Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
zur Psychopathin wurde.
Sie wollte nicht an Marla denken, lief zurück auf den Flur und strebte auf das Gästezimmer zu.
Knirsch!
Das Geräusch wehte aus dem dunklen Treppenhaus herauf.
Cissy erstarrte.
Was war das? Hatte sich eine Tür geöffnet? Oder was war das?
Hier war doch niemand. Sie hatte sich vergewissert.
Eine Gänsehaut überzog ihre Arme.
Sie wartete, zählte ihre Herzschläge und sagte sich dann erneut, dass da nichts sein konnte. Ihre Einbildung spiegelte ihr etwas vor. Sie hatte gar nichts gehört. Trotzdem … Vielleicht war Rosa zurückgekommen, oder Paloma oder Lars. Sie besaßen alle einen Schlüssel. Elsa und Deborah, und Gott mochte wissen, wer noch, schließlich auch. Ihre Großmutter hatte ständig irgendwelche Gärtner oder Handwerker beschäftigt.
»Hallo?«, rief sie in den ersten Stock hinunter, wo sie nur in der Bibliothek eine Lampe hatte brennen lassen. »Ist da jemand?« Ihre Stimme warf ein gespenstisches kleines Echo von den Wänden zurück, einen hohlen, hallenden Ton. »Hallo?«
Sie wartete.
Alles blieb still.
Nur deine Einbildung, ermahnte sie sich streng.
Auf dem Weg zur Treppe hörte sie Schritte, das leise Scharren von Leder auf Holz.
Ihr Herz drohte stehenzubleiben.
Angst erfasste sie.
Da war eindeutig doch jemand im Haus.
»Hey!«, rief sie noch einmal und sagte sich, dass es jemand sein musste, der hier arbeitete. Jemand, den sie kannte. Jemand, der einen Schlüssel besaß.
Wieso? Hast du die Tür etwa hinter dir abgeschlossen?
Hast du gewartet, bis das Tor sich hinter deinem Auto geschlossen hatte?
Und warum zum Teufel antwortet keiner?
Cissy zitterte vor Angst. »Wer ist da?«, rief sie. Bitte, es muss jemand vom Personal sein …
Wieder nichts als Schweigen.
Ohrenbetäubende, lähmende Stille.
Und Dunkelheit … Warum hatte sie nicht mehr Licht angelassen? Im Haus war es so verdammt düster und still.
Allmächtiger, wurde sie verrückt?
Sie war sicher, dass sie etwas gehört hatte.
Da war jemand.
Sie drängte ihre Angst zurück und huschte wieder in das Zimmer, das einmal ihres gewesen war, das Zimmer, das ihre Großmutter nie renoviert hatte. Der Regen prasselte gegen das Fenster, und Cissy sah sich nach einer Waffe um, nach irgendeinem Gegenstand, mit dem sie einen Angreifer würde abwehren können.
Wen denn, Cissy? Wer sollte dich angreifen? Das ist doch verrückt!
Aber jemand hatte Rory umgebracht, oder nicht? Jemand hatte in diesem Haus ihre Großmutter ermordet. Jemand, der nicht eingebrochen war.
Sie erwog zu telefonieren … Ihr Handy hatte sie nicht mehr, aber es gab ja das Festnetz.
Und wen sollte sie anrufen?
Die Polizei?
Und sagen, dass sie etwas gehört hatte?
Also wirklich, Cissy.
Oder willst du Jack anrufen?
Ihm sagen, dass du schreckliche Angst hast, dass du ausgeflippt bist, als du beim Herumschnüffeln im Haus deiner Großmutter ein Geräusch gehört hast?
Er würde zunächst mal wissen wollen, warum du überhaupt allein hierhergekommen bist.
Um Himmels willen, steh für dich selbst ein.
Innerlich zitternd, öffnete sie geräuschlos die Schranktür und fand ihre alte Reitpeitsche, die sie ihr Pferd nie hatte spüren lassen, die ihr jetzt aber vielleicht gute Dienste leisten konnte. Als sie mit der Peitsche wieder in den Flur hinaustrat, kam sie sich ziemlich albern vor.
War es noch dunkler geworden?
Sie tastete nach einem Lichtschalter, und im nächsten Moment verstrahlten die Wandleuchter im Treppenhaus einen weichen, warmen Schein. Schon besser. Vielleicht war doch niemand …
Klack!
Was?
Ihr Herzschlag setzte aus, als sie das Geräusch des Aufzugs erkannte, der sich ächzend in Bewegung setzte und jaulend den Aufstieg begann.
Mein Gott!
Beinahe hätte sie geschrien.
Sie wartete nicht, bis der Aufzug im zweiten Stock angelangt war, sondern hastete zur Treppe. Sie wäre beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert, als sie die Stufen hinuntereilte. Auf dem Absatz im ersten Stock verschnaufte sie kurz.
Wenn der Aufzug nun hier anhielt?
Wer konnte denn wissen, dass derjenige, der sich in der Kabine aufhielt, im zweiten Stock aussteigen wollte?
O Gott, wer war er? Der Mörder?
Cissy, dreh jetzt nicht durch. Vielleicht ist der Aufzug defekt.
BLÖDSINN!
Im Haus war es so kalt, plötzlich so eiskalt.
Sie wartete lange genug, um zu hören, wie der Aufzug knarrend im ersten Stock anhielt, genau dort, wo sie sich jetzt aufhielt, in dem Bereich, von dem aus ihre Großmutter über das Geländer in den Tod
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