alles infizieren kann. Also frage ich dich, und ich glaube, dass von deiner Antwort das Schicksal der Welt abhängen könnte:
Dr. Abbey, kann Kellis-Amberlee sich möglicherweise auch durch Insekten verbreiten?
Bitte antworte mir! Ich muss es wissen.
Shaun Mason
Ich klickte auf »Senden« und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück, wobei ich die Hände locker auf der Tastatur ruhen ließ. Weitere Nachrichten überschwemmten meinen Posteingang. Alle paar Sekunden kamen neue E-Mails durch den Spamfilter und heischten mit ihren Betreffs Aufmerksamkeit. Die meisten davon beachtete ich gar nicht. Ich wartete auf eine Antwort, nicht auf eine weitere Benachrichtigung über einen Todesfall oder eine weitere Bitte um Information.
Glaubst du wirklich, dass es Insekten sind?
»Ich glaube nicht, dass es sonst etwas gibt, das einem solchen Verbreitungsmuster folgt.« Eine der wenigen guten Seiten von Kellis-Amberlee war immer gewesen, dass die Übertragung ziemlich direkt war. Wenn man nicht wirklich Pech hatte und zu den zwei Prozent der Bevölkerung gehörte, bei denen das Risiko einer spontanen Virenvermehrung bestand, musste man entweder sterben oder von einem Infizierten gebissen werden, um Probleme zu kriegen. Wenn das Virus plötzlich irgendeinen Verbreitungsweg über größere Distanzen fand, änderte das alles … aber es handelte sich trotzdem noch um einen schnellen Killer, der innerhalb weniger Stunden den menschlichen Körper übernahm und seine Instinkte neu programmierte. Mit modernen Quarantänevorkehrungen und unserer ständigen, bequemen und alles umfassenden Paranoia konnten wir selbst einen Virenstamm unter Kontrolle bringen, der über die Luft übertragen wurde.
Aber ein Virenstamm, der sich über Insekten verbreitete, änderte alles. Man muss nur mal die Leute fragen, die in Erdteilen leben, wo Malaria nach wie vor ein Problem ist. Ein Moskitonetz für zehn Dollar kann ganze Familien vor einem langsamem, qualvollen Tod bewahren – vorausgesetzt, es reißt nicht ein; oder wird gestohlen; oder es wird eines Nachts einen kleinen Spalt offen gelassen, sodass ein winziges Insekt unbemerkt hindurchschlüpft und durch seinen Stich den mikroskopisch kleinen Tod überträgt.
Aber Malaria ist eine parasitäre Krankheit. Deshalb kann sie sich so gut über Moskitos verbreiten. Sie ist klein und schnell und hervorragend an den Kreislauf angepasst, in dem sich der Erreger entwickelt hat. Kellys-Amberlee dagegen ist für ein Virus riesig und hat nicht die Flexibilität der Malaria. Marburg Amberlee hat bei seiner Verbindung mit der Kellis-Grippe den Großteil seiner Grundstruktur weitergegeben, und Marburg Amberlee ist ein Filovirus. Die sind groß . Also musste ich mich irren. Ich musste einfach total danebenliegen, ich jagte Gespenstern nach. Ich brauchte nur Dr. Abbey, damit sie es mir sagte, damit wir anfangen konnten, nach etwas realistischeren Antworten zu suchen.
Shaun? George klang zur Abwechslung mal beinahe furchtsam. Meine Theorie gefiel ihr kein bisschen besser als mir. Schau in deinen Posteingang!
Ich stellte meinen Blick wieder scharf und richtete ihn auf den Monitor. Die oberste Nachricht in meinem Posteingang kam von einer Mailadresse, die ich nur allzu gut kannte, und sie war als »dringend« gekennzeichnet. Der kleine Statusmarker blinkte rot, was bedeutete, dass die Absenderin jeden möglichen Bitte-sofort-lesen-Button angeklickt hatte, manche vielleicht sogar mehrmals. Ich holte tief Luft, sandte ein stilles Gebet an wen auch immer und öffnete die Nachricht.
Eine ganze Weile lang herrschte Schweigen.
Oh , sagte George schließlich. Damit ist diese Frage wohl beantwortet.
Ja, antwortete ich. »Das ist sie wohl.«
Absender:
[email protected] Empfänger:
[email protected] Betreff: RE : Der gegenwärtige Ausbruch
Volle Punktzahl, Kleiner: Du bist schneller draufgekommen, als ich erwartet hatte. Die Gelbfieberepidemie von 1858 brach auch aus, nachdem ein Tropensturm infizierte Aedes-Aegypti-Moskitos von Kuba hinübergeweht hat. Damals wurden fast alle Einwohner von Memphis ausgelöscht. Hunderttausende starben.
Der Tropensturm Fiona kommt aus Kuba.
Diesmal wird es sehr viel schlimmer, weil die Moskitos vielleicht von dem Sturm hergeblasen wurden, aber nicht an ihn gebunden sind – einige von ihnen sind wahrscheinlich bereits eigene Wege gegangen und infizieren nach dem Zufallsprinzip Leute im Umland. Nur nicht so viele, dass es zu einem Massenterror wie in