Deadline - Toedliche Wahrheit
Cocktailparty plant, wie man Small Talk betreibt, wie man über die Charaktereigenschaften, die schlechten Manieren und die mangelhafte Hygiene eines Mannes hinwegsieht, um sich auf das zu konzentrieren, worauf es wirklich ankommt: seine Abstammung und sein Bankkonto.
Das ist es, was meine Eltern mir beigebracht haben. Sie haben mich dazu erzogen, genau wie meine Schwestern zu sein – herzallerliebst, folgsam, hübsch und bereit, mich an den Höchstbietenden zu verkaufen. Zu dumm, dass ich andere Vorstellungen hatte. Ich bin eine Schande für meine Familie, das schwarze Schaf, dessen Name still und heimlich aus dem Stammbaum getilgt werden wird, nachdem mein Bild an der Mauer erschienen ist. Ich bin diejenige, die sich einfach nicht damit zufriedengeben konnte, brav mit den anderen Kinder zu spielen, sondern rausgehen und sich die Finger schmutzig machen musste.
An Tagen wie diesem vermisse ich Georgia am meisten. Ich bin zwar bei der ersten Gelegenheit von den Newsies zu den Irwins übergelaufen, aber sie hat mich verstanden, wenn ich von meiner Familie geredet habe, wenn ich erklärt habe, dass es mir nicht leidtat, sie enttäuscht zu haben. All das, was sie zu einer ziemlich schlechten Freundin gemacht hat, hat sie zugleich zu einer hervorragenden Chefin gemacht, und ich glaube, alles wäre verdammt viel einfacher, wenn es sie noch gäbe.
Mom, Dad? Die nächste schreckliche Sache, die ich in aller Öffentlichkeit mache, ist euch gewidmet. Ich hoffe, ihr erstickt daran.
Aus Charmante Lügen , dem Blog von Rebecca Atherton, 8. März 2041.
Hallo, ihr Lieben! Ich hoffe, ihr seid bereit für knisternde Romantik, wagemutige Abenteuer, tragische Liebe und mysteriöse Begebenheiten, denn all das und mehr steht diese Woche auf dem Programm. Jeden Abend von sieben bis zehn Uhr pazifischer Zeit bin ich im Live-Chat und plaudere jederzeit gerne über alles, was eure kleinen Herzen bewegt. Ich bin eure persönliche Scheherazade, und die ganze Nacht lang werde ich euch Geschichten erzählen. Willkommen in Maggies Gruselkabinett – ich hoffe, ihr bleibt ein wenig.
Ihr wisst ja, ich vermisse euch immer so sehr, wenn ihr nicht mehr da seid.
Aus Geliebte Pusteblume , dem Blog von Magdalene Grace Garcia, 11. April 2041.
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»Was sollen wir machen?«
Es war Becks, die fragte, aber meine drei Mitarbeiter schauten mich alle mit nahezu identischen Mienen ungeduldiger Erwartung an. Ich schaffte es gerade so, mich nicht umzudrehen und die Flucht durch das Fenster zu ergreifen. Sie erwarteten, dass ich ihnen sagte, wo es langging; sie erwarteten, dass ich die Entscheidungen traf; sie erwarteten, dass ich George ersetzte.
»Was sollen wir machen?«, wiederholte ich, in der Hoffnung, dass sie es als rhetorische Frage auffassen würden.
Zum Glück antwortete mir die, an die ich die Frage eigentlich gerichtet hatte. Wir finden heraus, was vorgeht, und dann posaunen wir es in die Welt hinaus , sagte George. Ich wiederholte die Worte leicht zeitversetzt, was einen seltsamen Verzögerungseffekt erzeugte, den niemand außerhalb meines Kopfes hören konnte. Wir machen unsere Arbeit. Wir gehen da raus und holen uns die Schlagzeilen.
Als ich mit meiner – unserer – kleinen Ansprache fertig war, starrten alle Anwesenden mich an. Alaric wandte als Erster den Blick ab. Mit leicht eingezogenem Kopf drehte er sich wieder zu seinem Bildschirm um. Der Kerl wollte seit jeher, dass ich meine Schwester ersetze, wenn es um schnelle Entscheidungen geht, aber wenn ich tatsächlich mal eine treffe, gefällt sie ihm nie.
»Das ist ja wirklich alles toll, aber wir müssen erst noch ein paar Dinge klären«, sagte Dave. Er hielt einen Finger in die Höhe. »Was machen wir mit unserem Doc hier?« Ein zweiter Finger folgte. »Wenn wir nicht wissen, ob wir bedenkenlos mit der Seuchenschutzbehörde reden können, wo zum Teufel sollen wir anfangen?« Ein dritter Finger. »Was sagen wir den anderen Leuten von der Website? Es geht nicht mehr nur noch um dich, ein kleines Team und einen Sendewagen. Wir sind ein Unternehmen. Wir können nicht einfach irgendeiner Story hinterherjagen, über die wir nichts sagen können, vielleicht sogar verschwinden und erwarten, dass die anderen ruhig weitermachen.«
»Ruf Rick an, mal sehen, was er dazu meint«, sagte Becks.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir den Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten nicht anrufen können, um ihm zu sagen: ›He, wir haben hier eine tote Wissenschaftlerin vom Seuchenschutz, die
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