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Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt

Titel: Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
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mir wirklich leid.« Sie schob den Stuhl zurück, zückte mit scheinbar echt kleinlauter Miene ein paar Scheine aus ihrer Brieftasche und reichte sie Rachelle. »Der Rest ist Trinkgeld«, sagte sie, schlug ihren Mantelkragen hoch und stieß mit der Schulter die Tür auf. Ein regenfeuchter Luftschwall stob ins Innere des Cafés, zusammen mit zwei blonden halbwüchsigen Mädchen, die aus irgendeinem Grund nicht in der Schule waren. Mit roten Nasen näherten sie sich dem Tresen und Diedre.
    Cissy waren die Stimmung und die Inspiration abhandengekommen. Die Story war fast fertig. Den letzten Schliff konnte sie ihr am Abend geben, wenn Beejay schlief; jetzt reichte es ihr erst einmal.
    »Sie ist so aufdringlich«, bemerkte Rachelle und reichte Cissy den frischen Mokka.
    »Weiß Gott«, bestätigte Diedre.
    Rachelle räumte Geschirr zusammen und wischte den Tisch ab, an dem der Typ mit der Baskenmütze gesessen hatte. Ein braunhaariges Mädchen stürmte ins Café. »Entschuldigt die Verspätung«, sagte sie und schlüpfte aus ihrem Mantel. Darunter trug sie eine Joltz-Schürze über ihrer Hose und ihrem langärmeligen T-Shirt.
    »Die Kavallerie ist eingetroffen«, scherzte Rachelle.
    »Wenn ich die Kavallerie bin, muss ich dann auch abwaschen?«, fragte das Mädchen.
    »Was sonst?«
    Cissy verließ das Café und legte die zwei Blocks bis zu ihrem Wagen zu Fuß im Regen zurück. Sie hatte ihren Schirm auf dem Rücksitz vergessen, und als sie schließlich ihren Acura aufschloss, war sie nass bis auf die Haut. Nur ihr Laptop in seinem Lederkoffer hatte den Elementen getrotzt. Joggen oder ein Spaziergang mit Beejay in seiner Karre kam heute wohl nicht mehr in Frage. Sie blickte zum dunklen Himmel auf und runzelte die Stirn.
    Sie hatte es zwar nicht so geplant, aber sie fuhr um den Block und dann den Berg hinauf. Sie musste Scheinwerfer und Scheibenwischer einschalten, weil der Spätnachmittag wegen der dichten Wolkendecke dunkel wie der Abend war. Der Regen brachte schon die Kälte des Winters mit.
    Eine Woche war vergangen, seit sie das Haus ihrer Großmutter zuletzt besucht hatte, und ihrer Meinung nach war es höchste Zeit, sich den Dämonen zu stellen, das Haus vielleicht mit anderen Augen zu betrachten … wie Sara es getan hatte.
    Mit Hilfe der Fernbedienung öffnete sie das Tor und lenkte dann den Acura auf den Parkplatz vor der Garage. Sie duckte sich gegen den kalten Regen, der ihr entgegenwehte, lief den Weg zur vorderen Veranda entlang und schloss mit ihrem Schlüssel die Haustür auf.
    Niemand hielt sich im Haus auf. Als sie durch die dämmerigen Räume ging und das Licht ein- und ausschaltete, erkannte sie, dass Rosa und Paloma Ordnung hielten: Böden und Holzvertäfelung glänzten, Fichtennadel- und Zitronenduft hing in der Luft. Alles stand an seinem angestammten Platz, und dennoch wirkte das Haus alt und wie eine höhlenartige Grabkammer.
    Sie stieg die Treppe zum ersten Stock hinauf, wo sie den Großteil ihres Lebens als Jugendliche in der Bibliothek und im Wohnzimmer verbracht hatte. Beide Räume erschienen ihr kalt und dunkel ohne die Lebhaftigkeit und die starke Persönlichkeit ihrer Großmutter. Sie machte das Licht aus und stieg die Treppe in den zweiten Stock hinauf, wo sich die Schlafzimmer befanden. Beinahe hatte sie das Gefühl, auf das Grab der Ehe ihrer Eltern zu treten, als sie die Tür zu deren Räumen öffnete und eintrat. Sie hatten getrennte Zimmer gehabt, die durch ein gemeinsames Wohnzimmer mit Kamin und eigener Veranda verbunden waren. Wie eine Privatwohnung innerhalb der Mauern des massiven alten Hauses.
    Cissy fröstelte bis in die Seele.
    Als sie durch die Glastür hinaus in den zugehörigen Garten blickte, bemerkte sie, wie dunkel es geworden war. Die Nacht brach herein. Sie legte die Hand auf die Lehne des Queen-Anne-Stuhls, der ihrer Mutter am liebsten gewesen war, und zitterte innerlich.
    Es erschien ihr, als läge die Zeit, die sie gemeinsam hier verlebt hatten, viele Jahrhunderte zurück. Sie spürte einen Stich von Wehmut, Bedauern, wenngleich sie nicht wusste, warum. Cissy hatte ihre Familie nie als liebevoll erfahren, im Gegenteil. Doch es war ihre Familie. Oder war ihre Familie gewesen.
    Sie ließ den Wohnbereich ihrer Eltern hinter sich und ging ums Treppenhaus herum zu ihrem Zimmer. Als sie den gemütlichen Raum betrat, in dem sie als Teenager so viel Zeit verbracht hatte, empfand sie die Einsamkeit eines Lebens, das ihr jetzt so viel einfacher erschien.
    Bevor deine Mutter

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