Deadlock
Kind.«
Wir schichteten die Akten wieder in das Wägelchen und schoben es auf den Gang hinaus. Gähnend reckte ich mich. Dann lud ich Ferrant zu einem Drink ein.
25
Frauen unter sich
Ich führte Ferrant in den Golden Glow. In dieser winzigen Bar, die eingeklemmt zwischen einer Bank und einer Versicherung an der Ecke Jackson/Federal Street liegt, werden auch heute noch ausgezeichnete Getränke ohne die modischen Quiches und Selleriestangen serviert. Die hufeisenförmige Mahagonitheke stand einmal in einem alten Herrenhaus, drum herum sind sieben Tischchen gruppiert. Ich war wochenlang nicht mehr hier gewesen, und Sal, die patente dunkelhäutige Besitzerin, kam zur Begrüßung an unseren Tisch. Ich bestellte, wie üblich, Johnny Walker Black mit Eis und Ferrant einen Gin-Martini. Auf meine Bitte brachte sie mir das Telefon.
Vom telefonischen Auftragsdienst erfuhr ich, dass sich Adrienne Gallagher, die Anwältin des Fort Dearborn Trust, gemeldet hatte. Unter der genannten Privatnummer war sie bis zehn zu erreichen. Ich rief sofort an. »Hallo, Vic. Ich habe die gewünschte Information.« »Hoffentlich geht's dir jetzt nicht an den Kragen.«
Sie lachte. »Nein, das wohl nicht. Vielleicht kannst du dich ja gelegentlich einmal durch Ermittlungsdienste revanchieren. Die Eigentumswohnung gehört jedenfalls einem gewissen Niels Grafalk. Hallo? Bist du noch da?« »Vielen Dank, Adrienne«, sagte ich mechanisch. »Sag mir, wenn du mich brauchst.«
Ich legte auf und wählte sofort die Nummer des Windy City Ballets, um zu erfahren, ob es am selben Abend noch eine Vorstellung gab. Der automatische Anrufbeantworter verkündete, dass von Mittwoch bis Samstag jeweils um acht Uhr eine Vorstellung stattfand, sonntags auch noch eine um drei. Heute war Dienstag; Paige konnte also zu Hause sein.
»Etwas nicht in Ordnung?«, fragte Ferrant. In seinem Blick lag höfliches Interesse.
Ich machte eine unwillige Geste. »Ach nein. Es hat sich nur etwas bestätigt, was ich seit heute Vormittag vermutet habe. Es bringt mich aber trotzdem in Rage: Grafalk ist nun auch noch Wohnungseigentümer.« »Miss War-, darf ich Sie beim Vornamen nennen? Er ist viel leichter auszusprechen. Also, Vic, Sie drücken sich reichlich kryptisch aus. Ich nehme an, Sie vermuten, dass Grafalk hinter der Explosion an der Poe-Schleuse steckt, nachdem wir heute Nachmittag den Beweis erbracht haben, dass er geschäftlich Verluste macht. Möchten Sie mir nicht verraten, was jetzt wieder los ist?« »Ein andermal. Heute Abend muss ich noch mit jemandem reden. Tut mir Leid, aber ich muss jetzt sofort dorthin.« »Wohin?«, fragte Ferrant. »Zur Goldküste.«
Er bestand darauf, mitzukommen. In der Dearborn Street winkte ich ein Taxi herbei, und wir stiegen ein. Ferrant fragte neugierig weiter. »Ich erklär's Ihnen später«, versprach ich. »Es ist eine sehr lange Geschichte - die Fahrt ist dafür viel zu kurz.«
Wir hielten vor einem eindrucksvollen hellroten Ziegelhaus mit Eckpfeilern aus weiß gestrichenem Beton und weiß lackierten Jalousien. Es war dunkel, doch die Fassade wurde von schwarzen schmiedeeisernen Straßenlampen erhellt. Ferrant bot mir seine Begleitung an, aber ich lehnte ab und drückte auf den Klingelknopf. Paige fragte geziert, wer da sei. Ich ahmte die hohe Stimme Jeannines nach, und die Tür ging auf.
Die Treppenstufen waren mit rosa-blau gemusterten Läufern belegt. Paige erwartete mich in der Wohnungstür. Sie trug ihren weißen Frotteemantel, aber kein Make-up, und ihr Haar war unter einem Handtuch verborgen - genau so hatte ich sie nach der Probe gesehen.
»Was tust du denn in der Stadt, Jeannine?«, hörte ich sie sagen, als mein Kopf vor ihr auftauchte. Dann blieb ihr das Wort im Hals stecken, und sie erstarrte. Ich nützte die günstige Gelegenheit und schlüpfte in ihre Wohnung, ehe sie mir die Tür vor der Nase zumachen konnte.
»Jetzt wollen wir einmal Klartext reden, Paige. Frei von der Leber weg.« »Scheren Sie sich hier raus, sonst rufe ich die Polizei«, flüsterte sie heiser. »Lassen Sie sich nicht aufhalten!« Ich setzte mich in einen bequemen Polstersessel und sah mich in dem großen, hellen Zimmer um. Etwa zwei Drittel des dunklen Parkettbodens waren von einem Perserteppich bedeckt, Vorhänge aus Goldbrokat umrahmten die Fenster. »Die Polizei wird ganz wild darauf sein, zu erfahren, welche Rolle Sie bei Champs Tod gespielt haben.«
»Für die Polizei war es ein Unfall.«
»Und für Sie, liebe Paige?«
Sie wandte
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