? Nein … nein … nicht Marla …
Während es um sie herum dunkler wurde, sah Cherise, wie die Mörderin im Eingangsflur etwas Weiches, Schwebendes zu Boden gleiten ließ, bevor sie aus der offenen Haustür schlüpfte.
Warum?, fragte sie sich sinnloserweise, wohl wissend, dass sie es nicht mehr rechtzeitig zum Telefon oder sonst wohin schaffte. Sie spürte, wie sie verblutete.
Ich sterbe … O Gott, Donald, ich sterbe … Du sollst wissen, dass ich dich liebe … Ich … liebe … Dunkelheit schlug über ihr zusammen. Sie war gnädig, und Cherise gab sich ihr hin.
Bitte, lieber Gott, nimm meine Seele zu dir.
15
Elyses Blut sang in ihren Adern.
Cherise umzubringen war ein so gutes Gefühl gewesen. Und die Bestürzung und das schiere Entsetzen in ihrem Blick, als sie glaubte, der niederträchtigen Marla gegenüberzustehen.
Unbezahlbar!
Fast genauso beglückend wie der Anblick Cissys, der verwöhnten Göre, die beinahe die Treppe hinuntergestürzt war, als sie glaubte, ihre Mutter an der Tür des Hauses am Mt. Sutro zu sehen. Herrgott, es war wie ein Rausch! Es wäre ein Leichtes gewesen, sie gleich dort umzubringen, und Elyse hatte mit dem Gedanken gespielt. Sie hatte ihre Waffe dabeigehabt. Aber sie wollte Cissy noch ein bisschen zappeln lassen, wollte, dass sie Schmerz empfand, einen Schmerz wie den, mit dem Elyse jahrelang gelebt hatte.
»Du kriegst noch, was du verdienst«, sagte sie und dachte an den Mann, den sie liebte … Ach, es wäre doch ideal, heute Nacht mit ihm zu schlafen, solange die Erregung des Tötens noch in ihrem Blut prickelte, der Adrenalinrausch noch nicht verebbt war.
Den Blick auf die Straße gerichtet, griff sie in das Seitenfach ihrer Handtasche, fand ihr Handy und drückte die »2«, die eingespeicherte Kurzwahl. Es klingelte einmal, dann meldete sich eine Männerstimme.
»Hallo?«
Heiliger Strohsack! Es war das falsche Handy. Sie hatte Cissys Gerät erwischt, verdammt noch mal.
Sie unterbrach die Leitung hastig und verfluchte sich selbst. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? War sie so high, so überdreht, dass sie den feinen Unterschied zwischen Cissys und ihrem eigenen Handy nicht mehr bemerkte?
Jetzt musste sie es loswerden. Und zwar schnellstens. Zum Glück befand sie sich schon in der Nähe der Brücke. Sie trat aufs Gas, fuhr auf die hell erleuchtete Brücke
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