Deadline - Toedliche Wahrheit
Arbeitstag war das schon.
Sag etwas, was ihnen Mut macht!, drängte mich George. Das brauchen sie von dir. Du bist ihr Anführer.
Ein Job, um den ich niemals gebeten hatte. Ich verkniff mir gerade noch ein »Ja und?« und räusperte mich, in dem Versuch, mir verdammt noch mal irgendetwas einfallen zu lassen. Mein Kopf war völlig leer. Die Bedrohung war zu groß, als dass ich einfach mit einem Stock nach ihr stochern konnte.
Du kannst das , sagte George leise.
Ich räusperte mich erneut. »Leute … « Alle schauten mich erwartungsvoll an. Ich verzagte, verlor für einen Moment den Faden und versuchte es dann von Neuem: »Wir haben ein höllisches Jahr hinter uns. Für diejenigen von euch, die nach der Wahlkampagne bei uns angefangen haben: Es tut mir leid. Ihr habt mich nie auf der Höhe erlebt. Zum Teufel noch mal, wenn wir nicht die besten Führungskräfte des Universums unter unseren Mitarbeitern hätten, hättet ihr mich wahrscheinlich überhaupt nie gesehen, weil wir schon vor langer Zeit untergegangen wären.«
»Da hat er allerdings recht«, bemerkte Mahir.
Es schien mir das Klügste zu sein, seine Worte nicht zu beachten. »Und für diejenigen von euch, die von Anfang an dabei waren: Ich weiß, dass ihr dafür nicht unterschrieben habt. Nicht mal ich habe dafür unterschrieben, und man sollte meinen, dass ich bei der Frage, was wir machen, ein Wörtchen mitzureden habe, oder? Aber die Sache ist die, unabhängig davon, wann ihr bei uns angefangen habt, ob nun am ersten Tag oder gestern, ihr alle habt Erstaunliches geleistet. Wenn man mich bitten würde, ein Team zusammenzustellen, um das Ende der Welt zu dokumentieren, würde ich jeden Einzelnen von euch an Bord haben wollen – und ja, einige von euch kenne ich nicht besonders gut, aber ich kenne die Leute, die euch empfohlen haben, und da ich ihnen mein Leben anvertrauen würde, ist es das Risiko wohl wert.«
Gelächter folgte auf meine Worte, teils nervös, größtenteils aber nicht. Ein paar Leute nickten. Das brachte mich ein bisschen aus dem Konzept.
»Ich weiß nicht, wie sehr sich die Lage noch verschlechtert, ehe es wieder aufwärts geht. Wir stehen jetzt am gleichen Punkt wie vor zwanzig Jahren – die Toten erheben sich, die Lage sieht verdammt trostlos aus, und eigentlich weiß niemand, was vorgeht. Ich will euch nicht anlügen. Wenn man nach dem ersten Erwachen geht, dann wird nicht jeder von uns das Ende dieser Sache erleben. Einige von uns werden an der Mauer stehen, bevor alles ausgestanden ist.« Ich hielt inne, während sich die Namen der Toten wie eine Litanei in meinem Hinterkopf abspulten. Buffy, Georgia, Dave, Kelly. Die Konvoiwachleute in Eakly, Oklahoma. All unsere Nachbarn in Oakland. Alarics Familie. Es waren verdammt noch mal zu viele. »Manche von uns stehen bereits dort. Aber wisst ihr was? Darum geht es nicht. Es geht darum, dass wir weitermachen. Dass wir Nachrichten verbreiten. Dass wir die Wahrheit an die Öffentlichkeit bringen. Und wenn wir an der Mauer landen, dann in dem Wissen, dass wir – bei Gott – unser Bestes gegeben haben und dass wir denjenigen, die nach uns die Wahrheit weitertragen, so viele Informationen wie möglich hinterlassen haben.«
Eine ganze Weile herrschte Schweigen. Gut gesprochen , sagte George.
Und dann begann jemand – ich glaube, es war einer von uns Irwins, weil wir darauf trainiert sind, bei jeder Gelegenheit Radau zu schlagen – zu johlen. Einige fielen mit ein, und die anderen klatschten oder grinsten einfach nur. Ich starrte sie perplex an.
Sie mögen dich.
Ich starrte weiter.
Mahir rettete mich, indem er sich vorbeugte und sagte: »Damit wären wir für heute fertig mit den anfeuernden Reden, und ich fürchte, der Strom geht uns ebenfalls aus. Meine Damen und Herren, es war wunderbar, sich mit euch zu unterhalten, und wir alle hier tun unser Bestes, euch über die Fortschritte hier auf dem Laufenden zu halten, aber geht bitte fürs Erste davon aus, dass wir in absehbarer Zeit nicht wieder online sein werden. Wenn ihr Fragen oder Probleme habt, wendet euch an eure stellvertretenden Abteilungsleiter, und passt auf euch auf.« Er bewegte den Mauszeiger auf den Button zum Beenden der Konferenz und klickte.
Der Monitor wurde schwarz, als all die kleinen Fenster erloschen. Es war ein seltsam endgültiges Gefühl, als würde ich nie wieder mit einem dieser Menschen sprechen. In einigen Fällen würde ich das wohl auch nicht. Ich hustete in meine Hand, um meine zugeschnürte Kehle
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