Deadline - Toedliche Wahrheit
herausfinden, was vorgeht. Vielleicht ist das unsere Chance, Shaun. Vielleicht führt uns diese Spur direkt zu den Hintermännern.
»Ja.« Ich hörte auf, gegen die Wand zu schlagen und holte zitternd Luft, während ich die neue Delle musterte, die ich neben einem halben Dutzend älterer hinterlassen hatte. Unsere Mietkaution hatten wir schon vor langer Zeit abgeschrieben. »Ich weiß.«
Gut.
Wenn wir Kelly halfen, konnten wir in Erfahrung bringen, wer die Seuchenschutzbehörde manipulierte. Wir konnten diejenigen finden, die Tate befohlen hatten, George zu töten. Und dann …
Vielleicht konnten wir dann beide Ruhe finden.
Ich wusch mir die Hand in der Spüle, machte mir Antibiotika-Salbe darauf und verband sie, bevor ich ins Wohnzimmer zurückkehrte. Es bestand keine Veranlassung, Kelly noch mehr in Unruhe zu versetzen, als sie es wegen der hämmernden Laute wahrscheinlich ohnehin schon war. »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich musste nur über ein paar Sachen nachdenken.«
»Das geht in Ordnung, Boss«, sagte Dave. Alaric und Becks nickten zustimmend.
Kelly biss sich auf die Unterlippe. »Ist … ist alles in Ordnung?«
»Eigentlich nicht, aber wir können so tun als ob.« Ich ging zurück zu meinem Stuhl, wobei mir verspätet klar wurde, dass meine Sachen noch in der Küche lagen. Auch egal. »Also hat niemand jemals herauszufinden versucht, warum so viele Leute mit Reservoirkrankheiten sterben?«
»Äh!« Kelly blinzelte. Offenbar brachte es sie aus dem Konzept, dass ich das vorangegangene Gespräch einfach wieder aufnahm. Dann nickte sie. »Kürzlich haben wir eine Ladung neuer Praktikanten bekommen. Sehr begeisterungsfähig, eifrig darauf bedacht, sich zu beweisen. Einem von ihnen fiel beim Archivieren die statistische Anomalie auf, und er ging damit zu Dr. Wynne. Was er erzählte, klang einfach nicht richtig. Ich fragte, ob ich es mir einmal ansehen könnte. Dr. Wynne, der ebenso überrascht war wie ich, war einverstanden.«
»So hast du mit dieser Sache angefangen?«, fragte Alaric.
»Ich ging davon aus, dass das Datenmaterial fehlerhaft sei. Ich dachte, dass ich einer falschen Statistik hinterherjagte. Stattdessen … es war eine Riesensache. Ich habe ein Team von Leuten zusammengestellt, denen ich vertraute, als mir erst mal klar wurde, womit ich es zu tun hatte. Irgendjemand bringt enorme Mengen von Leuten mit Reservoirkrankheiten um.« Sie holte zitternd Atem. »Und als mein Team weiter nachgebohrt hat, haben sie auch angefangen, welche von uns umzubringen.«
»Wie bitte?«, fragte Becks.
Oh Scheiße , sagte George. Im Stillen pflichtete ich ihr bei.
»Zu meinem Team gehörten acht Leute, als ich mit der Studie begonnen habe. Jetzt bin ich als Einzige übrig.« Kelly schniefte. Ich war nicht besonders überrascht, als mir klar wurde, dass sie kurz davorstand, in Tränen auszubrechen. »Ich brauche Hilfe. Ich weiß nicht, wo ich sonst hinsoll.«
Becks und ich wechselten einen Blick. Dave und Alaric taten das Gleiche. Dann wandten sich alle mir zu, als erwarteten sie, dass ich die Entscheidung traf. Stimmt ja. Jetzt, wo George weg war, taten sie genau das.
Kacke!
Es kommt mir vor, als hätten alle Leute, mit denen ich zusammenarbeite, irgendeine tolle Geschichte darüber auf Lager, wie ihre Familien sie bei ihrer Laufbahn in den Nachrichtenmedien unterstützt haben. Alarics Vater hat ihm einfach so und ohne irgendwelche Bedingungen sein Studium bezahlt – ein Stipendium von Daddy. Dave kommt aus einer riesigen russischen Familie, in der alle vor Stolz auf ihn fast platzen. Maggies Eltern kaufen ihr alles, was ihr kleines Fiktiven-Herz begehrt, und Mahirs Eltern sind so glücklich über seine Arbeit, dass sie ihm Fresspakete ins Büro schicken. Fresspakete aus England , die an ein Büro gehen, in dem er nicht mal arbeitet. So zufrieden sind sie mit seiner Karriere.
Shaun mag die Masons vielleicht hassen, aber immerhin unterstützen sie ihn in dem, was er mit seinem Leben anfangen will. Keine Gesellschaftstänze, keine Debütantinnenbälle, kein: »Ach Schatz, das ist doch bloß eine Phase« und kein: »Bitte, Liebes, es ist doch nur heute Abend«. Nur ein Abend, nur ein Tanz, und eh ich michs versehe, bin ich nichts weiter als ein weiteres Produkt der Westchester-Fabrik für Vorzeigeehefrauen, die seit den Tagen der Mayflower erstklassige Ware hervorbringt. Ich bin eine echte Tochter der amerikanischen Revolution. Ich beherrsche Foxtrot, Quickstep, Walzer und Tango. Ich weiß, wie man eine
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