Deadline - Toedliche Wahrheit
gestorben, weil irgendjemand nicht berappen wollte. Seine Schwester« – sie deutete mit dem Finger auf mich – »ist gestorben, weil ihr nicht die Forschung zu den Reservoirkrankheiten betreibt, die wir brauchen, wenn wir dieses verdammte Virus überleben wollen. Als Spezies und als Gesellschaft. Du glaubst vielleicht, dass du das Richtige tust, und, verdammt, vielleicht hast du sogar recht, aber wenn ihr euch von niemandem über die Schulter sehen lasst, wie zum Teufel sollen wir andern das dann wissen?«
Kelly holte tief Luft und bemühte sich sichtlich um Gelassenheit, bevor sie antwortete: »Ich wäre nicht hier, wenn ich noch immer bereitwillig nach deren Regeln spielen würde.«
»Und auch das ist Blödsinn.« Dr. Abbey ließ sich von der Tischkante rutschen und trat einen Schritt vor. »Du machst die Regeln vielleicht nicht, aber auf jeden Fall verteidigst du sie, und damit solltest du langsam aufhören. Denn da du dich nun so weit aus deinem Refugium gewagt hast, kannst du ohnehin nicht mehr zurück. Es ist billiger, eine Bombe zu werfen, als medizinische Hilfe zu leisten, schon vergessen?« Sie beugte sich vor, bis ihres und Kellys Gesicht sich beinahe berührten, und sagte mit plötzlich sanfter Stimme: »Ich war auch einmal wie du. Vergiss das nicht! Ich war du , und die Organisation, an die du noch glaubst, hat mich zu der gemacht, die ich heute bin. Mit dir werden sie das Gleiche machen, wenn du nicht schnell dazulernst.«
Kelly starrte sie mit offenem Mund an. Bevor jemand von uns antworten konnte, wandte Dr. Abbey sich ab und entfernte sich mit langen Schritten über den Flur. Joe erhob sich schwerfällig und trottete hinter ihr her, wobei er beinahe Maggie umstieß. Wir anderen schauten nicht weniger verblüfft drein als Kelly.
Wir starrten immer noch mit offenem Mund Dr. Abbey nach, als sie uns, ohne sich umzudrehen, zurief: »Ich will, dass ihr in zehn Minuten aus meinem Labor verschwunden seid!« Dann war sie weg.
Ich warf Alaric einen Blick zu. »Ich glaube, ich mag sie.«
Ich glaube, ich auch , sagte George.
Becks beäugte uns andere mit kaum verhohlener Ungeduld. »Und?«, fragte sie. »Was zum Teufel sollen wir jetzt machen?«
»Der Teil ist einfach.« Ich lächelte bedächtig. »Wir haben hier eine Verschwörung. Also lasst uns das Mistding aufschneiden und sehen, was rausgepurzelt kommt.«
Wenn Frühlingszeit zu Staub zerfällt
(In Blut und Rost getaucht die Welt)
Und alles Stein und Asche wird
(Die Seuche tief im Fleisch, das stirbt)
Was ist dann unser letzter Halt?
(Und welche Mär ist noch nicht alt?)
Dies schwöre ich bei meiner Seele
(Zur Zeugin ich Maria wähle):
Ich will nicht zaudern und nicht zagen
(Wenn mich auch Engel und Teufel plagen)
Wir sind die Kinder der Erwachten
Die in dieser Worte Kerker schmachten.
Aus Geliebte Pusteblume , dem Blog von Magdalene Grace Garcia, 16. April 2041.
Ich bin das Zelten offiziell leid. Ich bin es leid, Fisch zu essen. Ich bin es leid, den Jungs dabei zuzusehen, wie sie rumlaufen und sich kratzen und so tun, als würden wir uns der »rauen Natur« aussetzen, während wir uns aus einem Sendewagen bedienen, der besser ausgestattet ist als die meisten Wohnwagen. Ich bin es leid, Zombierehe zu schießen, die in unsere Sicherheitszone eindringen. Na ja, das mit den Rehen bin ich eigentlich nicht leid. Der Teil ist ziemlich cool. Pech gehabt, Bambi!
Also mache ich heute mal was anderes. Nein, ich sage euch nicht, was. Ihr müsst schon einschalten und es selbst rausfinden. Aber ich verspreche euch, ihr werdet einen Heidenspaß dabei haben.
Aus Charmante Lügen , dem Blog von Rebecca Atherton, 16. April 2041.
12
In den meisten größeren Städten gibt es Außenstellen der Seuchenschutzbehörde, wobei es sich bei drei von vier um nicht viel mehr als Briefkastenbüros handelt, die hauptsächlich dazu da sind, die Leute zu beruhigen. Nur die größeren Anlagen verfügen über ernst zu nehmende Ressourcen – und nur hier passiert wirklich etwas. Die nächste große Außenstelle befand sich mitten in Portland, womit sie praktischerweise weniger als eine Autostunde von Dr. Abbeys Labor entfernt war. Weniger praktisch war der Umstand, dass wir nicht einfach unsere Zelte abbrechen, beim Seuchenschutz reinmarschieren und Antworten verlangen konnten. »Die sind eine Regierungsbehörde«, sagte Becks. »Es ist ihre Pflicht , die Tatsachen zu vernebeln.«
»Außerdem, wenn wir einfach da reinstürmen, werden wir alle sterben«, fügte
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