Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
O’Riley es noch nicht getan haben. Sie müssen nicht hierbleiben.«
»Ich bleibe hier. Rede mit Jefferson.«
Sie parkte ihren Jetta gleich vorn auf dem Parkplatz des Apartmenthauses, und Paterno stieg aus. Noch bevor er sich zum Losgehen gewandt hatte, stürmte Cissy Holt bereits quer über den Parkplatz hinweg auf ihn zu. Ihre Wangen waren tränenverschmiert, aber sie strahlte eine verbissene Entschlossenheit aus. Einen Augenblick lang erkannte Paterno Züge ihrer Mutter in ihrem Gesicht. »Gott sei Dank, dass Sie da sind«, rief sie schon von weitem. »Wir können doch nicht einfach nur hier herumstehen. Wir müssen Beejay suchen! Er ist verschwunden! Das wissen Sie doch, oder? Sie hat ihn mitgenommen!«
»Sie?«
»Meine Mutter.«
»Sie glauben, Marla steckt auch hinter dieser Sache?«
»Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Aber Sie glauben es doch, oder? Und wenn Sie recht haben, dann hat sie Tanya umgebracht und mein Kind entführt. Wir müssen etwas unternehmen, Detective. Wir müssen diese blutrünstige Psychopathin finden! Sie darf Beejay nichts zuleide tun. Wir dürfen es nicht zulassen!«
Die grellen Scheinwerfer blendeten. Das Kind auf dem Rücksitz weinte. Wahrscheinlich war seine Windel nass, oder er hatte Hunger. »Es wird schon wieder gut«, sagte Elyse, blinzelte in den Nieselregen und versuchte, die bohrenden Kopfschmerzen zu ignorieren. Zumindest hatte sich der verdammte Wolkenbruch schon fast wieder verzogen.
Sie musste vorsichtig bleiben. Die Polizei würde jetzt allgegenwärtig sein, und an Orten, wo sie niemals damit rechnete, waren Überwachungskameras angebracht – an Straßen, auf Parkplätzen, in Geschäften. Sie war natürlich darauf vorbereitet. Sie hatte im Lauf der vergangenen Woche einen Vorrat an Windeln, Babynahrung, einen Kindersitz, Fläschchen und Milchpulver und sogar Kleidung gekauft. Doch auf das Weinen war sie nicht vorbereitet.
Gott, wollte er denn überhaupt nicht mehr aufhören?
»Nur noch ein kleines Stückchen«, sagte sie, griff in ihre Tasche und fand ein Röhrchen mit Ibuprofen. Der kindersichere Verschluss trieb sie in den Wahnsinn, als sie versuchte, ihn während des Fahrens zu öffnen, doch schließlich gelang es ihr, und sie schluckte ein paar Tabletten trocken, ohne Wasser. Einer Inspiration folgend bog sie dann zu einem Drive-In-Imbiss ab und setzte rasch ihre dunkle Sonnenbrille auf. Eine blonde Perücke hatte sie bereits aufgesetzt. Sie bestellte Pommes frites für den Kleinen und eine große Diät-Limo für sich selbst. Als sie die diversen Schalter passiert, bezahlt und die Tüte in Empfang genommen hatte, drehte sie sich in ihrem Sitz um und reichte dem Jungen die kleine Tüte mit Pommes frites. Neugierig geworden, hörte er auf zu weinen und griff nach der Tüte. Elyse wusste zwar, dass er mehr als die Hälfte davon zerbröseln würde, hoffte aber, dass er sich eine Weile damit beschäftigen konnte.
Sie stieß den Strohhalm durch den Deckel ihres Pappbechers, nahm einen tiefen Zug und fühlte sich gleich besser. Sie fädelte sich wieder in den fließenden Verkehr ein und fuhr weiter in südliche Richtung auf San Mateo zu. Dort wollte sie über die Brücke fahren, in der Hoffnung, dass man, falls ihr Wagen gesichtet wurde, sich erinnerte, dass sie in die ihrem wahren Ziel entgegengesetzte Richtung fuhr. Immer wieder blickte sie in den Rückspiegel, sah aber in der heraufziehenden Dämmerung kein Fahrzeug, das sie verfolgte. Sie machte sich Sorgen. Sie hatte die Nachrichten gehört, die Aufnahme von ihrem Wagen und sich selbst in ihrer Verkleidung als Marla gesehen, all das, was die Überwachungskameras auf dem Parkplatz der verdammten medizinischen Fakultät aufgezeichnet hatten. Sie hätte sich ohrfeigen mögen für den Strafzettel, den sie sich dort eingehandelt hatte; das hatte die Polizei einen Schritt weitergebracht. Hätte sie nicht ein paar Mal die Kennzeichen ausgetauscht, wäre sie längst geschnappt worden. Nach dem jetzigen Stand der Dinge würde sie sich wohl einen neuen Wagen beschaffen müssen. Aber sehr viel länger war sie ja nicht mehr auf ein Fahrzeug angewiesen.
Noch einmal sah sie in den Rückspiegel. Der Kleine hatte sich endlich beruhigt, mümmelte seine Pommes und betrachtete neugierig ihren Hinterkopf. Die Entführung von Cissys Sohn war natürlich nicht Teil des ursprünglichen Plans gewesen, doch Elyse hatte die Gelegenheit gesehen und sie beim Schopf gepackt. Sollte Cissy doch ruhig eine Weile im Ungewissen sein und
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