Deadline - Toedliche Wahrheit
ungeschönten Fakten, so hässlich sie auch sein mögen und so schlecht einem davon auch werden kann … und das war’s. Wenn ihr Nachrichten wollt, von denen ihr euch besser fühlt, geht woandershin. Wenn ihr halsbrecherische Abenteuer, was zum Lachen und eine Flucht aus eurem elenden Leben sucht, geht woandershin.
Wenn ihr die Wahrheit wollt, bleibt. Weil die ab jetzt das Einzige ist, was ich euch anzubieten habe. Schluss mit Zuckerbrot und Peitsche. Schluss mit dem Affentheater. Nichts als die Wahrheit. Und wenn es uns umbringt, dann sind wir wenigstens für etwas gestorben. Das ist besser als die Alternativen.
Aus Anpassen oder Sterben , dem Blog von Shaun Mason, 15. April 2041.
11
Becks war direkt hinter mir, als ich am Ende des Gangs mit den Kraken stehen blieb. Mir bot sich ein seltsames Bild. Kelly saß auf einem Klappstuhl und hatte die Hände auf ihren Knien so fest ineinander verschränkt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Alaric saß ihr gegenüber und schaute sie an, als erwartete er, sich einen Reim auf sie machen zu können, wenn er nur lange genug wartete. Maggie und Dr. Abbey lehnten am Sicherheitsglasfenster und beobachteten das kleine Stillleben. Nur Joe wirkte kein bisschen verstört von der derzeitigen Stimmung im Raum. Er lag lang hingestreckt zu Dr. Abbeys Füßen und kaute auf einem dicken, langen Tierknochen herum.
Dr. Abbey bedachte mich mit einem Nicken. »Willkommen zurück! Geht es dir besser?«
»Nein. Aber ich werd’s wohl überleben. Das können nicht alle von sich behaupten.« Kelly warf mir einen Blick zu. Ich beachtete sie nicht. »Dr. Abbey, wie sicher sind die Verbindungen hier? Wenn wir jemanden anrufen, könnte man den Anruf zurückverfolgen?«
»Einen Anruf beim Seuchenschutz, zum Beispiel?« Sie straffte sich. »Ich habe ein paar Wegwerftelefone für genau solche Gelegenheiten aufgehoben. Wartet hier!« Dr. Abbey machte eine komplizierte Geste in Joes Richtung, der sich gerade erhob, wahrscheinlich, weil er ihr folgen wollte. Gehorsam ließ sich der Hund wieder nieder, während sie sich umdrehte und das Zimmer verließ.
Kelly schaute mich mit unverhohlener Bestürzung an. »Shaun? Was hast du vor?«
»Dir den verdammten Kiefer brechen, wenn du nicht auf der Stelle die Klappe hältst«, sagte ich durchaus freundlich. »Ich bin noch nicht so weit, dass du wieder mit mir reden darfst.«
»Das bedeutet, dass du jetzt lieber still sein solltest«, erklärte Maggie.
Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte ich ihr gesagt, dass sie den Doc nicht ärgern sollte. Doch diese Zeit war vorbei. »Becks, sorg doch bitte dafür, dass der Doc still ist, während ich mich um alles kümmere! Ich will nicht, dass sie auf die lustige Idee kommt, Hallo zu sagen.«
»Mit Vergnügen.« Becks zog ihre Pistole und stellte sich hinter Kelly, wobei sie eine lockere, bequeme Haltung einnahm. Wenn es sein musste, konnte sie den ganzen Tag lang so dastehen. Ich hatte es in Feldaufzeichnungen gesehen.
Kelly starrte stur und ohne mit der Wimper zu zucken, geradeaus. Wenn ich nicht so wütend auf sie gewesen wäre, hätte mich das vielleicht beeindruckt. So, wie die Dinge lagen, konnte ich sie eigentlich nicht mal anschauen, ohne ihr einen Schlag ins Gesicht verpassen zu wollen.
Dr. Abbey kam zügig über den Flur zu mir zurück und drückte mir ein Telefon in die Hand. »Das hier ist stimmaktiviert und lässt sich etwa fünf Minuten lang nicht orten. Gib einfach die gewünschte Nummer ein, und vielleicht schaltest du auch auf Lautsprecher – ich wüsste nämlich gerne, wofür meine Ressourcen eingesetzt werden.«
»Liebend gern«, antwortete ich, zog mein normales Telefon aus der Tasche und suchte Dr. Wynnes Nummer heraus. Langsam und deutlich betont las ich sie vor und sagte dann: »Wählen und auf Lautsprecher schalten!«
Das Telefon tutete. Nach drei Malen nahm ein Rezeptionist der Seuchenschutzbehörde ab, der munter wie immer sagte: »Büro von Dr. Joseph Wynne, mit wem darf ich Sie verbinden?«
»Hier spricht Shaun Mason. Bitte verbinden sie mich mit Dr. Wynne!«
»Darf ich nach dem Grund für Ihren Anruf fragen?«
»Nein, das dürfen Sie nicht. Und jetzt verbinden Sie mich mit Dr. Wynne!«
»Sir, ich fürchte, ich … «
» Sofort! «
Etwas an meinem Tonfall musste ihm klargemacht haben, dass mit mir nicht zu spaßen war. Der Rezeptionist stammelte eine Entschuldigung, und dann klickte es in der Leitung und die sorgfältig kultivierte Ausdruckslosigkeit seiner Stimme wurde
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